Society | Diskriminierung

Rechte einfordern - für neue und alte Bürger

Jahrelang wurde sie in Zweifel gezogen, nun wird sie direkt beim Landtag angesiedelt. Die Südtiroler bekommen eine Anti-Diskriminierungsstelle.

Integrationslandesrat Philipp Achammer hat durchgehalten: Trotz Protesten von verschiedensten Seiten bekommt Südtirol nun endlich seine Anti-Diskriminierungsstelle – und dank ihrer am Freitag definitiv beschlossenen Ansiedlung beim Landtag erhält sie mehr weit mehr Gewicht als die ursprünglich geplante Anvertrauung der Agenden an die Volksanwaltschaft. Ein Richtungswechsel, der sich bereits im August bei der Behandlung in der Gesetzgebungskommission abgezeichnet hatte. Damals folgten die SVP-VertreterInnen in der Kommission dem entsprechenden Vorschlag des Grünen Riccardo dello Sbarba. Angesichts des von Unions-Abgeordneten Andreas Pöder angeführten Widerstands gegen die eigenständige Stelle blieb jedoch bis zu dieser Woche unklar, ob die Volkspartei nicht doch noch Kurs wechselt. 

Vielleicht haben auch die Geschehnisse der vergangenen Wochen im Landtag die breite Einsicht gestärkt, dass es eine möglichst starke  Anlaufstelle gegen Diskriminierungen braucht. Die Einrichtung einer solchen war schließlich bereits mit dem Integrationsgesetz 2011 beschlossen worden. In den Jahren zuvor hatte noch die  Landesbeobachtungsstelle zur Einwanderung als Ombudsmann bei Diskriminierungen rassistischer, ethnischer, nationaler und religiöser Natur fungiert. Danach herrschte nun jahrelang ein Vakuum. Politische Gründe dafür gab es genug: Von den Befürchtungen des rechten Lagers,  dass ZuwanderInnen damit weiter gestärkt würden, bis hin zur lokalpatriotischen Überzeugung, dass eine solche Stelle einem Eingeständnis gleichkomme, dass SüdtirolerInnen auch diskriminieren können. 

Dass dies im realen Leben nicht nur im Bereich der Einwanderung passiert, weiß auch Andreas Unterkricher von der Schuwl-lesbischen Initiative Centaurus. „Es gibt in Südtirol zwar keine eklatanten Beispiele von homophober Gewalt“, sagt er, „doch viele tägliche Beleidigungen und Beschimpfungen von Schwulen und Lesben, die meist gar nicht ans Tageslicht kommen.“ Eine Tatsache, die wesentlich dazu beitrage, dass viele Homosexuelle Angst hätten, sich zu outen. Vor allem in der Arbeitswelt werden dadurch grobe Benachteiligungen befürchtet. Doch bislang gab es für solche Fälle keine spezifische Anlaufstelle, sagt Unterkircher. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen italienischen Regionen, in denen die Anti-Diskriminierungsstellen seit Jahren aktiv sind. Das führt in anderen Provinzen beispielsweise auch zu Bewusstseinarbeit wie der Schulung  öffentlicher Bediensteter im Umgang mit LGBT-Thema, erzählt der Centaurus-Sprecher.

Anlaufstelle für Einheimische wie für neue BürgerInnen

Diskriminierung hat viele Gesichter, betonte Philipp Achammer erst diese Woche im salto-Interview. Er will die Stelle, die künftig auf gleicher Ebene wie Volks- und Jugendanwaltschaft arbeiten wird, keineswegs nur auf das Thema Migration beschränkt wissen. Deshalb soll die Stelle neuen MitbürgerInnen genauso offen stehen wie Einheimischen, die sich wegen einer physischen oder psychischen Beeinträchtigung, ihrer sexuellen Orientierung, und eben auch wegen ihrer Herkunft benachteiligt fühlen. Wie viel Unterstützung ihnen die neue Anlaufstelle tatsächlich geben kann, wird nun wesentlich von ihrer personellen und finanziellen Ausstattung abhängen, weiß auch der ehemalige Leiter der Landesbeobachtungsstelle zur Einwanderung Salvatore Saltarelli. „Ich wäre jedenfalls sehr stolz, wenn diese Stelle im Landtag eingerichtet werden würde“, betont er noch vor wenigen Wochen auf salto.bz. „Denn es ist wichtig, dass Bürgerrechte beobachtet und eingehalten werden, nicht nur für die Einwanderer, sondern auch für die Südtiroler.“ Nun kann er tatsächlich stolz sein.