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Image und Wirklichkeit

Immer mehr Konsumenten wollen wissen, wie ihre Lebensmittel erzeugt werden. Zu Irritationen kommt es, wenn die Werbung nicht hält, was sie verspricht.
Kuhstall Anbindehaltung.jpg
Foto: pixabay.com
Silke Raffeiner von der Verbraucherzentrale Südtirol beantwortet unter anderem auch Fragen zur Etikettierung eines Produktes bzw. wie es beworben wird. Diesbezüglich erinnert sie sich an einen Fall, bei dem es um Honige ging, die unter der Marke Plattner Bienenhof verkauft werden. Sowohl Etikett als auch Logo erwecken den Anschein, als handle es sich tatsächlich um Honige aus der hofeigenen Imkerei. Liest man sich die Beschreibung beim Kleingedruckten jedoch genauer durch, erfährt man, dass der vermeintliche Südtiroler Honig „Miele selezionato e confezionato da Gramm SpA“ ist. Auf der Homepage des Unternehmens erfährt man sogar das genaue Herkunftsland: So stammt der „Wilde Lindenblütenhonig“ aus Transsilvanien (Rumänien) und der Thymian-Salbei Honig aus Griechenland. „Das Etikett erweckt einen Anschein, welche die tatsächliche Herkunft des Honigs aber nicht widerspiegelt“, so Raffeiner. Denn in der Meinung, es handle sich um ein lokales Produkt, wird sich der Kunde eher für einen „Plattnerhof-Honig“ entscheiden. „Aus der Sicht der Verbraucherschutzorganisation finden wir solche Werbestrategien natürlich nicht in Ordnung“, betont Raffeiner. „Verbraucher und Verbraucherinnen empfinden das als Täuschung.“
 
 
 
 
Um aussagekräftige Informationen über die Wirkung von Werbemaßnahmen zu erhalten, bedürfte es wahrscheinlicher einer Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts, erklärt die Verbraucherschützerin. Ihre persönliche Meinung sei jedoch, dass den Konsumenten und Konsumentinnen sehr oft vorgeworfen wird, dass sie ein zu idyllisches Bild und Erwartungen von der Landwirtschaft hätten bzw. dass die Konsumenten sich die Landwirtschaft wie eine Märchenwelt vorstellen würden, wo alle frei auf einer Wiese herumlaufen dürften – kurz: Das erzeugte Bild entspricht nicht der Realität.
 
Meine Beobachtung ist, dass genau von jenen Lobbys, welche diese Bilder in die Welt setzen, dieser Vorwurf kommt.
 
„Meine Beobachtung ist, dass genau von jenen Lobbys, welche diese Bilder in die Welt setzen, dieser Vorwurf kommt“, so Raffeiner, die überzeugt davon ist, dass die Erfinder dieser Bilder auch die Verantwortung für die (falschen) Vorstellungen übernehmen müssten. Ein Beispiel dafür ist die Bio-Heumilch von Mila, auf deren Verpackung ein älterer Bauer im blauen Schurz abgebildet ist, der mit einer Sense händisch die Wiese mäht. Es werden tatsächlich noch Wiesen händisch gemäht, allerdings handelt es sich dabei vor allem um kleine Teilflächen, die mit einer Maschine aufgrund der Unwegsamkeit nicht bearbeitet werden können. Gängiges Arbeitsgerät im Alltag sind jedoch Kreiselmäher und Mähmaschine.
 

Realitätsferne Bilder?

 

Auf das Sujet angesprochen, das IDM für die Heumilch-Kampagne entworfen hat – es handelt sich dabei um einen Kellner, der auf einer Alm einer Kuh ein Büschel Kräuter auf dem Silbertablett serviert – erklärt die Verbraucherschützerin, dass man hier sicherlich nicht von einer Täuschung sprechen kann. Das Motiv sei eindeutig realitätsfern und auch als solches zu erkennen. Dass der Sennereiverband in den Schulen Aufklärungsarbeit betreiben und den Kindern beibringen muss, dass die Milch nicht von einer lila Kuh stammt, sei wieder ein anderes Kapitel, so die Verbraucherschützerin, die von einem weiteren interessanten Fall aus dem Jahr 2019 berichtet. So hat sich eine Touristin mit ihrer Kritik nicht nur an die Verbraucherzentrale, sondern auch an den zuständigen Landesrat und jenen Milchhof gewandt, auf deren Internet-Seite mit artgerechter Weidehaltung geworben wurde. Sie hatte ihren Urlaub auf einem Bauernhof verbracht und sich intensiv mit dem Thema Tierschutz auseinandergesetzt. Für Urlaub am Bauernhof hat sie sich unter anderem auch wegen der Werbung jenes Milchhofes entschieden. Die Touristin hat allerdings auf dem Bauernhof, wo sie ihren Urlaub verbracht hat, ständige Anbindehaltung beobachten können. Sich an den Verbraucherschutz wendend kritisierte sie, wie der betreffende Milchhof mit artgerechter Haltung werben könne, wenn die Wirklichkeit eine andere sei. „Sie hat in diesem Fall Recht“, so Raffeiner. Und anscheinend hat die Kritik auch Wirkung gezeigt, denn offenbar hat der Milchhof in diesem konkreten Fall reagiert und unzutreffende Formulierungen von der Internetseite entfernt.
 

Auf dem Silber-Tablett

 
Für die bereits erwähnte Heumilchkampagne hat der Sennereiverband Südtirol gleich zwei Preise im Rahmen der Tespi Awards der renommierten italienischen Fachzeitschrift „Formaggi & Consumi“ erhalten, wie Annemarie Kaser, Geschäftsführerin des Sennereiverbandes, im Rahmen der Vollversammlung stolz hervorhob. Salto.bz hat deshalb bei IDM nachgefragt, welche Strategien hinter den Werbe-Sujets stehen und ob es Überlegungen gibt, „realitätsnähere“ Geschichten zu erzählen.
 
 
 
Wie IDM mitteilt, „zählt die Produktion von Heumilch zu den ursprünglichsten Arten der Milchherstellung. Heumilch wird von der Europäischen Union seit 2016 als ‚garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.)‘ geführt. Der Fütterungsplan wird durch die Jahreszeiten vorgegeben: im Sommer frisches Gras, im Winter Heu und in geringen Mengen Getreideschrot. Die sorgsame Bewirtschaftung der Wiesen und Almen erhält die Artenvielfalt der Gräser und Kräuter und der Berglandwirtschaft. Diese Kampagne wurde für den Zielmarkt Italien entwickelt, wo Heumilch und ihre hohe Wertigkeit noch wenig bekannt sind. Durch das Servieren auf dem Silber-Tablett wird die hohe Qualität des Futters symbolisiert und unterstrichen."
 
Detail am Rande: Kürzlich hat die Landesregierung finanzielle Hilfen für die Milchbauern im Ausmaß von 300 Euro pro Kuh genehmigt, und zwar für jene Betriebe, die gemäß der flächenbezogenen Landwirtschaft arbeiten. Betriebe, die mehr GVE als vorgeschrieben besitzen – und dementsprechend auch mehr Futtermittel benötigen – sind davon ausgenommen. Wie Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler kürzlich auf Anfrage von Salto.bz mitteilte, fußt dieser Betrag auf einer Berechnung des BRING (Beratungsring Berglandwirtschaft) zu den gestiegenen Futtermittelkosten. Interessanterweise haben Heumilchbauern, die laut Aussage von IDM nur geringe Mengen an Getreideschrot zufüttern, aber Anspruch auf diese „Futtermittel-Finanzhilfen". 
 
Sie wurden in Südtirol gefilmt und zeigen eine Situation, die jede/r Konsument/in bzw. jeder Gast vor Ort so vorfindet.
 
Bzgl. des Kurzfilmes, in dem die Milchkannen mittels Seilbahn zum Milchwagen gebracht werden, teilt uns IDM mit: „Südtirol ist Herkunftsland von qualitativ hochwertigen Agrarprodukten und Lebensmitteln. Mit dieser Kampagne wollen wir die Botschaft vermitteln, dass in Südtirol die Produkte nachhaltig mit viel Wissen und Begeisterung hergestellt werden. In Südtirol gibt es derzeit 4.354 Milchlieferanten, jeder davon hat seine eigene Methode, die Milch zur Sammelstelle zu bringen. Das Spektrum reicht von händischer Lieferung auf dem Fußweg über die Anlieferung mit der Seilbahn oder dem Handwagen bis zum Traktor bzw. Auto. Die Lieferung mit der Seilbahn ist in der Berglandwirtschaft aufgrund der zum Teil sehr abgelegenen Höfe keine Seltenheit. Die Szenen im Kurzfilm sind ein Beispiel der täglichen Realität der Südtiroler Milchwirtschaft und keine Erfindung. Sie wurden in Südtirol gefilmt und zeigen eine Situation, die jede/r Konsument/in bzw. jeder Gast vor Ort so vorfindet.“
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Salto User
Sepp.Bacher Wed, 05/11/2022 - 16:47

"Der Fütterungsplan wird durch die Jahreszeiten vorgegeben: im Sommer frisches Gras, im Winter Heu und in geringen Mengen Getreideschrot." Wo gibt es im Sommer noch frisches Gras? Eine Bergbäuerin, bei der ich am Bauernmarkt frische Butter gekauft hatte und in der Folge in Frage stellte, dass der Butter überhaupt eine Eigenproduktion sei, hat mich aufgeklärt. Mein Argument: dass im Sommer die Butter gelb und leichter Streichbar sein müsste wegen des Grünfutters. Sie belehrte mich, dass die Kühe im Stall mit Heu gefütter würden. Man hätte nicht mehr die Zeit, jeden Tag "Gras zu richten" (Gras/Grünfutter einzuholen). Von anderer Seite hatte ich erfahren, dass die Molkerei interessiert sei, dass die Milch und deren Folgeprodukte, das ganze Jahr gleich schmecken und ausschauen sollten. Weidehaltung gibt es auf Bio-Höfen.
"Die sorgsame Bewirtschaftung der Wiesen und Almen erhält die Artenvielfalt der Gräser und Kräuter und der Berglandwirtschaft." Die Wiesen werden häufig nicht sorgsam bewirtschaftet, sondern mit Gülle überdingt. Auf solchen Wiesen gibt fast keine Artenvielfalt mehr.

Wed, 05/11/2022 - 16:47 Permalink
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Sepp.Bacher Wed, 05/11/2022 - 16:54

In reply to by Sepp.Bacher

Noch ein Wort zum Bild: "Heumilch: Durch das Servieren auf dem Silber-Tablett wird die hohe Qualität des Futters symbolisiert und unterstrichen." Dieses Bild ist mehr als widersprüchlich; einseits braucht man eine Kuh, die auf der grünen Wiese ist, nicht zu füttern - auch nicht mit dem Silbertablett. Andererseits sehe ich auf dem Tablett kein Grünfutter; aber auch nicht Heu! Am ehestens könnte es Kraftfutter sein?!

Wed, 05/11/2022 - 16:54 Permalink
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Martin M. Lintner Wed, 05/11/2022 - 17:41

Die IDM gibt Auskunft: "Im Sommer frisches Gras, im Winter Heu und in geringen Mengen Getreideschrot." Heumlich bedeutet in der Regel: 25 Prozent Getreideschrot dürfen ins Futter - "geringe Mengen"?

Wed, 05/11/2022 - 17:41 Permalink
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Herta Abram Wed, 05/11/2022 - 20:02

Danke Frau Raffeiner!
Ehrlich währt am längsten. Das gilt nicht für die Werbung. Werbung und Marketing vertreten eine eigene Wahrheit - zu Realität und Produkten.
Wo verläuft die Grenze und der Unterschied zwischen echter Täuschung, und dem, was man „inszenieren“ nennt?
Spielt Wahrheit erst dann eine Rolle, wenn wir Konsumenten sie auch wissen wollen?
Auf jeden Fall sind für Unternehmen, sich widersprechende Botschaften/Informationen, die wichtigste Ursachen für Vertrauensverlust (- hier Produktbeschreibung von Plattner Bienenhof, Werbung Mila). Soll heißen: Wenn die Öffentlichkeit Zweifel hat oder Widersprüche aufdeckt, hat ein Unternehmen schnell ein Problem.
Werbung muss/sollte in diesem Sinne, bei aller Inszenierung, auf die Wirklichkeit bezogen bleiben.

Wed, 05/11/2022 - 20:02 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Wed, 05/11/2022 - 23:05

Statt Werbung müsste eigentlich der Begriff "Blendung" verwendet werden. Für wie bescheuert hält man eigentlich den Konsumenten (ganz egal, für was geworben wird)? Zum Glück gibt es heute im Internet bessere Möglichkeiten, sich eine Information zu suchen (Stichwort Verbraucherschutz). Werbung ist Schnee von gestern.

Wed, 05/11/2022 - 23:05 Permalink
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Klemens Riegler Thu, 05/12/2022 - 00:12

Lügen haben kurze Beine,
so ähnlich wie die kleinen Schweine.
... Werbung hat gar keine Beine,
auch nicht deine,
nicht mal kleine, feine wie ich meine ...
im Tiroler Heiligenscheine > ... Geldscheine ... an welcher Leine? ist es seine? ich verneine ... oder weine.

Thu, 05/12/2022 - 00:12 Permalink