Economy | Airbnb in Südtirol

Wohnungsknappheit angeheizt

Über Airbnb werden auch bei uns viele Wohnungen vermietet, und zwar immer professioneller. Das hat nicht nur Vorteile.
Schlange Archäologiemuseum
Foto: Hannes Prousch
Ein „Laubenhaus Superior Apartment“ für 130 Euro pro Nacht? Die „Goethe-Suite“ für 180, oder lieber für 200 Euro ein 45qm „Mirror-House“ in den Obstwiesen in Flughafennähe? Bescheidenere können den „angolo di benessere sopra i tetti della città“ beziehen, 40 Euro pro Nacht.
Wer sich auf der Zimmervermietungsplattform Airbnb durch die Angebote in Bozen klickt, findet leicht etwas nach seinem Geschmack. Hunderte Angebote sind online, übertrumpfen sich gegenseitig mit Fotos von lichtdurchfluteten Wohnungen mit einladend aufgeschüttelten Polstern. Schnell zuschlagen ist ratsam, die schönsten Plätzchen sind schon Wochen vorher ausgebucht.
 
Airnbnb gibt es seit 10 Jahren und es hat die Art verändert, wie wir Urlaub machen. Statt einem Hotelzimmer werden auch für Kurzurlaube vermehrt Ferienwohnungen oder Privatzimmer angemietet. “Weltweit zuhause“ und „Teile deine Welt“ sind die Slogans der Vermietungsplattform, deren ursprüngliche Idee es war, dass leerstehende Zimmer oder Wohnungen, die etwa von Pendlern nur hin und wieder genutzt werden, Reisenden ohne Aufwand angeboten werden können. Durch die Website ist es einfach, die Zahlung sicher abzuwickeln, beide Seiten sind abgesichert, können Bewertungen lesen und vergeben.
Doch in vielen Fällen geht es nicht mehr um einen Zuverdienst, vielmehr werden Wohnungen das ganze Jahr über an Touristen vermietet. Auch in Bozen – darauf lassen die professionellen Fotos schließen, und der Fakt, dass viele Wohnungen von denselben Vermietern verwaltet werden.

Mietwohnungen werden knapper

Diese Art der Vermietung erhöht den Druck auf dem Immobilienmarkt, sagt Robert Doesel vom Immobilienbüro RSImmo in Bozen. Das mache sich nicht nur im Stadtzentrum bemerkbar, sondern auch in der Peripherie, auf der Mendel oder in Trient. „Für Vermieter zahlt sich das Geschäftsmodell aus. Die Rendite ist höher, wenn man an Touristen vermietet.“ Für Mieter, die eine feste Bleibe suchen, bleiben weniger Wohnungen übrig. „Manche mieten auch Wohnungen an, um sie über Plattformen wie Airbnb weiterzuvermieten.“, sagt Doesel, „Aus der Preisdifferenz schlagen sie ihren Gewinn. In Bozen ist praktisch das ganze Jahr über Saison, das zahlt sich immer aus.“

Vom Innenstadthaus zum Ferienwohnungshotel  

Auch die perfekt renovierte „Goethe-Suite“ mit den freiliegenden Holzbalken und der Terasse mit Blick auf den Bozner Dom wird nicht privat vermietet, sondern von der Buchungsfirma BookingBolzano mit Büro in der Bozner Piavestraße. Fünf Personen sind hier beschäftigt. Und sie haben ordentlich zu tun. BookingBolzano vermietet um die 40 Wohnungen in Bozen – auf der eigenen Website und über alle möglichen Vermietungsplattformen.
„Das Geschäft läuft.“, sagt Geschäftsführer Ivan Chiodo. Die Firma betreibt das von Doesel beschriebene Geschäftsmodell: Sie mietet ganze Häuser an, baut sie zu schicken Ferienwohnungen um und verschafft sich Lizenzen zur Vermietung.
Wieviele Ferienwohnungen und Vermietungsfirmen es in Bozen gibt, wollen weder Chiodo noch Doesel einschätzen. Der Markt ist selbst für Insider schwer zu überblicken. Aber auf jeden Fall sei Airbnb „ein Faktor, der dazu beiträgt, dass sich die Preisspirale in Bozen immer weiter nach oben schraubt“, so Doesel.
 

Die Zukunft: Mehr Professionalität

Chiodo ärgert sich über pauschale Kritik an Airbnb, vonseiten traditioneller Tourismusbetriebe zum Beispiel. Denn genau wie ein Hotelier muss seine Firma Standards erfüllen und Steuern zahlen. Für ihn ist die Konkurrenz der privaten Vermieter, die ihre Gäste nicht anmelden und dadurch billiger anbieten können, das eigentliche Problem. „Airbnb beginnt, mit traditionellen Hotels zusammenzuarbeiten. Dann findet jeder Nutzer der Seite etwas nach seinem Geschmack. Das ist die Zukunft, nicht die Konkurrenz zwischen Airbnb und Hotels.“
Er bietet den Gästen verschiedene Frühstücksoptionen an, der Check-in läuft professionell übers Büro, die Reinigung ist an eine andere Firma ausgelagert.
Manche Gäste trauern den alten Zeiten nach, als es bei Airbnb wirklich noch darum ging, sein Zuhause zu teilen. „The worst experience I’ve ever had. Not a traditional Airbnb (you’re working/communicating with the agency Booking Bolzano, not the owner of the place directly).“ , schreibt Nutzerin Alla im Juni 2018 als Bewertung: „Die schlechteste Erfahrung, die ich je gemacht habe. Kein traditionelles Airbnb (man kommuniziert mit der Agentur BookingBolzano, nicht direkt mit dem Besitzer der Wohnung).“ Aber viele schätzen die Professionalität der Agentur und bedanken sich mit fünf von fünf Sternen.
Was Steuerbehörden und die meisten Touristen freut, könnte für die Einheimischen gefährlich werden - denn noch findet Airbnb-Kritik immer viele Unterstützer. Aber wenn die traditionellen Gastbetriebe Airbnb erst für sich entdeckt haben, wird es im Tourismusland Südtirol erst recht schwierig werden, etwas gegen den Verlust von Wohnraum in der Stadt zu tun.