Darüber reden

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Angefangen hat alles vor rund acht Jahren. Im Jahr 2017 feierte die Telefonseelsorge der Caritas ihr 15-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass wurde ein Abend mit einem Suizidüberlebenden organisiert. Dabei wurde deutlich, wie wichtig dieses Thema ist und wie wesentlich Zusammenarbeit sein kann. In den ersten beiden Jahren entwickelte sich das Netzwerk aus verschiedenen Akteurinnen und Akteuren weiter, bis es im Jahr 2019 erstmals hieß: eigentlich bräuchten wir einen Plan für die Provinz, in dem viele Details genau festgeschrieben werden und der dann auch politisch abgesegnet wird. Von da an dauerte es noch einmal einige Jahre.
Geschichten erzählen, in denen jemand aus der Krise herausgefunden hat...
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Guido Osthoff, einer der Mitorganisatoren der Veranstaltung Aufgefangen… vom Netz – Fachtagung anlässlich des Welttags der Suizidprävention, sitzt im Eingangsbereich des großen Saals im Pastoralzentrum und wartet darauf, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den verschiedenen Workshops zurückkommen. Osthoff arbeitet im Bereich Psychosoziale Hilfe und Prävention bei der Caritas und freut sich, dass sich für dieses ernste und durchaus bittere Thema viele interessierte Menschen eingefunden haben. „Leute aus dem Sanitätsbereich, aber auch aus der Sozialarbeit, aus der Bildungsarbeit, den Schulämtern“, zählt Osthoff auf, „außerdem Vertreter verschiedenster Organisationen, Selbsthilfegruppen und auch einige Betroffene, die suizidale Krisen überwunden und überlebt haben.“ Sogar jemand von der Quästur ist anwesend, da natürlich „auch Ordnungskräfte beim Thema Suizid gefordert sind.“ Osthoff erzählt von Notrufnummern an Brücken, von Überlebenden, die kurz vor der geplanten Tat noch zum Telefon greifen und eine rettende Nummer wählen, und von einer anderen italienischen Minderheitenregion in den Bergen. „Das Aostatal ist – im italienischen Kontext – neben Südtirol ebenfalls stark von Suiziden betroffen. Dort wurden Richtlinien festgelegt, die genau festhalten: Wie funktioniert die Rettungskette? Wie läuft Prävention ab? Wie erhält man Zugang zu psychologischen Diensten? Sehr ähnlich also, wie wir das nun auch aufgearbeitet haben. Deswegen haben wir uns daran orientiert, aber auch an Beispielen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich.“
Prävention, Aufklärung und aktive Bürgerbeteiligung sind entscheidend.
Informationen und Hilfe bei Suizidgedanken bietet das kleine Heft Müde vom Leben? Darüber reden hilft!, das in beiden Landessprachen alle wichtigen Informationen zum Thema enthält und bei der Fachtagung verteilt wurde. Es behandelt Fragen wie: Was tun, wenn das eigene Leben in einer Krise steckt? Wie kann Reden weiterhelfen? Worauf sollte man achten, wenn man sich Sorgen um jemanden macht? Wie kann man auf sich selbst achten? Was trägt zum psychischen Wohlbefinden bei? Und: Wo findet man Hilfe? Wichtig ist auch der Hinweis an Medienschaffende, wie über das Thema Suizid berichtet werden sollte – und was an Information besser ausgespart bleibt. Ganz entscheidend sei außerdem, „Geschichten zu erzählen, in denen jemand aus der Krise herausgefunden hat“, betont Osthoff.Ergebnisse aus den Workshops: Der Zugang zu Hilfsangeboten müsse vereinfacht werden. Zudem sollten digitale Ressourcen besser bekannt gemacht sowie kulturelle und bürokratische Barrieren abgebaut werden. Foto: SALTOUnd der kirchliche Rahmen der Veranstaltung? War es nicht die Kirche, die lange Zeit den Suizid ausgrenzte und die Toten in ungeweihter Erde bestatten ließ? Wie passt das zusammen? „Also abgesehen davon, dass wir als Caritas natürlich auch Teil der Kirche sind“, entgegnet Osthoff, „ist es für uns sehr wichtig, da wir über die Kirche in jedem Dorf präsent sind. Die Botschaften können dadurch über die Caritas dort verbreitet werden. Das ist extrem wichtig und kann lebensrettend sein.“ Die Vorstellung, dass ein Suizid-Opfer kein kirchliches Begräbnis erhält, „ist historisch und zum Glück nicht mehr aktuell.“
Sehr wichtig sind Kommunikation und direkte Arbeit – etwa Gespräche an Schulen sowie Elternbildung und Aufklärung als Schlüssel für langfristige Gesundheitsförderung. Die Bevölkerung muss aktiv einbezogen werden: Es gilt, nicht nur Angebote „für“, sondern „mit“ den Menschen zu entwickeln. Und vor allem: den Zugang zu Hilfsangeboten zu verbessern und digitale Ressourcen bekannter zu machen.
Die Ergebnisse der einzelnen Workshops werden in den endgültigen Entwurf des Suizidpräventionplans 2026-2030 für Südtirol integriert.Benötigen Sie Hilfe? Rufen Sie an!Telefonseelsorge Caritas 0471 052052
Psychologische Krisentelefon 800 101 800
Notrufnummer: 112
Telefono amico: 0471 288328
Auf der Website www.suizid-praevention.it finden Sie weitere Informationen.More articles on this topic
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