Society | Übergriff

"Solche Sachen passieren auch bei uns“

Wie reagiert die Eppaner Gemeindeverwaltung auf die Messerattacke in der Flüchtlingsunterkunft in der Mercanti-Kaserne? Antworten eines gelassenen Bürgermeisters.
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Foto: Salto.bz

Herr Trettl, was genau ist in der Flüchtlingsunterkunft in der Mercanti-Kaserne passiert?
Wilfried Trettl:
Es ist ein Streit zwischen zwei Burschen ausgebrochen, doch die genauen Hintergründe kenne ich auch nicht.Ich habe das selber erst am späten Vormittag des Dienstag mitbekommen, als mich Journalisten kontaktierten. Normalerweise werde ich in solchen Fällen von den Carabinieri informiert, aber diesmal ist das nicht geschehen. Es tut mir natürlich sehr leid, dass so etwas passiert ist. Aber mein Gott: es war ein Streit zwischen zwei Einzelpersonen.

Von denen einer der anderen so schwer mit dem Messer attackiert hat, dass in Medien von einem Mordversuch die Rede war. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass dies nun Wasser auf den Mühlen alle jener ist, die in Ihrer Gemeinde gegen die Unterbringung von Flüchtlingen sind? Gab es gestern schon diesbezügliche Reaktionen aus der Bevölkerung?
Reaktionen aus der Bevölkerung gab es bisher überhaupt keine - weder per Mail noch per SMS oder Telefon. Die Leute in Eppan sind eigentlich ziemlich aufgeschlossen und nicht so negativ eingestellt, im Gegenteil. Es gibt ziemliche viele Freiwillige, die mithelfen und man muss auch sagen, dass Volontarius sehr gut arbeitet. Also, insgesamt ist die Stimmung gegenüber den Flüchtlingen sehr positiv. Sie grüßen freundlich, sind viel unterwegs. Für mich ist dieser Vorfall deshalb kaum nachvollziehbar. Aber bitte, solche Sachen passieren auch bei uns. Und wenn es in Bozen einen tätlichen Übergriff gibt oder in der Brunecker Gegend jemand seine Mutter ermordet, sind deshalb auch nicht alle Bozner Gewalttäter oder alle Pusterer Mörder. Deshalb sollte man auch in dem Fall nicht auf alle Flüchtlinge schließen. Auch wenn es immer schlimm ist, wenn jemand zum Messer greift.

Das sehen nicht alle so gelassen. Die Freiheitlichen warnen vor einer Situation, die außer Kontrolle gerät. Ihr Eppaner Gemeinderat Reinhard Gaiser stellt außerdem in Frage, wieso Menschen aus Pakistan überhaupt als Flüchtlinge bezeichnet werden, wenn kein Krieg in ihrem Land stattfindet.
Solche Aussagen helfen in der aktuellen Situation nicht weiter. Aber jeder Politiker muss selber verantworten, wie er sich gegenüber Mitmenschen äußert.

Die Gemeindeverwaltung zieht keinerlei Konsequenzen aus dieser Messerstecherei?
Nein. Wir sind froh, dass es nun in Kürze die Möglichkeit für unsere Flüchtlinge geben wird, ehrenamtlich arbeiten zu dürfen. Wir haben die dafür notwendige Vereinbarung mit dem Regierungskommissariat bereits unterschrieben.

Doch Sie als Bürgermeister haben keine Sorge, dass bei fast 50 Bewohnern der Mercanti-Kaserne noch mehr Gewaltvorfälle auftreten?
Ganz sicher nicht. Natürlich darf man einen solchen Konflikt auch nicht bagatellisieren, das ist klar. Doch ich habe Vertrauen, dass Volontarius imstande ist, das Ganze gut zu betreuen. Wenn Kinder friedlich spielen und plötzlich spinnt einer, bestraft man auch nicht alle. Genauso gehe ich hier von einem Einzelfall aus. Und wie gesagt: Ich hoffe sehr, dass die Leute deshalb nicht alle Flüchtlinge in einen Topf werfen.