Society | Meran

Gratscher Schule soll verkauft werden

Ziel ist es, mit dem Verkauf die Gemeindekassen für Investitionen aufzufüllen. Eine Gruppe junger Menschen will dort stattdessen ein Cohousing-Projekt verwirklichen.
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Foto: Cohousing Südtirol
Die ehemalige Gratscher Grundschule in der Gemeinde Meran soll verkauft werden. Der geschätzte Wert beläuft sich laut dem Finanzstadtrat Nerio Zaccaria auf rund 1,3 Millionen Euro. Die Schule neben dem Friedhof von Gratsch steht seit rund 20 Jahren leer. „Das Gebäude wäre zu sanieren, aber dafür haben wir das Geld nicht. Allein für das Schulzentrum Stams, unseren Beitrag für die Kavernengarage, das Cura Resort und San Nicolò brauchten wir 80 bis 90 Millionen Euro“, erklärt Zaccaria gegenüber der Dolomiten.
 
 
Die Initiative „Cohousing Südtirol“ ist über das Vorhaben der Gemeinde Meran enttäuscht und bringt einen Gegenvorschlag auf den Tisch: „In Meran hat sich vor knapp einem Jahr eine Gruppe junger Menschen um ein gemeinsames Ziel herum gefunden: Sie wollen ein soziales Cohousing-Wohnprojekt verwirklichen. Also das, was sich auch die Meraner Stadtregierung vorgenommen hat: leistbaren Wohnraum mit innovativen Wohnmodellen schaffen;“
Die Gruppe habe sich dabei vor allem die leerstehende, alte Gratscher Schule angeschaut und arbeite seit einiger Zeit an einem Projektkonzept, welches sie in Kürze der Stadtregierung vorstellen wolle. „Das Haus, mit seiner Geschichte als Schule, Wohnhaus und Werkstätte für Menschen mit Beeinträchtigungen, wäre bestens dafür geeignet. Da die vorhandene Raumaufteilung für ein derartiges Hausprojekt von Vorteil ist, müsste nicht allzu viel umgebaut werden“, so Cohousing Südtirol.
 

Neues Wohnmodell

 
„Die Situation am Südtiroler Wohnungsmarkt ist katastrophal. Es braucht keine kostenlosen, aber günstige Immobilien, damit Wohnen wieder leistbar wird“, erklärt Gerlinde Haller von Cohousing Südtirol. Dabei müsse in der Wohnbaupolitik über die gängigen Schienen von freiem, gefördertem und sozialem Wohnbau hinausgedacht werden. „Cohousing ist ein neues Modell des Wohnens, das die Bewohner*innen in die Selbstverantwortung bringt“, so Haller. Das häufig als Genossenschaft organisierte Modell räumt den Bewohner*innen ein Nutzungsrecht ein, das sich von der privaten Vermietung unterscheidet.
 
 
„Beim Cohousing geht es darum, Antworten auf mehrere Probleme unserer Zeit zu finden: Leistbares Wohnen, schonender Umgang mit Ressourcen, ein Miteinander nach dem Motto ‚Gemeinsam statt einsam‘“, teilt die Initiative mit.
Die Meraner Gruppe würde diese Grundsätze mit ihrem Projekt dabei um einen sozialen Aspekt erweitern: Ein Mitglied sitzt im Rollstuhl, Teile des Wohnraums sollen nach dem Prinzip Housing First an Bedürftige gehen. Die Finanzierung könne beispielsweise über EU-Gelder bereitgestellt werden. „Cohousing-Projekte brauchen eine lange Vorlaufzeit, außerdem ist eine Begleitung bei der Gemeinschaftsbildung, der Finanzierung und der passenden Rechtsform wichtig“, erklärt Haller.
Nun will Cohousing Südtirol die Idee der jungen Menschen unterstützen: „Wir finden, die Gemeinde sollte den Verkauf des Gebäudes noch einmal überdenken und sich den Vorschlag der Gruppe anhören. Wir müssen neue Wege gehen, um Wohnen endlich leistbar zu machen. Eine Frage der Prioritäten, bei der wir auf die Stadtregierung zählen.“ Vizebürgermeisterin Katharina Zeller teilte bereits mit, dass ein Verkauf an Private denkbar wäre. Ziel sei dabei, die Gemeindekassen aufzufüllen.