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Die Musterklage

Die Verbraucherzentrale hat vor dem Bozner Landesgericht eine Klage gegen die Sparkasse gewonnen. Die Bank muss einem Südtiroler Anleger über 120.000 Euro zurückzahlen.
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Foto: Othmar Seehauser
Es ist eine Nachricht, die in die Welt der Südtiroler Sparkasse passt.
Am Mittwoch hat der Banken-Ausschuss des Sparkassenverbandes Acri (Associazione di Fondazioni e di Casse di Risparmio) Gerhard Brandstätter einstimmig zum Vize-Präsidenten ernannt. „Es ist das erste Mal, dass ein Südtiroler ein so wichtiges Amt im Acri bekleidet“, heißt es in der Pressemitteilung der Sparkasse, die einen Tag später an die Medien verschickt wird.
Gleichzeitig ist da aber eine Nachricht, die nicht in die Welt der Südtiroler Sparkasse passt. Denn am selben Tag wurde am Bozner Landesgericht ein Urteil hinterlegt, das die Südtiroler Traditionsbank in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte.
 

Der Fall

 
2014 hat sich ein Südtiroler Anleger an die Verbraucherzentrale gewandt. Es ist eine Privatperson, die man aber durchaus aus Großanleger bezeichnen kann. Der Kunde hatte bei der Sparkasse über 2,5 Millionen Euro in Wertpapiere, Aktien, Obligationen und Zertifikaten angelegt. Anfänglich machte der Mann zwar konsistente Gewinne, nach dem Goldmann-Sachs-Crash 2008, verloren der Kunde aber sehr viel Geld.
Der Anwalt der Verbraucherzentrale Massimo Cerniglia und der Brunecker Anwalt Harald Lang nahmen sich des Falles an. In der Klage, die man vor knapp vier Jahren vor dem Bozner Zivilgericht einbrachte, setzte man dabei auf die Verfehlungen der Bank.
Verfehlungen, die jetzt im Urteil der Zivilrichterin Birgit Fischer detailliert nachgezeichnet werden. Demnach habe die Bank den Kunden zuerst ein „mittleres Risikoprofil“ zugeschrieben, ihm aber dann mehrfach Finanzinstrumente verkauft, die ein Anleger mit diesem Profil - laut den Vorgaben der italienischen Börsenaufsicht Consob - nicht kaufen darf.
Dabei hat die Sparkasse es laut Gerichtsurteil mehrfach unterlassen, den Kunden über die Risiken der verkauften Finanzinstrumente so aufzuklären, wie es vom Gesetz und den Consob-Bestimmungen vorgesehen ist.
 
Die Verteidigung der Sparkasse plädierte darauf, dass der Fall bereits verjährt sei. Doch die Richterin ließ diesen Einwand nicht gelten. Sie verurteilte die Sparkasse zur Zahlung von 90.415,07 Euro plus Aufwertung und Zinsen. Demnach dürften rund 120.000 Euro an Schadenersatzzahlung herauskommen. Dazu muss die Sparkasse auch die Hälfte der Gerichtsspesen dem Kläger zahlen.
 

Gefährlicher Präzedenzfall

 


Es ist ein aufsehenerregendes Urteil, das den Großteil unserer Beanstandungen für gerechtfertigt erklärt“, reagiert der Anwalt der Verbraucherzentrale Massimo Cerniglia auf den Richterspruch. Mehr will der römischen Anwalt, der sich auf Klagen gegen Banken und Großunternehmen spezialisiert hat, derzeit nicht sagen.
In einer Presseaussendung der Verbraucherzentrale heißt es dazu: „Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich mit dem Urteil von Richter Fischer auch im Landesgericht Bozen eine neue Linie zum Schutz der Bankanleger durchzusetzen beginnt.
Genau in dieser Aussage liegt aber viel Sprengstoff.
 
Denn mit diesem Urteil wird erstmals am Bozner Landesgericht eine Südtiroler Bank verurteilt, weil sie die Verhaltensregeln der Börsenaufsicht in Sachen Anlegerschutz nicht eingehalten hat. Damit hat sich das Bozner Gericht der inzwischen gängigen Rechtssprechung anderer italienischer Gerichte und des Kassationsgerichtshofes angeschlossen. Dazu kommt, dass es sich bei diesem Anleger um einen relativ wohlhabenden Kunden handelt. Dementsprechend heißt das, dass unabhängig vom sozialen Standing des Klägers, die Bank für eventuelle Fehler haftbar gemacht werden kann.
Setzt sich diese Rechtsauffassung durch könnte es für die Sparkasse wirklich gefährlich werden.
Denn die Verbraucherzentrale und Massimo Cerniglia haben das Mandat von rund 200 Sparkassen-Aktionären eine Art Sammelklage gegen die Bank einzuleiten. Die Klage ist bereits vorbereitet. Dort geht es vorwiegend um die Plazierung der eigenen Sparkassen-Aktie. Dazu kommt noch, dass eine Ermittlung der Bozner Staatsanwaltschaft gegen ein halbes Dutzend ehemaliger Sparkassen-Funktionäre läuft, in denen es auch um die Aktienplatzierung geht. Nach Informationen von salto.bz gibt es dabei auch ein Gutachten der Staatsanwaltschaft das mannigfaltige Verfehlungen und Verstöße der Bank gegen die Consob-Bestimmungen detailliert dokumentiert.
Im Urteil gegen die Sparkasse geht es zwar um andere Finanzinstrumente, dennoch hat das Landesgericht erstmals ein Fehlverhalten der Bank dokumentiert.
Ob diese Rechtsmeinung hält wird sich zeigen. Denn die Sparkasse wird gegen das Urteil beim Oberlandesgericht Berufung einlegen.
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Stephan Jäger Fri, 05/11/2018 - 16:54

Der zitierte Kläger scheint eine Entschädigung zu bekommen; Diese sei ihm vergönnt falls er durch ein Fehlverhalten der Bank Schaden genommen hat.

Bleibt nur zu hoffen, dass dies ein bedauerlicher Einzelfall war und alle anderen Sparkassen-Kunden korrekt und umfassend beraten wurden.

Fri, 05/11/2018 - 16:54 Permalink