Ein bisschen anders
„Eigentlich habe ich mitgemacht, um eine schöne Erinnerung an das Hier und Heute zu haben,“ sagt Marina Fronza, Besitzerin und Betreiberin der Bar Mario, und eine der Hauptdarstellerinnen im Film von Regisseur Stefano Lisci und seinem Team der Filmschule Zelig. Die Bar ist sozusagen das Wohnzimmer der Filmstudenten, die beiden Einrichtungen liegen gleich nebeneinander im Bozner Stadtteil Rentsch, und es ist höchstens etwas verwunderlich, dass noch keiner der Studenten auf die Idee kam, die Bar zu porträtieren, handelt es sich doch um ein höchst kurioses und originelles Lokal.
In der Bar Mario gab es den allerersten Fernsehapparat in Bozen.
Die Ausstattung erinnert an ein Schiff, die Fenster der Bar Mario sind Bullaugen, die Bartheke schlägt Wellen und ein Steuerrad im kleinen Gastgarten erinnert daran, dass hier jemand eine ganz besondere Beziehung zu Meer, Wasser und Wellen hat. „Mein Vater war ein echter marinaio,“ erzählt Marina Fronza – auch ihr Name ist Reminiszenz – „11 Jahre lang fuhr er zur See, bis er das Lokal von meiner Großmutter, seiner Mutter, übernahm.“ Marinas Großmutter gründete die Bar Maria als kleine „bottigleria“ 1945 in der Brennerstraße 22. Mit der Zeit wandelte sich der letzte Buchstabe vom „a“ zum „o". Für ihre traditionsreiche Geschichte hat die Familie Fronza auch eine Auszeichnung der Handelskammer erhalten. „Bei uns wurde der allererste Fernsehapparat Bozens aufgestellt, und die Gäste kamen mit ihren Stühlen in die Bar, um fernzusehen.“ Viele solcher Anekdoten kann Marina Fronza erzählen, von ihrer Kundschaft, von ihrer Familie, von ihrem Lokal.
Copyright
Diese Geschichten, vor allem aber jene über die Familie Fronza - Marina, Roberto und Sohn Paolo - machen den Film aus, den der Zelig-Absolvent Stefano Lisci gedreht hat. Mittlerweile ist man in der Postproduktionsphase, erzählt der gebürtige Sarde, der Kamera und Fotografie in Bozen studiert hat. Der Film über die Bar Mario ist sein erster längerer Film, auf 50 Minuten sind 30 Stunden Drehzeit im Zeitraum von zwei Jahren kondensiert. „Wir haben immer wieder mal in der Bar gedreht, zu allen Tages- und Nachtzeiten. Vor allem wollten wir die familiäre Atmosphäre dort einfangen, das besondere Ambiente das entsteht, wenn eine Gastwirtschaft zum erweiterten Wohnzimmer der Nachbarn und sonstigen Kundschaft wird.“ Auch hat Lisci die einzelnen Personen bei ihren Tätigkeiten außerhalb des Lokals begleitet.
Humor als sozialer Kitt
Sohn Paolo hat ein Faible für Postwurfsendungen, sogenannte depliants, die er studiert und an Passanten verteilt. „Wir haben ihn dabei gefilmt, aber auch in einer Parfümerie, wo er die verschiedenen Düfte ausprobiert, oder bei anderen Aktionen.“ Paolo ist ein junger Mann mit einer psychophysischen Beeinträchtigung, er ist „anders“. Diese Besonderheit wird in der Bar Mario jedoch integriert gelebt, in diesem Lokal ist es nicht ungewöhnlich, ein wenig anders zu ticken als der Rest der Welt. „Hier hat beinahe jeder der Stammgäste eine kleine Eigenheit, mancher sammelt Knöpfe, ein anderer schneidet Zeitungsartikel aus und klebt sie in ein Album,“ erzählt Marina. Sie pflegt diese Schrulligkeiten selbst genauso, bei ihr haben Gebrauchsgegenstände ulkige Formen, und sie selbst hat immer einen Scherz auf Lager. „Das Leben ist ernst genug, in unserer Bar versuchen wir dem ein wenig zu trotzen und denken uns wirklich allerlei Lustiges aus, bringen einander zum Lachen.“ Humor als sozialer Kitt.
Der Film über die Bar Mario ist noch nicht zur Gänze finanziert; die Filmcrew um Stefano Lisci hat deshalb eine Crowd-Funding-Seite eingerichtet. Man hofft, auf diese Weise einen Teil der noch fehlenden 7000 Euro einzutreiben, damit der Film im Frühjahr vorgestellt werden kann.