Bauerngärten
Im Vorwort schreibt Hans Wielander, dass damit die ARUNDA einen schon lange gehegten Wunsch verwirklicht hat, nämlich das alte Tirol mit Trentino als Einheit zu sehen. Eine Einheit, die nicht gewaltsam ist und nichts Gewaltsames heraufbeschwört. Der Gartenbau ist friedlich, kennt keine Grenzen und verbindet.
Neben der beeindruckenden Bebilderung hat Martha Canestrini viel Lehrreiches in diese Arunda-Ausgabe eingeflochten. Ich möchte für die salto-Leser den poetischen Teil des Beitrages herauslösen und wiedergeben.
„ Der Frühling ist die gefährlichste Zeit im Garten: da schlagen die Bäume aus und der Salat schießt“.
Im hohen Mittelalter finden wir in jeder Burg einen Burggarten. Er ist ein Nutzgarten mit Gemüsepflanzen, Gewürzen und vor allem Arzneipflanzen. Die Frauen sind es, die sich dieser Gärten annehmen. Sie haben in Klöstern die gärtnerische Ausbildung genossen und geben ihr Wissen ihren Töchtern und Mägden weiter. Von dieser Zeit an wird die Gartenpflege Aufgabe der Frauen. Auch heute ist es die Bäuerin, die ihren Ehrgeiz und Stolz in die Pflege des Hausgartens setzt: je schöner der Hausgarten, desto tüchtiger die Hausfrau. Innerhalb und außerhalb der Stadtmauern werden im Mittelalter ebenfalls Gärten angelegt. Am 22. April 1363 verbietet der Stadtrat von Bozen die Haltung von Schweineställen vor den Haupttüren der Hauptgasse: an ihrer Stelle solle man Nutzgärten anlegen.
Reiche Leute haben natürlich größere Gärten. Im Jahre 1584 beschweren sich die Augsburger, dass die Fuggerschen Gärten zu viel Platz beanspruchen und damit den Bürgern zu wenig Platz für ihr Gemüse lassen. Es kommt auch vor, dass die Bürger kleine Pforten durch die Stadtmauer brechen, um bequemer zu ihrem Besitz außerhalb der Stadtmauer zu gelangen. Aus Sicherheitsgründen, so will es die Stadtverwaltung, wird das aber strengstens untersagt.
Die große Epoche der Gärten ist die Renaissance: die Menschheit entdeckt die ewigen Werte der Natur, regelt diese, unterstützt sie und formt die Natur nach Maßstäben der Harmonie und der klassischen Schönheit. Die Renaissancegärten werden Orte der Erholung in der Schönheit, Orte der Naturbeobachtung und der Bewunderung des menschlichen Erfindungsgeistes. Die Pflanzungen werden durch die Intelligenz des Menschen gefördert und gezähmt. Die Barockära bezwingt dann die Natur. Palast und Garten werden eine Einheit, der Garten wird ein Aufenthaltsraum im Freien, die Beete wiederholen draußen die Ornamente der Teppiche. Man erreicht mit gestutzten Bäumen grüne lebende Wände. Der Garten wird zur Verlängerung des Prunksaales. Der Geist des Absolutismus herrscht auch über die Pflanzenwelt. Hinter diesen gestutzten Bäumen wittern später die Romantiker jedoch sofort gestutzte Freiheit:
Es pflegen wohl die reichen Leut
auch Wald zu machen gern,
da pflanzen dann die Läng und Breit
die klug und weisen Herrn
in einer langen Reihe hin
gar künstlich Baum und Strauch
und meinen dann in ihrem Sinn
sie hätten' s wirklich auch.
Doch kommt der Gärtner lobesam,
den sie zu han geruh'n,
und schneidet mir der Schere dann
wie Schneidermeister tun.
Jedoch ihr Wald ist Schneiderscherz,
trägt nur der Schere Spur
und nicht das volle große Herz
von Mutterleib Natur.
Auf einer Schützenscheibe von 1774 ist von ehelicher Tüchtigkeit zu lesen:
Nun nimm den Garten hin!
Doch halte auch dein Wort:
begieß bei trockner Zeit
den echten Lilienort
und bring aus diesem mir
-du weißt was wir beschlossen-
zum Grundzins alle Jahr
ein Lilie oder Rosen.
Theodor Storm zitiert ein Inserat:
Die verehrlichen Jungen,
welche heuer meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,
ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen
womöglich insoweit sich zu beschränken,
dass sie daneben auf den Beeten
mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.
Es naht der Herbst
Noch einmal lasst, ihr edlen Rosen,
verströmen euren süßen Duft
und träumt vor meiner Mutter Fenster
in sommerlicher Abendluft.
Es naht nun hinter seinem Nebel
der Herbst schon wieder unserm Land.
Die Astern schwelgen zum Willkommen
noch einmal fern am Gartenrand.
Das ist die Zeit, uns zu besinnen
auf alles, was das Jahr uns gab.
Der Winter wird uns stiller finden,
wenn uns berührt sein Zauberstab.
Dann werden Mutters Rosen warten
bis Frühlingswinde auferstehn.
Schenk uns ein ruhiges Verweilen,
dass wir den Sinn des Seins verstehn.
Hans Bahr