Update am 12.11.2020,, 12.20 Uhr
Die Südtiroler Sparkasse ersucht um die Veröffentlichung nachstehender "Richtigstellung":
In Bezug auf den Artikel „Die gewonnene Musterklage“ hält die Südtiroler Sparkasse folgende Richtigstellungen für erforderlich. Vorausgeschickt, dass das zitierte Urteil die Verurteilung der Bank hinsichtlich eines Aktienkaufs im Jahr 2008 eines einzelnen Sparers betrifft, halten wir die Auslegung der Pressemitteilung des RA Cerniglia, die im Artikel weitgehend übernommen wurde und darauf hindeutet, dass dieses Urteil zwangsläufig auf andere Kläger ausgeweitet werden kann, für irreführend, da es sich auf besondere Aspekte einer spezifischen Klage bezieht. Noch irreführender ist die Annahme, dass die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung 2012 betreffend einige Verwalter und Manager der Bank Auswirkungen oder Verbindungen mit diesem Urteil haben könnten.
Mit Verlaub: Letzter Annahme wird in keinem Satz des Artikels geäußert. Es dürfe klar sein, das die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft die Kapitalerhöhung 2012 betreffen. Zum einen wären die Vorgänge von 2008 strafrechtlich längst verjährt, zum anderen war damals nicht Peter Schedl für die Sparkasse tätig.
Christoph Franceschini
"Das ist eine wichtige und richtungsweisende Entscheidung“, sagt Massimo Cerniglia. Der römische Anwalt und Fachmann für Bankenrecht vertritt seit Jahren die Südtiroler Verbraucherzentrale (VZS) und deren Kunden in Streitsachen gegen mehrere Banken.
Jetzt hat Cerniglia einen Fall gewonnen, der mehr als nur ein Etappensieg sein könnte. Der Richter in der 1. Zivilabteilung am Bozner Landesgericht, Alex Tarneller, hat einem Südtiroler Sparer und Sparkassenaktionär 120.000 Euro an Schadenersatz zugesprochen. Es geht dabei um die Kapitalerhöhung der Sparkasse und dem Aktienverkauf aus dem Jahr 2008.
Laut Urteil hat die damalige Bankenführung gegen das Bankengesetz und das Reglement der Börsenaufsicht CONSOB verstoßen, weil dem Sparer die nötigen Informationen für seine Investition vorenthalten wurden und der Aktienankauf eindeutig nicht angemessen war.
Die besondere Brisanz des Urteils: Es handelt sich um eine Musterklage der Verbraucherzentrale. Am Landesgericht Bozen behängen bereits weitere gleichlautende 100 Klagen von Kunden und Aktionären der Sparkasse.
Demnach könnte der Schneeball für die Bank zu einer Lawine werden. Auch deshalb hat die Sparkasse das Urteil bereits beim Oberlandesgericht angefochten. „Wobei man sagen muss, dass die Sparkasse nach dem Urteil sofort den Schadenersatz und die Rechtsanwaltsspesen dem Aktionär gezahlt hat“, präzisiert Cerniglia.
Der Strafprozess
Doch ist das aber nicht die einzige Leiche im Keller, die der amtierenden Sparkassen-Führung von ihren Vorgängern vererbt wurde.
Spätestens im Jänner 2021 wird vor Voruntersuchungsrichter Emilio Schönsberg ein Fall behandelt werden, in dem es noch um weit mehr geht. Der leitende Staatsanwalt Giancarlo Bramante und der stellvertretenden Staatsanwalt Igor Secco haben am 12. Februar 2020 den Antrag auf Einleitung eines Hauptverfahrens gegen die frühere Spitze der Sparkasse gestellt. Es geht in dieser Ermittlung um die Millionenverluste der Bank.
Im Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einleitung des Hauptverfahrens gegen Norbert Plattner, Peter Schedl, Richard Maria Seebacher und Sergio Lovecchio werden auf 23 Seiten den vier ehemaligen Sparkasse-Funktionären gleich eine ganze Reihe von mutmaßlichen Straftaten angelastet: Fälschung der Informationsbroschüre für Anleger (falso in prospetto – Art. 173 D.Lgs 58/1998, StGB Art 100, 112), Kursmanipulation (Aggiotaggio – ZGB Art. 2637, StGB 61, 81, 110), wahrheitswidrige Mitteilungen an die Aufsichtsbehörde (false communicazioni all´autorità di pubblica vigilanza – StGB Art. 61, 81, 110, 112, sowie ZGB Art. 2638 und 2639) und vor allem schwerer Betrug (truffa agravata - StGB Art. 640).
Ein Nebenstrang dieser Ermittlung wurde bereits vergangenen Woche vor Vorermittlungsrichter Schönsberg behandelt. Es ging dabei um eine mutmaßliche Behinderung der Aufsichtsbehörden und der Inspektoren der Banca d'Italia (Ostacolo all’attività di ispezione della Banca d’Italia). Der Vorwurf: Die zuständigen Funktionäre der Bank hätten bewusst und mutwillig notleidende Kredite beschönigt. Erwin Müller, damals für das Risk-Management verantwortlich und Luca Cristoforetti als Verantwortlicher für die Kreditverwaltung haben ein verkürztes Verfahren beantragt. Gegen beide archivierte Voruntersuchungsrichter Schönsberg auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren. Gegen Vizegeneraldirektor Richard Maria Seebacher wurde hingegen das Hauptverfahren eingeleitet. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird dieses Verfahren damit wieder mit der Hauptermittlung vereint.
Nach einer Eingabe wurde auch die Verbraucherzentrale Südtirol und 53 Aktionäre als Nebenkläger in diesem Strafverfahren zugelassen. „Sollte es wirklich zu Verurteilungen kommen“, meint Massimo Cerniglia, „gibt Tausende potentiell Geschädigte, die in Zivilverfahren ihre Rechte geltend machen können“.
Noch vor der Corona-Krise hatte Richterin Carla Scheidle die Vorverhandlung für den 6. Mai 2020 festgesetzt. Die Verhandlung musste bis jetzt aber immer wieder verschoben werden. Fällt Anfang 2021 die Entscheidung zur Einleitung des Hauptverfahren dürften einige Strafbestände bereits verjährt sein.
In merito alla precisazione
In merito alla precisazione della Cassa di Risparmio di Bolzano all’articolo “La causa modello ha vinto” del 11.11.2020, si rileva quanto segue.
Mai è stato detto da me che la causa vinta potrà essere vincolante per altri giudizi, mentre è vero – come dice il giornalista – che questa è una decisione importante e di tendenza.
La sentenza in questione fa poi seguito ad un’altra sentenza di condanna della Cassa di Risparmio, sempre per il collocamento del 2008 (Tribunale di Bolzano, sentenza n. 476 del 10/5/2019).
È tuttavia vero che le predette due sentenze hanno espresso un principio che potrebbe essere condiviso da altre sentenze dello stesso Tribunale, e cioè che il giudizio di inadeguatezza di un’operazione finanziaria deve essere adeguatamente e concretamente motivato.
Mai si è parlato, infine, di un collegamento del procedimento penale con la sentenza civile. Questa è una conclusione della Cassa di Risparmio di sapore freudiano.