Society | Armut

Caritas: Not vor unserer Haustür steigt

In Zeiten der Krise sind Zusammenhalt und Solidarität noch wichtiger als sonst. Denn auch in Südtirol ist die Not näher als wir denken, unterstreicht die Südtiroler Caritas in einer aktuellen Kampagne.

Es sind nicht nur die Opfer von weit entfernten Naturkatastrophen, sondern auch immer mehr Menschen vor unserer Haustür, die in Not geraten sind und unsere Unterstützung brauchen: Mit dieser Botschaft haben die Südtiroler Caritas-Verantwortlichen am Montag vor allem im Hinblick auf den vor der Tür stehenden Caritas-Sonntag zu Solidarität innerhalb der Bevölkerung aufgerufen. Die Botschaft der dazu passenden Plakatkampagne? Auch wenn viele Südtiroler Familien ein normales und sorgenfreies Leben zu führen scheinen, versteckt sich hinter der Fassade auch in einem wohlhabenden Land wie Südtirol immer öfter Armut und Not. 

Eine Feststellung, die nicht nur durch die steigende Arbeitsloserate oder zuletzt die Ankündigung der Schließung des Passeirer Hoppe-Werks belegt wird. Auch Caritas-intern ist die Zahl der Hilfesuchenden beim Beratungsdienst „Menschen in Not“ allein seit 2009 um 75 Prozent gestiegen; 2012 gab es dort 2200 Beratungsgespräche. In den Obdachlosenhäusern der Caritas nehmen die Anfragen ständig zu, immer öfter kommen sie auch von jungen Arbeitslosen, Rentnern und Geschiedenen, die keine Unterkunft mehr leisten können. In der Telefonseelsorge waren im Vorjahr Ängste und Panik der zweithäufigste Grund für insgesamt 9000 Anrufe. In der Caritas Schuldnerberatung steigt die Zahl der Hilfesuchenden seit Jahren – auf zuletzt 1300 im Jahr. „Sind vor der Wirtschafts- und Finanzkrise viele mit ihrem Einkommen noch einigermaßen über die Runden gekommen, drängt die Krise immer mehr Menschen an den Rand. Schulden, Wohnungsnot, Verlust des Arbeitsplatzes oder zu geringes Einkommen sind die Hauptursachen dafür“, erklärt die Leiterin der Schuldnerberatung Petra Priller.

Ein Problem, das vor allem von den Pfarrcaritas-Gruppen beobachtet wird, ist dass viele Betroffene ihre Probleme verstecken und verschweigen. „Das macht das Ganze oft noch schlimmer“, sagt Guido Osthoff, Leiter des Caritas-Dienstes Freiwilligenarbeit und Pfarrcaritas.  Viele Probleme könnten nämlich auch durch Nachbarschaftshilfe oder Vereine aufgefangen werden. Vor allem bei der Unterstützung von finanzieller Not ist die Caritas aber auch auf die Spenden der Südtiroler Bevölkerung angewiesen. Auch hier gab es zuletzt infolge der Krise einen Rückgang, den Caritas-Direktor Heiner Schweigkofler auch bei Menschen, die nicht das Problem knapper Mittel habe, auf die zunehmende Unsicherheit und Sorge um die Zukunft zurückführt. „Dabei bräuchten wir gerade in Zeiten wie diesen eine stärkeren Zusammenhalt und mehr Solidarität unter den Bürgern“, sagt Schweigkofler.

Eine ausdrückliche Aufforderung dazu wird am kommenden Sonntag am Caritas-Sonntag in den Gottesdiensten im ganzen Land gemacht werden. Spenden für Menschen, die in Südtirol in Not geraten, können aber auch mittels Banküberweisung unter dem Kennwort „Caritas – Not in Südtirol“. Neben dem Ruf um finanzielle Unterstützung will die Caritas mit ihrer Aktion aber auch Menschen in Not Mut machen, um Hilfe zu fragen. „Wir wissen, dass vielen der Gang zu uns nicht leicht fällt. Wir wissen aber auch, dass die Betroffenen, aber auch deren Familienangehörige danach häufig spürbar erleichtert sind“, sagt Petra Priller.