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„Einer meiner schwärzesten Tage“

Beim heutigen Wirtschaftstreffpunkt herrschte Katerstimmung. Das alles beherrschende Thema war nämlich die gestern im Landtag beschlossene „Reform“ der IDM.
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Foto: Salto.bz
Während Landesrat Arnold Schuler sichtlich Mühe hatte, seinen Ärger zu verbergen, nahm Landesrat Philipp Achammer eine pragmatischere Haltung zum Ausgang der gestrigen Abstimmung ein – nichtsdestotrotz wurden die Gespräche der Politiker und Wirtschaftstreibenden in der Raststätte Lanz unüberhörbar davon überschattet. So äußerten sich einige Wirtschaftsvertreter beispielsweise verärgert darüber, „wie sich die Opposition im Landtag aufführt, mit unüberlegten Anträgen auf die Titelseiten der Zeitungen gelangen will und auf dem Rücken der IDM und ihrer Mitarbeiter politische Grabenkämpfe austrägt.“ Im Raum stand jedoch vor allem die Frage: „Was nun?“ Denn eine Reform zu beschließen, ohne zu wissen in welche Richtung diese gehen sollte, sei nicht zielführend. Auch die von der Opposition befürwortete Verschlankung an Personal und Finanzen werde bei einer Aufteilung der Organisation wohl nicht eintreten, so die Meinung. Hingegen sei die Befürchtung groß, dass sich die einzelnen Sektoren um die vorhandenen Gelder nun „prügeln“ werden und ein ungesundes Konkurrenzdenken vorprogrammiert sei.
 
Wir müssen nun zusehen, dass uns die Leute nicht davonlaufen.
 
„Ich bin nun schon lange in der Politik tätig, gestern war jedoch sicher einer meiner schwärzesten Tage“, betonte eingangs Landesrat Schuler, den das Thema sichtlich bewegte. Heute müsse er nämlich den Mitarbeitern der IDM den Beschluss des Landtages erklären. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion sei eine Entscheidung getroffen worden, ohne mit den Mitarbeitern vorher zu sprechen. „Wir müssen nun zusehen, dass uns die Leute nicht davonlaufen“, so Schuler, denn wie die Perspektive nun aussehe, wisse man derzeit nicht. Weiters würden durch diese Entscheidung Inhalte und Projekte infrage gestellt, an denen man bereits seit Jahren arbeite, „ich gehe jedoch davon aus, dass sie trotzdem umgesetzt werden“. Wie Schuler bereits gestern in seiner Stellungnahme erklärte, sei er überzeugt davon, dass die Regionenmarke Südtirol viel stärker in den Fokus gerückt werden müsse und man gut daran täte, die Kräfte zu bündeln. Während beispielsweise private Unternehmen im Lebensmittelsektor zehn Prozent ihres Budgets in das Marketing ihrer Produkte investieren, sei man in Südtirol noch Welten davon entfernt. „Wenn wir in der Lage wären, die Kräfte zusammenzuführen und die Regionenmarke stärker zu bespielen, dann wäre dies meiner Meinung ein großer Schritt nach vorne“, erklärte der Landesrat. In Bezug auf Holz seien gemeinsam mit der IDM erste Vorschläge erörtert worden, wie Kriterien definiert werden könnten, diesen Wertstoff unter einer gemeinsamen Dachmarke besser zu bewerben.
 
 
 
 
„Das gemeinsame Auftreten von Tourismus, Handwerk, Industrie und Landwirtschaft bringt einen Mehrwert für alle“, so Schuler, der weiters darauf hinwies, dass die Stärkung der Regionenmarke mit der Erhöhung der Ortstaxe finanziert werden soll und ein Treffen mit den Interessensvertretern für die kommenden Tage anberaumt worden sei. „Was sollen wir nun beschließen?“, so Schuler in die Runde und erklärte, dass durch diese Entscheidung nun sehr vieles ins Wanken geraten sei, „durch einen Beschluss, der im Landtag aus der Hüfte heraus getroffen worden sei, ohne an die Konsequenzen zu denken. Nun ist es so, wie es ist und man wird schauen müssen, das Beste daraus zu machen.“ Dem pflichtete Landesrat Philipp Achammer bei, betonte jedoch, dass er bewusst versuchen wolle zu beruhigen. „Wir haben gestern im Landtag eine recht hitzige Diskussion geführt“, so der Landesrat und erklärte, dass es zugegebenermaßen in der Vergangenheit an der Tätigkeit der IDM auf verschiedene Art und Weise Kritik gegeben habe.
 
Das muss man so zur Kenntnis nehmen und das hat wahrscheinlich auch zu diesem Ergebnis geführt.
 
„Das muss man so zur Kenntnis nehmen und das hat wahrscheinlich auch zu diesem Ergebnis geführt“, so Achammer. Das einzig Vernünftige, was man nun tun könne, sei, einen kühlen Kopf zu bewahren und sei es mit den Verbänden wie auch mit der politischen Minderheit Gespräche zu führen. Bereits gestern habe man angekündigt, einen eigenen Antrag, voraussichtlich noch innerhalb dieses Jahres, in den Landtag einbringen zu wollen. Es gelte, so schnell wie möglich ein ruhiges Arbeitsumfeld zu schaffen, denn „einen Betrieb kann man nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen, ohne Klarheit für die Zukunft zu schaffen“, betone der Landesrat, der keinen Zweifel daran ließ, dass die gestrige Abstimmung seiner Meinung falsch gewesen sei und „aus der Hüfte geschossen kam“. Eine Reform zu beschließen, ohne zu wissen, was das im Konkreten bedeute, sei „ungut“. Josef Unterholzner, Abgeordneter der Fraktion Enzian, der sich ebenfalls unter den Zuhörern befand, ließ es sich nicht nehmen, den gestrigen Beschlussantrag den Anwesenden vorzutragen – trotz des Einwandes vonseiten eines Zuhörers, man möge bitte über Wirtschaftsthemen diskutieren und die politischen Geplänkel sein lassen. Was Unterholzner eigentlich damit sagen wollte, blieb offen, er betonte jedoch, dass es gut sei, dass „in diese Sache Bewegung hineinkommt“.
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G. P. Thu, 11/10/2022 - 13:40

Die SVP wird über die Abstimmung Gras wachsen lassen, dann einen eigenen Beschlussantrag einbringen, die Abstimmung gewinnen und alles bleibt beim Alten.

Thu, 11/10/2022 - 13:40 Permalink
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△rtim post Thu, 11/10/2022 - 15:02

Gibt's dann bald keine Bozen-Krimis ... und teure Politshows mit Steuergeldern?
Gut so. Auch, dass die Politik dies der Wirtschaft nun selbst überlässt. Die Südtiroler Unternehmensverbände, Vereine ... bzw. jene der Euregio schaffen es wohl noch selbst — vielleicht sogar besser — ein gemeinsames Marketing und eine Strategie auszuarbeiten und erfolgreich umzusetzen. Ansonsten kann man ja auch mal was von anderen, wie der Schweiz ... China lernen.

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Peter Gasser Sat, 11/12/2022 - 08:42

Zitat: „Ich bin nun schon lange in der Politik tätig, gestern war jedoch sicher einer meiner schwärzesten Tage“:
Ich bin mir sicher, dass es sich hier um einen Versprecher handelt, und der Politiker ‚einer meiner schwierigsten Tage‘ sagen wollte: demokratische Abstimmungen im Parlament sind doch geradezu die DNS der Demokratie, und nicht deren „schwärzesten“ Momente...

Sat, 11/12/2022 - 08:42 Permalink