Politics | Landwirtschaft

Lochers kleine Revolution

Heute wird im Landtag ein Beschlussantrag behandelt, mit welchem die Milchwirtschaft gestützt werden soll. Insbesondere ein Vorschlag kommt eher einer Revolution gleich.
Milchtransport
Foto: Seehauserfoto
  • Auf der Tagesordnung der heutigen (11. April) Landtagssitzung steht ein Beschlussantrag des SVP-Bauernvertreters Franz Locher, der Anlass zu einigen Debatten geben dürfte. Dieser zielt darauf ab, die Südtiroler Milchwirtschaft zu stabilisieren, indem unter anderem in Zusammenarbeit mit den Interessensverbänden geprüft werden soll, mit welchen Maßnahmen die Milchwirtschaft in Südtirol gestützt werden und die Milch noch besser am Markt positioniert werden kann. Zudem sollen kontinuierliche Fördermaßnahmen zugunsten von kleinstrukturierten Betrieben, die weiterhin Milchwirtschaft betreiben, ausgearbeitet werden. Insbesondere zu Letzterem will der SVP-Abgeordnete Locher einen Vorschlag vorlegen, mit dem er sich sehr weit aus dem Fenster lehnt, und zwar das Modell eines Sockelbeitrages vorschlagen, sprich: Jene Klein- und Kleinstbauern, die weiterhin Milch liefern wollen, sich aber aufgrund der Unrentabilität und der Überbelastung mit dem Gedanken tragen aufzuhören, sollen künftig eine zu definierende Grundpauschale erhalten. 

  • Franz Locher: „Bergbauernhöfe tragen zur Produktion von Lebensmitteln bei, die weit über die Grenzen bekannt sind und zum Bekanntheitsgrad Südtirols im In- und Ausland beitragen.“ Foto: Ivo Corrà

    „Bergbauernhöfe tragen zur Produktion von Lebensmitteln bei, die weit über die Grenzen bekannt sind und zum Bekanntheitsgrad Südtirols im In- und Ausland beitragen. Darüber hinaus sind sie auch hauptverantwortlich für den Erhalt des Landschaftsbildes und tragen zum Erfolg des Tourismus bei. Deshalb gilt es, die kleinstrukturierten landwirtschaftlichen Betriebe in Berggebieten auch weiterhin zu fördern und damit zu bewahren“, so Locher, der weiters erklärt, dass trotz Beitragszahlungen immer mehr Bauern aus der Milchwirtschaft aussteigen – dies wird in absehbarer Zeit nicht nur für die Pflege der Kulturlandschaft zum Problem, sondern insbesondere auch für die Milchwirtschaft. 

  • Bereits heute müssen die Sennereien vor allem während der Sommermonate teils hohe Milchmengen zukaufen. Wie kürzlich berichtet, sind davon insbesondere der Meraner Milchhof und die Brimi betroffen, die rund ein Drittel der verarbeiteten Milch zukaufen müssen. Der Milchhof Sterzing hingegen hat durch die Ausweitung des Liefergebietes ins nördliche Wipptal einen Sonderweg gefunden. Das Problem der Zukaufsmilch wird allerdings spätestens zu jenem Zeitpunkt, an dem mehr als die Hälfte zugekauft werden muss, zu einer Existenzfrage – denn damit wäre de facto die Genossenschaft aus statuarischen und rechtlichen Gründen am Ende und damit auch ein wichtiges Aushängeschild der Südtiroler Wirtschaft. Insofern kann wohl mit einer breiten Zustimmung zu diesem Beschlussantrag gerechnet werden – schließlich wurde auch im Koalitionsabkommen verankert, dass die heimische Milchwirtschaft unterstützt werden muss. Die Frage dabei ist, ob man sich begnügt, noch mehr Finanzmittel in einen Sektor zu pumpen, dessen Zukunft bereits jetzt auf der Kippe steht, und wie diese finanzielle Unterstützung aussehen soll oder ob man sich daran macht, eine langfristige Strategie auszuarbeiten. 

  • Bereits seit Jahren ist die Zahl der milchproduzierenden Betriebe rückläufig: Waren es im Jahr 2003 noch 5.876, sind es im Jahr 2022 nur mehr 4.267 Betriebe, die Milch produzieren. Zwar ist in dieser Zeit die durchschnittlich produzierte Milchmenge gestiegen, nach einem Rekordjahr 2018 (über 400 Mio. kg) wurde im Jahr 2022 mit 385,04 Mio. kg ein Rückgang von 4,7 Prozent verzeichnet. Die Arbeitsbedingungen und -zeiten sind sehr aufwändig, die Erträge begrenzt und deshalb schwenken Milchbetriebe oft auf alternative Produktionszweige um oder geben ihre Tätigkeit ganz auf. Vor allem auch wegen der beschränkten Betriebsgröße kann kaum eine Familie von der Milchproduktion leben.