Economy | Wirtschaftskrise

Hoppe: Wer trägt die Verantwortung?

Die angekündigte Schließung des Hoppe-Werks sorgt bislang vor allem auf Facebook für Diskussionen. Eine Nachlese vom Wochenende.

Die Schließung des Hoppe-Werks in St. Martin in Passeier ist neben der Memc in Sinnich der schwerste Schlag, den Südtirols Arbeitsmarkt seit langem verkraften muss. Angesichts der Ankündigung kurz vor dem Wochenend-Start blieben die offiziellen Reaktionen von Politik und Sozialpartnern bislang allerdings noch weitgehend aus. Umso reger dagegen bereits die Diskussionen unter so manchen Facebook-Posting zum Thema Hoppe.

Kritisch bis selbstkritisch gibt sich im Sozialen Netzwerk Tila Mair, die Landessekretärin des SGB/Cisl: „Nicht wahrgenommene Verantwortung steht im Raum. Vieler!“, schreibt sie vor dem Hintergrund von 158 Arbeitsplätzen, die nun innerhalb des Jahres abgebaut werden sollen. Allen voran meint die Gewerkschaftschefin damit die scheidende Landesregierung, die es trotz einer vergleichsweise guten finanziellen Ausstattung verabsäumt hätte, vom Gießkannenprinzip abzurücken und vorbeugend auf die Krise zu reagieren. Doch auch das Hoppe-Management hätte weit früher reagieren müssen – ebenso wie die Gewerkschaften. Denn, so Mair: Es gelte nicht nur Dienstleistungen und Betreuung, sondern vor allem Gewerkschaftsarbeit im engeren Sinne zu leisten, um angemessen auf die Auswirkungen der Krise reagieren zu können. 

Noch deutlicher mit der Politik ins Gericht geht ihr Gewerkschaftkollege Michele Buonerba:  Seit fünf Jahren hätten die Gewerkschaften Vorschläge gemacht, um den mittlerweile 12.000 Arbeitslosen in Südtirol über eine gezielte Arbeitsmarktpolitik eine berufliche Requalifizierung zu ermöglichen. Passiert sei jedoch nichts. Umso wichtiger sei, dass die neue Landesregierung nun versteht, dass es dringend einen Paradigmenwechsel braucht. „Hanno perso molto tempo, ora si deve passare all'azione“, schreibt Buonerba.

...und niemand hat etwas gewusst?

Betroffenheit herrscht im  Fall Hoppe vor allem über die völlig überraschende Ankündigung der Schließung. „Die Hoppe in St.Martin in Passeier schließt und niemand hat etwas davon gewusst. Schaut so die vielzitierte Sozialpartnerschaft in Wirklichkeit aus?“, fragt SVP-Arbeitnehmerchef Christoph Gufler auf seiner Facebook-Seite. Für Werner Pramstrahler, Forscher beim Arbeitsförderungsinstitut AFI/IPL, eine Situation, die uns die Augen öffnen muss: Die "stille" informelle Südtiroler "Sozialpartnerschaft" sei in diesem Fall ad absurdum geführt worden, schreibt er. „Mag sein, dass es eine ‚politische Verantwortung’ der Landesregierung gibt; ebenso ist klar, wie unzureichend die Informationsrechte im italienischen System kollektiver Arbeitsbeziehungen verankert sind.“

Gerade der Fall Hoppe sei diesbezüglich ein besonders harter Knochen, wird in einem weiteren Kommentar unterstrichen: „Gewerkschaften waren und sind für Hoppe kein Ansprechpartner. Abkommen macht die Hoppe nur, wenn für die Hoppe etwas dabei herausschaut, was sie sonst nicht haben kann.“ 

Strategische Wirtschaftspolitik sähe anders aus

Die angekündigte Werkschließung steht aber auch symbolisch für ein globales Wirtschaftssystem, in dem allein die Marktlogik entscheidet. Eine Tatsache, die auf Facebook aus verschiedenen Perspektiven betrachtet wird. „Über Generationen fanden dort viele Passeirer/innen ihren Haupt- bzw. Nebenerwerb und nun ist alles vorbei, da der Umsatz zurückgegangen ist und Messinggriffe nicht mehr in sind?“, fragt die Geschäftsführerin der SVP-Arbeitnehmer Astrid Kuprian, deren „Pasarier Wurzeln nach dieser Wahnsinnsmitteilung bluten“.  „Das war doch abzusehen“, meint dagegen der Management- und Bildungsberater Hans Tappeiner. Immerhin seien die Kapazitäten auf einen ewigen Bauboom abgestimmt gewesen. „Wir haben alle hurra gerufen und uns über unsere Südtirol-Statistiken gefreut. Strategische Wirtschaftspolitik sähe anders aus. Jetzt erst über Alternativen nachzudenken, ist eben zu spät“, so seine Schlussfolgerung

Dies sieht Blogger Markus Lobis anders: Seine Alternative heißt bedingungsloses Grundeinkommen. Denn: „Wir sind nicht mehr in der Lage, allen Mitgliedern unserer Gesellschaft einen Arbeitsplatz zu garantieren. Es macht auch keinen Sinn, Produkte herzustellen, die wir im Prinzip nicht (mehr) brauchen, nur um Arbeitsplätze zu erhalten.“

Bitterer Wahrheiten – vor allem für die fast 160 Arbeitskräfte, die seit Freitag wissen, dass ihre Arbeitsleistung mit Jahresende nicht mehr gebraucht wird.

 

 

 

Bild
Profile picture for user Michael Bockhorni
Michael Bockhorni Mon, 11/11/2013 - 14:20

von verschieden seiten dieseits und jenseits des brenners höre ich, dass nun südtiroler ins benachbarte ausland geschickt wurden, um sich abzuschauen was zu machen wäre. so löblich diese aktion ist, so kommt sie doch sehr, sehr spät. diese ideen müssen gesammelt und auf südtiroler verhältnisse umgelegt werden. es müssen vorschläge ausgearbeitet werden die politisch unterstützung finden. dann müssen die entsprechenden politischen entscheidungen fallen und in der verwaltung umgesetzt werden. dann erst kann ausgeschrieben werden um entsprechende dienste anzubieten. dann werden die aufträge vergeben und die entsprechende dienste starten (das benötigt sicher 2-3 jahre) und bis solche dienste / angebote wirkung zeigen vergehen mindestens 5 jahre !!!

Mon, 11/11/2013 - 14:20 Permalink