Culture | Übersetzungen

Traduzion leterera

Wie klingt Shakespeare auf Ladinisch? Und wie klingen ladinische Autoren auf Deutsch? Um die ladinische Literatur und die Übersetzung daraus geht es im Micurà de Rü.

Vers ladin, tan rî che al é da te scrì.
Ćiara da finestra fora y vëiga dantadüt tëmp y sajun,
degun pinsier a jënt ladina, degun paîsc nadè.
Tan püćia crëta a mia confesciun,
n pater, ave, gloria vigni iade da pié ia.
Dejciolè raîsc, desraijé ödli y orëdles, madër s’un trà
y lascè jì pîsc y mans fora por pastöra plö grassina.
Miorè, ingrassè parores y punt d’odüda
y tla finada ćiarè zoruch da n cucher ite.

 

Ladinisches Gedicht, wie schwer es mir fällt, dich zu schreiben.
Schaut aus dem Fenster und sieht vor allem Wetter und Jahreszeit,
kein Gedanke an die eigenen Leute, kein Heimatdorf.
Beim Fortgehen immer ein Stoßgebet zum Himmel,
so gering ist das Vertrauen in meinen Glauben.
Wurzeln lösen, Augen und Ohren entwurzeln, nicht bleiben
und Hände und Füße auf saftigere Weiden treiben.
Wortfelder düngen, Sichtweisen mästen,
und dennoch der Blick wie durch ein Guckloch zurück.

 

aus: Nauz, Gedichte und Bilder von Roberta Dapunt, Übersetzung ins Deutsche von Alma Vallazza, erschienen im Folio-Verlag 

 

Um ladinische Texte und Übersetzungen geht es im  hochkarätig besetzten Workshop "Shakespeare auf ladinisch" in St. Martin in Thurn, der von der ladinischen und der deutschen Kulturabteilung der Autonomen Provinz Bozen–Südtirol gemeinsam mit dem Folio Verlag organisiert wird. Am Freitagabend, 12. Dezember um 20 Uhr 30 lesen ÜbersetzerInnen und AutorInnen Originaltexte und Übersetzungen, darunter Sonette von Shakespeare, „La terra più del paradiso“ von Roberta Dapunt und „L Nost“ von Frida Piazza. Lesungen: Iain Galbraith, Ingrid Runggaldier, Alma Vallazza, Rut Bernardi, Roberta Dapunt u.a. Die Lesungen finden in der Bibliothek des ladinischen Kulturinstituts in St. Martin in Thurn statt, der Eintritt ist frei.

 

Blüten
Wie in einem Gerüchekelch stehe ich aufrecht im Mist,
nur stummer Nebel rundum, nüchtern ist seine Gestalt.
Die meine mit dem Hirtenstab, dem Bischofsstab in der Hand,
ausgeliehen, um den rechten Weg zu weisen,
jedesmal schwieriger ist es, die richtigen Gründe zu finden.
Komm her, komm schon her, Schwein.
Ich entlasse dich in diesen Morgen, in den aufgehenden Tod.
Und du äugst heiter auf den Boden, wo jetzt nichts blüht.
Nichts, nur der weiße Schnee fängt dein strähniges Blut auf,
Blüten sind es zur Weihnachtszeit.

 

föies da flu
Sciöche te na copa de odurs impé amesa zopa de cultüra
ma ćiarü surt me roda incëria, a jaiun süa ćiaradüra.
Y la mia, tëgn tles mans na maza da famëi,
pastoral tut adimprëst por mostrè l’dër tru
vigni iade plö ri, chirì les dërtes rajuns.
Vì ma porcel, porcel vì ma ca!
Ite te lasci, te chësta doman, tl orì de sorëdl a morì.
Y tö ćiares sarëgn ia por tera, degun tëmp de fluridüra.
Sce nia, altamo la blanćia nëi tol sö sanjares,
föies da flu dan Nadè.

 

„Was man auch von der Unzulänglichkeit des Übersetzens sagen mag, so ist und bleibt es doch eins der wichtigsten und würdigsten Geschäfte in dem allgemeinen Weltwesen.”  Johann  Wolfgang von Goethe