Chronicle | Wahlen 18
Parteiübergreifendes Recht

Foto: Othmar Seehauser
Irgendwie passt die Zusammensetzung nicht ins gewohnte Bild.
Am Verwaltungsgericht Bozen wird der Rekurs einer grünen Landtagskandidatin behandelt. Berichterstatterin und Urteilsverfasserin ist Alda Dellantonio. Die Meraner Richterin ist die Lebensgefährtin des langjährigen SVP-Parlamentariers und SVP-Vizeobmannes Karl Zeller.
Allein diese Personalie könnte zu voreiligen Schlüssen führen. Doch es wird noch spannender und politisch wahrlich ökumenisch.
Denn die Rekurrentin und grüne Landtagskandidatin hat sich als Anwalt Christoph Senoner genommen. Der Bozner Anwalt ist seit Jahren politisch in einer Bürgerliste in Kastelruth tätig. Demnach gibt es durchaus politische Schnittmengen.
Als am Montag vor dem Bozner Verwaltungsgericht die Verhandlung stattfindet, erscheint aber nicht Christoph Senoners, sondern dessen Kanzleipartner Manfred Schullian zur Diskussion. Schullian ist amtierender SVP-Parlamentarier und ringt als Anwalt in diesem Verfahren um die Wiederzulassung einer oppositionellen Landtagskandidatin, die von der Landeswahlkommission von der grünen Kandidatenliste gestrichen wurde.
Manfred Schullians Auftreten vor Gericht und das Urteil, das Alda Dellantonio am Ende verfasst, machen deutlich, dass es auch in diesem Land noch Menschen gibt, die in ihrem Beruf unabhängig sind und über die (eigenen) Parteigrenzen hinweg schauen können.
Manfred Schullians Auftreten vor Gericht und das Urteil Alda Dellantonios machen deutlich, dass es auch in diesem Land noch Menschen gibt, die in ihrem Beruf unabhängig sind.
Der Rekurs
Vergangene Woche hatte die Landeswahlkommission, bestehend aus Irene Thomaseth, Richterin am Rechnungshof, der Verwaltungsrichterin Lorenza Pantozzi, sowie dem Bozner Jurist Massimiliano Segarizzi, die grüne Landtagskandidatin Patrizia Gozzi Buca von der Liste der Südtiroler Grünen gestrichen. Die Behörde war zum Schluss gekommen, dass die Dokumentation zur Kandidatur der Bozner Sportlehrerin fehlerhaft sei.
Konkret: Als Dokument sei zwar eine Kopie der Identitätskarte Gozzis beigelegt, doch man hätte vergessen die Nummer der Identitätskarte in das Beglaubigungsformular zu übertragen. Demnach seien die Unterlagen - laut Kommission - nicht vollständig und die Bozner Landtagskandidatin wurde von der Grünen Liste gestrichen.
Die grüne Kandidatin rekurrierte vor dem Bozner Verwaltungsgericht gegen diesen Ausschluss. Im Rekurs wird dabei unter anderem auf eine Formfehler hingewiesen, der sich in jenem Landesgesetz findet, das die Wahlbehörde als Begründung für den Ausschluss angegeben hatte.
Vor allem aber hatte die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa die Unterschrift beglaubigt. Laut Gesetz kann Foppa als „pubblico ufficiale“ das auch.
Das Urteil
Das Urteil wurde - wie gesetzlich vorgesehen - am Montagabend kurz nach 21 Uhr zugestellt. Das Richterkollegium Edith Engl, Alda Dellantonio, Sarre Pirrone und Michele Menestrina folgt darin zum Großteil jener Argumentation, die Christoph Senoner und Manfred Schullian vor Gericht dargelegt haben.
Demnach sei das Landesgericht durch den Verweis auf eine Bestimmung, die bereits abgeschafft wurde, äußerst widersprüchlich. Vor allem aber sehe die staatliche Bestimmung auf der das Landesgesetz fusst, keineswegs vor, dass die Art der Beglaubigung angegeben werden muss. Es war der Punkt, der am Ende die Wahlkommission zum Ausschluss Gozzis gebracht hatte.
Alda Dellantonio zerlegt in ihrem Urteil diese Argumentation in dem die Richterin ein Urteil des Staatsrates in einem ähnlich gelegenen Fall zitiert:
„Alla luce della ricostruzione del quadro normativo operata dal Consiglio di Stato nella richiamata pronuncia, cui il Collegio, per la sua persuasività, intende aderire, non pare possa dubitarsi che le modalità di autenticazione da applicarsi alla materia elettorale siano quelle di cui al combinato disposto dell’art. 21, comma 1, e 38, comma 4 del D.P.R. n. 445/2000, che non richiede, quale elemento formale essenziale per la validità dell’autenticazione, l’indicazione delle modalità d’identificazione.
Non può dubitarsi del resto, alla luce degli elementi emersi nel corso del giudizio, che nel caso all’esame l’autenticazione in discussione abbia assolto pienamente alla sua funzione essenziale e precipua, che è – così il Consiglio di Stato – “quella, appunto, di essere l’attestazione, da parte di un pubblico ufficiale, che la sottoscrizione è stata apposta in sua presenza, come prevede l’art. 1, comma 1, lett. i), del d.P.R. n. 445 del 2000, che ricalca la definizione dell’art. 2703, comma secondo, c.c”.
Laut dem Urteil war die Beglaubigung durch die Amtsperson und grünen Landtagsabgeordenten Brigitte Foppa rechtens und genug.
Richter in spe
Die grüne Listenführerin Brigitte Foppa empörte sich am Rande der Verhandlung vor allem über die Vorgangsweise des Landes. Vor dem Verwaltungsgericht war dabei ausgerechnet einer aufgetreten, der in wenigen Monaten schon selbst dort hinter dem Richtertisch sitzen wird: Stefan Beikircher.
Der stellvertretende Leiter des Rechtsamtes des Landes ist vom Landtag zum neuen Richter am Bozner Verwaltungsgericht ernannt worden. Auf die formale Ernennung durch den Staatspräsidenten wartend, dürfte Beikircher derzeit seine letzten Fälle für das Land abarbeiten.
Der Richter in spe warf am Montag vor Gericht in diesem Fall dabei eine gefährliche Nebelgranate. Beikircher verlangte die Abweisung des Rekurses wegen eines Formfehlers. Weil mit den Landtag auch gleichzeitig der Regionalrat gewählt würde, hätte der Rekurs Gozzis nicht nur dem Südtiroler Landtag sondern auchdem Trentiner Landeshauptmann, sowie dem Regionalrat zugestellt werden müssen. „Wir hätten Ugo Rossi über unseren Rekurs informieren müssen, ja wo kommen wir da hin?“, ärgert sich die grüne Chefin.
Der Richter in spe warf am Montag vor Gericht in diesem Fall dabei eine gefährliche Nebelgranate. Beikircher verlangte die Abweisung des Rekurses wegen eines Formfehlers. Weil mit den Landtag auch gleichzeitig der Regionalrat gewählt würde, hätte der Rekurs Gozzis nicht nur dem Südtiroler Landtag sondern auchdem Trentiner Landeshauptmann, sowie dem Regionalrat zugestellt werden müssen. „Wir hätten Ugo Rossi über unseren Rekurs informieren müssen, ja wo kommen wir da hin?“, ärgert sich die grüne Chefin.
Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation und erklärte diesen Einwand des Landes für unzulässig. Laut Autonomiestatut wird der Regionalrat nicht gewählt, sondern er ist nur die Zusammensetzung der beiden Landtage von Südtirol und dem Trentino.
Der Richter in spe ging damit vor seinem zukünftigen Kollegen ordentlich baden.
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