„Reine Wurstelei“
Eine wichtige Weichenstellung und Grundlage für die Übertragung weiterer Zuständigkeiten, ein Startschuss für die überfällige Reform der Gemeindeverwaltungen: So sieht zumindest Gemeindelandesrat Arnold Schuler das Gesetz, das am Freitag als zusätzlicher Tagesordnungspunkt mit 17 Ja, 9 Nein und 5 Enthaltungen vom Landtag verabschiedet wurde. „Neuordnung der örtlichen Körperschaften“, hieß das Motto. Ein Prozess, der mit der Verfassungsreform von 2001 begonnen habe, als den Gemeinden eine neue Rolle zuerkannt wurde, und der nun mit der Übertragung von Zuständigkeiten vom Land auf die Gemeinden weitergeht. Allerdings nicht zu viele auf einmal, wie Schuler im Landtag unterstrich. Denn die Gemeinden müssten sich auf ihre neue Aufgaben vorbereiten können. Und so gehen vorerst nur die Kompetenzen für die Finanzierung von Kindergärten, Schulausspeisungen und der Bildungsausschüsse sowie die Zuständigkeit für Spielhallen von der Provinz auf die Gemeinden über.
Ein zweiter, fast noch wichtigerer Teil des Gesetzes betrifft die Zusammenlegung von Diensten der Gemeinden. Statt mit Zwangsfusionen wie etwa im Trentino will man hierzulande den zunehmenden verwaltungstechnischen Anforderungen und der entsprechenden Überforderung kleiner Gemeinden mit der Zusammenlegung von Diensten begegnen. Die stärkere Zusammenarbeit soll dabei weniger Einsparungen, sondern einer Effizienzsteigerung dienen, unterstrich Schuler und nannte als Beispiel die Handhabung des neuen Raumordnungsgesetzes.
Doch soll diese Zusammenarbeit von oben verordnet worden oder beruht sie auf Freiwilligkeit? Das war einer der Diskussionspunkte im Plenarsaal des Landtags. Kommt es nicht zu einem Konsens unter den Gemeinden, würden der Bezirk und das Land die Formen der Zusammenarbeit festlegen, kündigte der Gemeindenlandesrat an. Durch den Zwang zur Zusammenarbeit würde den Gemeinden Autonomie genommen, kritisierte unter anderen Myriam Atz Tammerle von der Südtiroler Freiheit. In der Zwischenzeit habe sie mit einigen Gemeindevertretern gesprochen, und es sei ihr bestätigt worden, dass man zum einen von Zusammenarbeit spreche, zum anderen Druck und Sanktionen androhe.
Noch weit härter ins Gericht mit dem im Dringlichkeitsweg vorgelegten Gesetzesentwurf ging der Freiheitliche Walter Blaas. „Eine reine Wurstelei, die wenig bis nichts hergibt“, sei die Vorlage. Das würden auch die zahlreichen Änderungsanträge aus der Landesregierung beweisen. Mit der Zusammenlegung von Diensten würden qualifizierte Arbeitsplätze im ländlichen Raum verloren gehen, fürchtet der Freiheitliche. Außerdem lege man funktionierende Dienste von Gemeinden mit unterschiedlichen Regelungen wie etwa bei der Bauordnung zusammen. Blaas, der Schuler immer noch wegen seiner Bremse bei Landtagsanfragen an die Gemeinden grollt, stellte in dem Zusammenhang auch die Rolle der Bezirksgemeinschaften in Frage: Werde die Dienste der Gemeinden zusammengelegt, könne man diese genauso gut abschaffen – außer man benötige sie noch zur Postenbeschaffung für Parteifreunde, ätzte der Freiheitliche. Ganz unrecht gab ihm Schuler dabei nicht: Er bestätigte, dass die Aufgaben der Bezirksgemeinschaften zu überdenken seien, derzeit gebe es zu viele Unterschiede.
Die Grüne Brigitte Foppa erinnerte daran, dass auch der Rat der Gemeinden selbst in seinem Gutachten den Gesetzesentwurf und die Vorgangsweise kritisiert hätten. Ein Vorgehen, das auch ihn überrascht habe, entgegnete Schuler. In der Zwischenzeit habe man die fraglichen Dinge jedoch geklärt und es seien Änderungen ausgearbeitet worden.
Neben der Opposition wurde Schuler auch aus den eigenen Reihen nicht mit Kritik verschont. Sepp Noggler und Albert Wurzer störten etwa nicht nur Ungenauigkeiten bei mancher Formulierung. Dem im Regionalrat für die Gemeinden zuständigen Assessor Noggler fällt auch das Startpaket bei der Übertragung von Kompetenzen an die Gemeinden zu mager aus. Bei seinem Versuch noch mehr herauszuholen, habe er jedoch entdeckt, dass einige Landesräte nicht gewillt seien Tätigkeitsfelder oder Kompetenzen abzugeben, kritisierte Sepp Noggler.
Landesrat Arnold Schuler blieb dagegen bei der Version, dass die Gemeinden selbst den Wunsch gehabt hätten, mit wenigen Kompetenzen zu starten. Bald schon würden weitere Bestimmungen erlassen, etwa zur Führung der Musikschulen, kündigte er an. Der ehemalige Gemeindenverbandspräsident und langjährige Plauser Bürgermeister unterstrich bei der Generaldebatte auch seinen persönlichen Bezug zur Thematik: Er habe sich von Anfang an auf diese Zuständigkeit für die Gemeinden gefreut und hoffe, den Reformprozess, den er schon vom Gemeindenverband aus begleitet habe, nun abschließen zu können.