"Eine faszinierende Persönlichkeit"
Für Paul Köllensperger war er ein Visionär, der die Entwicklung des Internets und der künstlichen Intelligenz um Jahrzehnte vorhergesehen hat. Gianroberto Casaleggio ist im Alter von 61 Jahren in Mailand gestorben. Erst vor zwei Wochen hatte der Landtagsabgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung bei Casaleggio um einen Termin angefragt, der nie zustande kam.
Herr Köllensperger, wie gut kannten Sie Roberto Casaleggio?
Paul Köllensperger: Ich hatte mit ihm nur zwei oder drei Mal zu tun. Erst vor zwei Wochen habe ich bei ihm per SMS um einen Termin angefragt und erfahren, dass sich sein Krankheitsbild in letzter Zeit leider verschlechtert hatte.
Was bedeutet Casaleggios doch recht überraschender Tod für Ihre Bewegung?
In der 5-Sterne-Bewegung hat Gianroberto Casaleggio eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Beppe Grillo ist das Sprachrohr, das Megaphon, das die Leute anzieht. Casaleggio war der Systemdenker, der die Organisationsmodelle entwirft. Die ganze Internet-Strategie kam von ihm. Für den Movimento 5 Stelle ist sein Tod ein unersetzbarer Verlust. Aber die Bewegung lebt natürlich weiter, immerhin machen im M5S neun Millionen Menschen mit.
Paul Köllensperger im Landtag
Was wird sich nun ändern?
Es wird jetzt wohl eine Entwicklung beschleunigt, die sich bereits abgezeichnet hat: die Parlamentarier und all jene, die an der Front kämpfen, werden früher als erwartet das Ruder der Bewegung übernehmen. Es war ja immer schon geplant, dass Grillo und Casaleggio in den Hintergrund treten, sobald die Bewegung auf eigenen Füßen steht. Natürlich ist ein geordneter Übergang einem abrupten Wechsel immer vorzuziehen. Es wäre sicher besser gewesen, wenn diese Entwicklung schrittweise bis zu den Parlamentswahlen von 2018 stattgefunden hätte und nicht auf so tragische Weise.
Auf Südtirol hat das keine Auswirkungen?
Die 5-Sterne-Bewegung in Südtirol war immer unabhängig, es ist uns nicht ein einziges Mal gesagt worden, was wir zu tun haben. Im konkreten Tagesgeschäft wird sich überhaupt nichts ändern.
"Sono un comune cittadino che con il suo lavoro e i suoi (pochi) mezzi cerca, senza alcun contributo pubblico o privato,...
Pubblicato da Beppe Grillo su Martedì 12 aprile 2016
Aus der Facebook-Fanpage von Beppe Grillo
Welche persönliche Erinnerung haben Sie an Roberto Casaleggio?
Ich kenne Beppe Grillo besser, mit dem ich öfter geredet habe. Mit Casaleggio hatte ich wie gesagt nur zwei oder drei Mal zu tun. Wir hatten unseren Job als Unternehmer im Internet-Sektor gemein und haben bei diesen wenigen Gelegenheiten fast mehr über die Entwicklung im Internet gesprochen als über Politik. Dabei ist mir aufgefallen, wie belesen, intelligent und visionär er war – eine faszinierende Persönlichkeit. Mit seinen Gedanken war er der Entwicklung des Internets, aber auch der Menschheit um Jahrzehnte voraus.
Gerade wegen seiner Visionen, die oftmals sehr abgehoben wirkten, ist Casaleggio aber auch gehänselt worden.
Wenn Sie sich ansehen, wie sich die künstliche Intellienz entwickelt, dann wird in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich viel mehr passieren, als Casaleggio sich vorgestellt hat, ganz zu schweigen von seinen Kritikern, die von dem Sektor ja prinzipiell keine Ahnung haben.
Also Casaleggios Visionen haben sehr wohl einen Realitätsbezug.
Ich möchte das nicht so pauschal behaupten. Es gibt mehrere Videos, in denen er verschiedene Visionen ausbreitet, und über ein paar davon kann man durchaus diskutieren. Aber was er bereits vor vielen Jahren erkannt hat, ist, wie wichtig die Entwicklung des Internets und der Netze im allgemeinen sein wird. Genauso hat er schon vor einiger Zeit vorhergesagt, welche Bedeutung die Entwicklung der künstlichen Intelligenz haben wird. In den nächsten Jahren wird sich auf diesem Gebiet so viel tun, wie wir uns gar nicht vorstellen können.