Society | FFH-Richtlinien

Welches Tier ist wertvoller?

Andrea Papis Tod war tragisch, doch scheinbar nicht genügend, den Schutzstatus von Bären infrage zu stellen. Dabei könnte es einfacher sein, wie die Vergangenheit zeigt.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Manch einer würde es vielleicht sogar als unterhaltsam empfinden, weil irrsinnig, wenn er aus der fernen Ländern und Zeiten die Ereignisse in unserem Land betrachten würde: Entscheidungsträger siedelten einst den Bären im Alpenraum wieder an, verliehen ihm den Schutzstatus und nahmen dafür einige Unannehmlichkeiten in Kauf. Diese Entscheidung kostete vor nicht allzu langer Zeit ein Menschenleben. Doch diesen Preis war man anscheinend bereit zu bezahlen.
Dass Tiere mit demselben Schutzstatus viel unproblematischer entnommen (umgesiedelt oder, viel eher, getötet) werden könnten - ich postuliere keinesfalls, dass das gerechtfertigt wäre, diese Diskussion will ich hier nicht eröffnen - bewies vor einigen Jahren der Ausbau der Landebahn des Bozner Flughafens. Immer dieselbe Leier, selbst nach Jahren, doch Ungerechtigkeiten verjähren in den Köpfen der einfachen Personen nicht, egal wie stark die Lobby sein mag (und an wie vielen Bushaltestellen mit dem Kalauer "vi voliamo bene" geworben wird). Die Wechselkröte ist, wie der Bär, im Anhang IV der FFH-Richtlinien* gelistet und wäre somit eine der "streng zu schützende Arten von gemeinschaftlichem Interesse". Zugegeben: Der Bär scheint zudem als prioritär auf. Trotzdem wurde das Habitat der Wechselkröte (und dessen Bewohner) einfach zugeschüttet, schließlich stand die öffentliche(!) Sicherheit des im Entstehen befindlichen privaten(!) Flughafens auf dem Spiel. Tierschützer mussten ausrücken und einzelne Individuen einsammeln, bevor sie der Bauwut zum Opfer gefallen wären. Wohin sie dann gebracht und wieder angesiedelt werden konnten, mussten diese Tierschützer ebenfalls selbst herausfinden. Im Vergleich zum Bären schwiegen die großen Medien bzw. das eine große Medium weitestgehend dazu, es gibt Tiere, die sind nicht so wichtig, scheint es.

Die Wechselkröte wurde nicht im Rahmen eines aufwendigen Projektes neu angesiedelt, vielleicht hatte sie deshalb weniger Wert.
Und wenn private Investoren Interesse daran haben, dann zählt der Schutzstatus eines Tieres nicht. Dieser zählt nur anderswo, zum Beispiel bei diesem einen Menschenleben, da wird der Schutzstatus lang und breitgetreten, so tragisch der Tod des jungen Mannes auch sein mag - weil der europaweite Artenschutz auf einem Konsens fußt und nicht einfach übergangen werden kann, zumindest nicht von jedermann, zumindest nicht wegen einem Toten. Müssten wir also vielleicht über einen Schutzstatus für die Normalbevölkerung sprechen? Zumindest könnte man dann deutlicher verstehen, dass man in dieselbe Kategorie fällt und im Grunde eigentlich nicht mehr zu melden hat als die Wechselkröten damals hatten. Dass man schlicht und ergreifend machtlos ist.
Wenn gewisse Kreise Interesse daran haben, dann wird einem Menschenleben weniger Wert beigemessen als dem Profit einiger weniger. Es gibt (mindestens) zwei Kategorien von Menschen.

*https://www.provinz.bz.it/natur-umwelt/natur-raum/natura2000/fauna2.asp