Society | Journalismus

„Sich zu informieren ist anstrengend"

Benedikt Sauer, Organisator des „Journalismusfests“ Innsbruck, über drei Tage im Zeichen des Qualitätsjournalismus, globale und regionale Themen und seinen Anspruch.
Sauer, Berger
Foto: Gerhard Berger
Dringlicher denn je erscheint heutzutage die Thematisierung von glaubwürdiger Information und qualitativem Journalismus. Von 13. Bis 15. Mai werden diese Aspekte im Zuge des Journalismusfests in Innsbruck beleuchtet. Das dreitägige Festival versteht sich als Plattform zur Diskussion sowie als Ort der Begegnung und des kulturellen Austausches, an welchem sich JournalistInnen, ExpertInnen und InformationsvermittlerInnen aus verschiedenen Regionen der Welt untereinander sowie mit dem Publikum austauschen können. Inspiriert wurden die beiden Gründer, Benedikt Sauer und Markus Schennach vom Festival „Internazionale a Ferrara“, aus welchem die Idee zu den „Internationalen Tagen der Information“ im Zuge des Journalismusfests hervorging. Globale Themen und Problematiken sollen von diversen JournalistInnen und ExpertInnen vorgestellt werden, wobei das Festival vor allem den Anspruch erhebt, dem Besucher einen Blick hinter die Kulissen der, „oft eiligen und oberflächlichen Informationsvermittlung“, gewährt werden. Im Gespräch mit salto.bz erzählt der Journalist und Gründer Benedikt Sauer, ursprünglich aus Bozen, mittlerweile als Korrespondent der Rai Südtirol, in Innsbruck ansässig und tätig, über seine Visionen, Ansprüche und persönlichen Erwartungen bezüglich des Festivals.
 
Salto.bz: In den letzten Jahren wurde die Umstrittenheit von qualitativem Journalismus, Fehlinformationen und die Verantwortung von Medien in der öffentlichen Debatte spürbar. Soll das Journalismusfest diesbezüglich eine Richtung vorgeben?
 
Benedikt Sauer: Wir, die zwei Gründer Markus Schennach und meine Person, wurden vom spannenden Festival Internationale a Ferrara inspiriert. Ein derartiges Format ist in Österreich ein Novum. Wir vertreten dabei das Anliegen den Stellenwert des Journalismus, worunter wir die Gewährleistung gesicherter Information verstehen, spürbar zu machen. Dies halte ich für unglaublich wichtig, und zwar nicht, weil ich selbst Journalist bin. Diese Sensibilisierungen, Einblicke und Diskursförderungen sind so bedeutend, da wir alle zusammen in unserem Alltag schlicht abhängig von gesicherter, verlässlicher Information und natürlich von Hintergrundwissen sind. Es geht uns also darum, den Stellenwert dieser scheinbaren Banalität in den Vordergrund zu rücken. Dabei versuchen wir gemeinsam mit unseren Mitwirkenden einen Horizont zu erschließen, der über unsere direkte Umgebung hinaus, den Blick für die globale, internationale Dimension schärft. Die Corona-Pandemie machte diese Dimension und die damit zusammenhängende Abhängigkeit von gesicherter Information für viele von uns mehr als spürbar; jetzt und immer noch ist dies ebenso in der Klimakrise der Fall! Mehr als eine Richtung vorgeben, wollen wir den Stellenwert von Qualitätsjournalismus, im Angesicht der großen Gemeinsamkeit globaler Betroffenheit, ins Bewusstsein zu rufen.
Mehr als eine Richtung vorgeben, wollen wir den Stellenwert von Qualitätsjournalismus, im Angesicht der großen Gemeinsamkeit globaler Betroffenheit, ins Bewusstsein zu rufen.
Sie selbst führen mit dem römischen Journalisten Stefano Liberti ein Gespräch über seine Recherchen zum Klimawandel in Italien. Die Klimadebatte scheint jedoch von Ihrer bisherigen Arbeit abzuweichen, haben Sie einen persönlichen Bezug zur Thematik?
 
Die Entscheidung, dieses Gespräch zu führen, traf ich aus zwei Gründen: Einerseits verfolge ich die Arbeit meines intensiv-recherchierenden Kollegen bereits seit vielen Jahren. Seine Arbeit „Terra bruciata“ lernte ich bei unserem letzten Gespräch vor einigen Jahren in Innsbruck kennen und bereits damals keimte in mir die Idee auf, die Thematik hier vor Publikum zu besprechen. Zum anderen habe ich sehr wohl auch einen persönlichen Bezug zum Thema, wenngleich ich kein Klimajournalist bin. Hier kommt wieder die globale Dimension zum Tragen, die wir im Zuge des Journalismusfests beleuchten wollen. Der Klimawandel ist ein Beispiel aktueller Problematiken, die ein globales Risiko darstellen und von denen wir alle gleichsam, unabhängig vom Kontext, in verschiedensten Ausprägungen betroffen sind. Nehmen wir etwa regional betrachtet die Transitproblematik auf der Brenner-Achse. Immer wieder beschäftigte ich mich, im Zuge meiner Arbeiten für die Rai und in Vergangenheit auch für den Standard, mit dem Klimaaspekt des Verkehrs. Dies lehrte mich die Bedeutung, bei den globalen Problemen unserer Zeit über den regionalen Kontext hinausblicken zu können.
 
Dem Ausblick auf das Fest kann man entnehmen, dass es als Plattform zur Diskussion und als Einblick in das heutige Mediengeschehen im Angesicht moderner Problematiken sein soll. Gibt es Menschen, die Sie im Besonderen erreichen wollen?
 
Das Festival wendet sich keineswegs nur und vielleicht nicht einmal in erster Linie an Journalisten und Journalistinnen. Uns geht es darum eine interessierte Öffentlichkeit zu anzusprechen. Eine Öffentlichkeit, die sich beispielsweise für Thematiken, wie etwa die derzeitige Situation in Afghanistan interessiert und hier Schilderungen aus erster Hand von afghanischen Journalistinnen erleben kann; eine Öffentlichkeit, welche die Demokratiebewegung sowie die aktuelle Lage in Belarus nicht aus den Augen verloren hat. Eine Öffentlichkeit, die schlichtweg nicht vor internationalen und herausfordernden Fragestellungen zurückschreckt. Wir glauben, dass es sich dabei um eine breite Öffentlichkeit handelt, daher war es uns ein Anliegen das Journalismusfest weitestgehend kostenfrei zugänglich zu machen. Bis auf einige Ausnahmen, die im Eventprogramm ersichtlich sind, war uns dies auch möglich.
 
 
Recherche und Vermittlung erfordern Kompetenz und Zeit.
Eiligkeit und Oberflächlichkeit in vermittelten Informationen, Blicke hinter die Kulissen des Journalismus und Unabhängigkeit der Medien sind, angesichts der Debatten der letzten Jahre, heiße Eisen. Was erwarten Sie sich von den Diskussionen?
 
Wir haben uns bewusst dagegen entschieden ein Hauptthema zu wählen, da wir ein breites Spektrum an öffentlichen Debatten und professioneller Berichterstattungen thematisieren wollen. Neben den bereits erwähnten Themen reichen diese auch von den Genderverhältnissen im Sport, über Whistleblowing, hin zur Pressefreiheit in der Türkei und vieles mehr. So vielfältig der Journalismus ist, so vielfältig die Hörer, Leser oder Empfänger. Ein durchgängiges Argument, welches es zu vermitteln gilt, lautet: qualitativer Journalismus kostet Geld, wenngleich durch einige kostenfreie Angebote das Gegenteil vermittelt wird. Recherche und Vermittlung erfordern Kompetenz und Zeit. Ich bin gespannt mit Menschen, die an qualitativer Information interessiert sind, zu debattieren und diesen Aspekt miteinzubeziehen. Darüber hinaus bin ich der Auffassung, dass sich zu informieren eine anstrengende Angelegenheit ist. Zum Glück sind sowohl NutzerInnen als auch JournalistInnen Teile von Teilöffentlichkeiten, deren verschiedene Standpunkte in der Diskussion den demokratischen Prozess hervorbringen.
Wir haben uns bewusst dagegen entschieden ein Hauptthema zu wählen, da wir ein breites Spektrum an öffentlichen Debatten und professioneller Berichterstattungen thematisieren wollen.
Das Festival ist größtenteils kostenfrei. Auf das Vorabendprogramm am Donnerstag (12.05) folgt die Eröffnung des Festivals am Freitag (13.05), um 10:30 Uhr im Treibhaus. Das Programm setzt sich aus Darstellungen von sozialen, politischen und kulturellen Entwicklungen unserer Zeit sowie Einblicken in den Zeitgeist der Welt des internationalen Journalismus, zusammen. Neben Vorträgen und Debatten, stehen Buchpräsentationen, Ausstellungen, Filmvorführungen, Audiofeatures und eine journalistische Schnitzeljagd, initiiert von StudentInnen der Universität Innsbruck auf dem Programm. Mehr Informationen zum Programm und zu den Veranstaltungsorten auf der Homepage.