Economy | Benko-Projekt

Rizzollis Brief

Nicht nur Rudi Rieder mobilisiert für die Anti-Benko-Demo am Donnerstag. Auch Bozens Kaufleutechef Thomas Rizzolli lädt seine Mitglieder auf den Rathausplatz.

Was Grillini-Kandidat Rudi Rieder kann, hat auch ein Bozner Kaufleutechef drauf – für die Bürger-Demo gegen das Benko-Projekt am morgigen Donnerstag zu mobilisieren. „Ich möchte Sie im Namen der hds-Ortsguppe darauf aufmerksam machen, dass diesen Donnerstag auf dem Bozner Rathausplatz .... ein Bürgerkomitee seine warnende Stimme erhebt“, liest man in einem aktuellen Brief des Kaufleuteverbands an all seine Bozner Mitglieder. „Wir als Ortsgruppe Bozen teilen gar einige dieser Standpunkte“, heißt es in dem von Obmann Thomas Rizzolli unterschriebenen Schreiben, in dem noch einmal klar und deutlich auf den Punkt gebracht wird, warum die politisch eingeleitete Realisierung zusätzlicher Verkaufsflächen vom hds als „konzeptlos und ohne Gesamtstrategie“ beurteilt wird.

Was uns sehr besorgt ist, dass Entscheidungen getroffen werden, ohne deren Folgen und Auswirkungen zu berücksichtigen. Entscheidungen wie die Verdoppelung der Verkaufsfläche des Kaufhauses „Twenty“,  das neue „Kaufhaus Bozen“ am Busbahnhofsareal und der völlig neu gestaltete Zugbahnhof inklusive einem weiteren Einkaufszentrum, sind absolut nicht aufeinander abgestimmt. Die langfristigen Folgen solcher Entscheidungen werden nicht analysiert und nicht berücksichtigt und man ergreift auch keine Maßnahmen, welche den negativen Folgen solcher Entscheidungen entgegenwirken.“

Eine gezielte Bewusstseinsbildung bei den Bozner Kaufleuten? „Die Kaufleute haben das Bewusstsein schon längst“, antwortet Rizzolli. „Das Problem ist vielmehr, dass gewisse Entscheidungsträger auf Gemeindeebene nicht sehen, was zu sehen ist.“ Zum Beispiel, dass das Signa-Projekt weiterhin rund 26.000 Quadratmeter Handelsfläche vorsehe, während im Beschluss der Gemeinde 22.000 festgeschrieben wurden. Dazu kommen laut Rizzollis Vermutung noch extra Lager- und Gemeinschaftsflächen, womit man weit über dem Kompromiss liege, auf den sich die Sozialpartner im Vorfeld geeinigt hätten.

Diesbezügliche Anfragen bei den zuständigen Entscheidungsträgern der Gemeinde seien jedoch auch nach Wochen unbeantwortet geblieben. Genauso wie die Frage, warum ein Tunnel, der die Verkehrsflüsse in die Garage bzw. das Kaufhaus der Signa-Gruppe leitet, mit Steuergeldern bezahlt werden soll. „Wenn uns der Bürgermeister in diesem ganzen Prozess insgesamt eine Stunde gewidmet hat, ist das schon viel“, kritisiert der Laubenkaufmann.

„Da werden die Richter sagen, was zu tun ist“

Wirtschaftsstadtrat Klaus Ladinser lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Er sitzt in diesen Stunden wie auch der Bürgermeister über der programmatischen Vereinbarung mit dem Tiroler Investor, die am Mittwoch Vormittag nach langem Warten von der Dienststellenkonferenz übermittelt wurde - und sieht die Vorwürfe der Kaufleute nicht als Kritik, sondern als Statement. „Es gibt immer noch Themen, bei denen zu überlegen ist, wie man sie angeht“, räumt auch Ladinser ein. Doch auf der anderen Seite gäbe es auch ein Gesetz, das die Stadtverwaltung zum Weitermachen treibt. Umso wichtiger ist es für den Vize-Bürgermeister nun genau zu studieren, wie vor allem die problematischen Punkte von der Dienststellenkonferenz aufgearbeitet wurden. „Ich nehme zur Kenntnis, dass es kritische Positionen gibt, doch deshalb müssen wir nicht die gesamte Operation über den Zaun brechen“, sagt Klaus Ladinser.

Der Kritik der Kaufleute, dass es für Bozens Handelsflächen keine Gesamtstrategie gibt, kann der Wirtschaftsstadtrat aber wenig entgegensetzen. „Doch auf ein Landeseinkaufszentrum in der Galileistraße hatten wir keinen Einfluss“, sagt er. Auch die noch ausständigen Urteile der Gerichte zu Rekursen wie jenem der Aspiag-Gruppe und ihrem geplanten Einkaufszemtrum in Bozen Süd seien jenseits der Handhabe der Gemeinde. „Da werden die Richter sagen, was zu tun ist“, so Ladinser.

Umso berechtigter ist die Frage, ob man sich unter diesen Rahmenbedingungen im Zentrum von Bozen von René Benko sagen lässt, was zu tun ist. Allzu viel Zeit sollte sich die Gemeindeverwaltung bei deren Beantwortung nicht mehr lassen, warnt zumindest Benko-Sprecher Heinz Peter Hager. Immerhin lockt ein kolportierter Kaufpreis von 99 Millionen Euro für die nötigen Flächen der Gemeinde – von denen 27 Millionen für Strukturen wie Tunnel oder Bahnhofspark abgezogen werden müssen. Dennoch ein nie dagewesenes Inkasso für die Gemeindekasse, meint Heinz Peter Hager im Corriere dell’Alto Adige. Das allerdings mit jedem weiteren Tag des Zuwartens kleiner werde. Denn, so Hager: „Wenn man nur die Zinsen berechnet,  wirft die Gemeindeverwaltung täglich 8-10.000 Euro weg.“