Economy | Messe Agrialp 2021

Die mobile Schlachtung in Südtirol

Ein wichtiges Thema in Sachen Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft ist die mobile Schlachtung. Im Rahmen der Agrialp finden Diskussionen dazu zwischen Produzenten und Experten statt.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Die mobile Schlachtung in Südtirol – weniger Stress, mehr Tierwohl und bessere Qualität
Foto: Marco Parisi / Fiera Bolzano Messe Bozen

Bei der Messe Agrialp 2021 liegt der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Ein wichtiges Thema ist hier die mobile Schlachtung. Am Freitag, dem 19. November wird diesen Themen der ganze Tag gewidmet. Es finden Diskussionen mit Produzenten und Experten statt. Zum Thema mobile Schlachtung hat die Messe Bozen mit Alexander Holzner von der Dorfmetzgerei Holzner in Lana gesprochen.

Messe Bozen: Herr Holzner, bei der diesjährigen Agrialp liegt der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, Direktvermarktung und mobiler Schlachtung in der Landwirtschaft. Laut unseren Informationen führen sie diese Art der Schlachtung durch. Wie lange schon?

Alexander Holzner: Seit etwas mehr als einem Jahr führt die Holzner GmbH in Lana die mobile Schlachtung durch. Allerdings sind wir auch diejenigen gewesen, die das Konzept dieser Art von Schlachtung hier erst ermöglicht haben. Wir haben die notwendige Initiative vorangebracht, die dann vom Landestierärztlichen Dienst als Gesetz ausgearbeitet wurde. Das geschah vor 4 Jahren.

MB: Wie kann ich mir so eine mobile Schlachtung vorstellen?

AH: Der Bauer muss einem Gesamtkonzept zustimmen, das von unserer Seite vorgegeben wird und die artgerechte Aufzucht, Schlachtung und Vermarktung beinhaltet. Die mobile Schlachtung steht für Gewaltlosigkeit und es braucht schon eine gewisse Vorbereitung des Halters. Erst wenn alle Voraussetzungen stimmen, fahren wir zum Bauern, um eine mobile Schlachtung durchzuführen.

MB: Wie ist der genaue Ablauf?

AH: Der Bauer kontaktiert uns, dass er an einer mobilen Schlachtung interessiert ist. Wie schon gesagt, muss er das vorgegebene Qualitätskonzept von uns erfüllen. Dieses haben wir zusammen mit dem Amtstierarzt und einem Ernährungswissenschaftler erstellt. Es ist entscheidend, ob der Bauer diese Vorgaben der Haltung und Fütterung erfüllt. Erst dann liefern wir ihm einen sog. Sicherungsstand. An diesen soll er das Tier über mehrere Tage gewöhnen, bis es dann selbstständig hinein geht. Ist es so weit, schickt der Bauer uns ein Video, wo wir sehen, dass das Tier wirklich aus freien Stücken in den Stand geht. Danach informieren wir den Amtstierarzt, der dann vor Ort am Hof den Lebendbeschau macht und alle Vorgaben noch einmal genauestens kontrolliert. Erst dann fahren wir los, um die Schlachtung durchzuführen.

MB: Für die Tiere bedeutet diese Art der Schlachtung weniger Stress. Das wirkt sich dann auch auf die Qualität des Endproduktes aus. Stimmen sie mir dazu?

AH: Genau das wollen wir in Zusammenarbeit mit der Universität Bozen beweisen. Indem wir z.B. Blutproben, aber auch Fleisch daraufhin untersuchen lassen. Wir wissen aber auch schon so, dass die Art der Tierhaltung, das Futter und die Schlachtung unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität und den Geschmack haben.

MB: Wenn sich ein Bauer jetzt für die mobile Schlachtung entscheidet, wird es für ihn teurer oder spart er am Ende sogar noch Geld?

AH: Im Prinzip ist die Schlachtung günstiger, sofern wir als Metzgereibetrieb das Tier abnehmen. Er spart sich die Transportkosten und die Gebühr beim Schlachthof, die ja rund 150 € pro Tier beträgt. Wir berechnen ihm eine Pauschalgebühr von 100 € als Schlachtkostenanteil.

Man muss aber dazusagen, dass die Vorbereitung zur mobilen, stressfreien Schlachtung auch eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.

MB: Erst kürzlich habe ich im deutschen Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL ein Interview mit dem Fleischfabrikanten Tönnies gelesen. Dort gehen an einem Standort täglich 25.000 Tiere durch. Eine unvorstellbare Zahl. Da kann man nun wirklich nicht von Nachhaltigkeit sprechen. Er tut es aber. Was sagen sie dazu?

AH: Das ist unmöglich. Solche Schlachthöfe arbeiten nicht wirklich nachhaltig. Das geht einfach nicht. Und diese Massen, die Tönnies täglich bedienen muss - er ist ja der größte Fleischproduzent Europas - kann man so nicht nachhaltig verarbeiten, auch wenn er es noch so gerne verspricht.

MB: Sind aus ihrer Sicht die Produkte aus diesem nachhaltigen Konzept nur etwas für „Besserverdienende“ oder kann sich auch die durchschnittliche vierköpfige Familie das leisten?

AH: Jeder entscheidet selbst, welche Wertigkeiten er unterstützt. Bei Fleisch bedeutet: Weniger ist mehr! Achten wir künftig mehr auf artgerechte Haltung, respektvollen Umgang und Verwertung aller Fleischteile.

MB: Dabei sind diese Produkte nach meiner Erfahrung gar nicht so viel teurer.

AH: Man muss da unterscheiden. Beim örtlichen Metzger kauft man generell bestimmte spezielle Teile vom Tier. Und da muss der Metzger anders kalkulieren. Er schlachtet, zerlegt, lagert, verarbeitet   und vermarktet. Das sind Kosten. Bei der Direktvermarktung kauft man ja zum Teil ein ganzes Tier oder zumindest eine größere Menge (nicht selten mit Knochen und den Schlachtnebenprodukten).

Zudem gibt es bei der Direktvermarktung wesentliche Steuererleichterungen (GIS und Sozialabgaben).

MB: Welches Gewicht legen sie auf die Fütterung der Tiere?

AH: Die Fütterung ist sehr wichtig. Wir führen keine Schlachtung durch, wo der Bauer seine Tiere hauptsächlich mit Getreide gefüttert hat, nur damit es schneller wächst. Man muss wissen, dass die Tiere mit dieser Fütterung nicht artgerecht gehalten sind. Rinder sind Grasfresser!

Damit möchten wir außerdem beitragen, dass in Südtirol künftig generell weniger Futtermittel (Getreidemischungen) zugekauft werden.

MB: Kann eigentlich jeder Metzger hier in Südtirol so eine (mobile) Schlachtung durchführen?

AH: Ein Metzger ist nicht automatisch auch ein Schlachter. Jeder Metzgergeselle oder Meister muss dazu noch die Schlachtausbildung machen und die nötige Befähigung erwerben.

MB: Herr Holzner, ich bedanke mich für das Gespräch.