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Teueres Tabu

Für jedes achte Mädchen in Südtirol sind Menstruationsartikel schwer erschwinglich. Der Landtag will dagegen etwas tun.
Menstruation
Foto: Monika Kozub on Unsplash

So häufig wurde über das Immer-Noch-Tabu weibliche Periode wohl noch nie in Südtirol gesprochen. Nicht immer konstruktiv, wie das Beispiel Brixen zeigt, aber dennoch: Es bewegt sich etwas. Zum Thema Menstruation werden diese Woche zwei Anträge im Landtag behandelt. Fraktionsübergreifend fordern Opposition und Mehrheit zum einen Rom auf, den Steuersatz auf Hygieneartikel für Frauen von derzeit 22 auf 4 Prozent zu senken und zum anderen von der Landesregierung, im Rahmen eines Pilotprojekts zunächst an allen Mittelschulen des Landes weibliche Hygieneartikel kostenlos zur Verfügung zu stellen. Prämisse für beide Anträge ist der Fakt, dass Tampons, Binden & Co. für viele Frauen, vor allem jüngere, nicht oder nur schwer erschwinglich sind. Das zeigt nun auch eine Umfrage an Mittel-, Ober- und Berufsschulen sowie der Freien Universität Bozen. Demnach ist jedes achte Mädchen an Südtirols Schulen von Periodenarmut betroffen.

 

Die Umfrage hat der Landesbeirat der Schüler gemeinsam mit dem Feministischen Infocafè Meran durchgeführt. Dazu wurde ein Fragebogen an die Direktionen der Mittel-, Ober- und Berufsschulen aller drei Sprachgruppen sowie an alle Studierenden der Uni Bozen versendet.

An den Ober- und Berufsschulen nahmen insgesamt 5.896 Schülerinnen und Schüler teil. 5.090 Teilnehmerinnen gaben an, regelmäßig Menstruationsprodukte zu verwenden. Auf die Frage “Stellt der Kauf von Menstruationsprodukten für dich und/oder deine Familie ein finanzielles Problem dar?”, antworteten 5% mit ja und 7,1% mit eher ja. Somit ist jedes achte Mädchen betroffen. 14,8% gaben sogar an, schon einmal von der Schule ferngeblieben zu sein, weil sie keine oder zu wenige Menstruationsprodukte zur Verfügung hatten. Das ist eine von sieben Schülerinnen. Insgesamt 91,5% empfänden es als hilfreich, wenn es an ihrer Schule kostenlose Menstruationsprodukte gäbe (64,8% sehr hilfreich und 26,7% eher hilfreich.)

Die Lehrpersonen der Mittel- und Oberschulen erhielten ebenfalls einen Fragebogen, in dem sie den Nutzen von kostenlosen Menstruationsprodukten für ihre Schülerinnen einschätzen sollten. 931 Personen haben den Fragebogen ausgefüllt. Der Großteil bewertete den Vorschlag als sehr hilfreich (43,9%) bzw. als eher hilfreich (34,8%). Zudem gaben einige der Befragten an, dass es vor allem für jüngere Schülerinnen sehr wichtig sei, solche Produkte an der Schule vorzufinden, weil sie noch keinen regelmäßigen Zyklus haben und häufig von ihrer Periode überrascht werden.

An der Universität Bozen zeichneten die Ergebnisse ein ähnliches Bild. 646 der 754 Befragten gaben an, regelmäßig Menstruationsprodukte zu verwenden. Auf die Frage “Stellt der Kauf von Menstruationsprodukten für dich ein finanzielles Problem dar?”, antworteten 4,5% davon mit ja und 15,8% mit eher ja. Insgesamt 87,4% fänden es sehr hilfreich, wenn kostenlose Produkte an der Uni zur Verfügung stünden (53,7% sehr hilfreich e 33,7% eher hilfreich).

Im Rahmen der Umfrage wurde auch ermittelt, welche Produkte die Menstruierenden bevorzugt verwenden. An den Oberschulen sowie an den Universitäten sind Einwegbinden und Einwegtampons am häufigsten in Gebrauch. (Hier die vollständige Auswertung der Fragebögen)

 

Das Feministische Infocafè, der Landesbeirat der Schülerinnen und Schüler und der Beirat für Chancengleichheit der Freien Universität erheben aufgrund der Ergebnisse nun drei Forderungen: Die Landesregierung solle sich “eingehend mit dem Thema Periodenarmut beschäftigen und Maßnahmen ergreifen, um das Phänomen in Südtirol zu bekämpfen”. Die Gelegenheit dazu gibt es wie eingangs erwähnt in dieser Woche im Landtag. Allerdings sollten sich auch die Bildungsdirektionen mit dem Thema beschäftigen “und Projekte bzw. Bestrebungen unterstützen, die den Schülerinnen und Studentinnen den Zugang zu Periodenprodukten erleichtern”, heißt es in einer Aussendung. Zum dritten soll das Thema Periodenarmut vermehrt in Projekten zur Sexualerziehung Raum finden und vermehrt Sensibilisierungsarbeit dazu stattfinden.