Der Titel müsste heißen:
Der Titel müsste heißen: Abstürzender Chaos
In der Fünf-Sterne-Bewegung brodelt es wieder einmal. Jüngster Anlass: Das Berufungsgericht in Cagliari hat entschieden, dass Vito Crimi keinen legalen Anspruch auf den Vorsitz der Bewegung erheben kann. Das Gericht hat die Bewegung zudem aufgefordert, das im Statut vorgesehene, fünfköpfige Führungsgremium zu wählen. Damit reagierten die Richter auf einen Einspruch der sardischen Regionalratsabgeordneten Carla Cuccu, deren Ausschluss kurzerhand annulliert wurde. Nun bereitet sich jene Gruppe von Führungskräften, die beim Vertrauensvotum im Parlament gegen Draghi gestimmt und aus der Bewegung ausgeschlossen wurde, auf eine Serie neuer Prozesse vor. Die ausgeschlossene Abgeordnete Barbara Lezzi hat bereits Anzeige erstattet, weitere folgen in diesen Tagen. Indessen hat auch Casaleggios Associazione Rousseau einen weiteren Angriff auf die Führung der Bewegung gestartet: "Il movimento è privo di un capo politico." Das fünfköpfige Führungsgremium könne über das digitale System gewählt werden. Dabei unterstreichen die Rousseau-Verantwortlichen zum wiederholten Mal, dass Giuseppe Conte kein M5S-Mitglied sei und daher auch nicht zum Vorsitzenden gewählt werden könne.
Conte seinerseits hat ein zusätzliches Problem: er verfügt nach dem gesperrten Zugang zu Rousseau über keine Mitgliederlisten mehr. Nun hat er den Garante per la privacy ersucht, Casaleggio zur Herausgabe der Adressen aufzufordern. Das Tagblatt La Stampa schildert die Lage als "situazione kafkiana". Gleichzeitig hat das Gericht den sardischen Anwalt Silvio Demurtas zum Kurator ernannt und ihn damit beauftragt, ein Verzeichnis der Mitglieder vorzulegen. Damit ist Demurtas der derzeit einzige Zeichnungsberechtigte des M5S. Einen Protest Crimis lehnte das Gericht ab. Verworrener könnte die Lage kaum sein – die Stimmung ist explosiv. Ein weiteres Problem: Nur ein kleiner Teil der Parlamentarier überweist den obligatorischen Monatsbeitrag der rendicontazione von 1000 Euro im Monat..
Auch auf politischer Ebene brodelt es. Wenige Stunden, nachdem die Bewegung die Kandidatur Nicola Zingarettis zum Bürgermeister der Gemeinde Rom befürwortet hatte, zog sie wieder die Notbremse. Anlass dazu war die wütende Reaktion der scheidenden Bürgermeisterin Virginia Raggi. Zingaretti hatte für seine Kandidatur nur eine Bedingung gestellt: die linke Regionalregierung in Latium dürfe nicht geopfert werden. Conte übte sich in der Rolle des Seiltänzers: "Virginia sta dando un volto nuovo a Roma. Il movimento la appoggia in maniera compatta e convinta. Ci dispiace di non aver fatto l`accordo con il PD, ma si va avanti." Eine fürwahr surreale Inszenierung.
Denn niemand im linken Lager glaubt, dass Raggi nach all ihren Fehlleistungen und dem Wechsel von fast 20 Assessoren und Ressortleitern die Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt gewinnen kann. Der Partito Democratico schickt nun mit dem ehemaligen Kulturminister Roberto Gualtieri einen neuen Kandidaten ins Rennen. Gualtieri war mehrere Jahre hindurch ein angesehener EU-Abgeordneter und international geschätzter, viersprachiger Universitätsprofessor und ist Autor mehrerer Bücher. Nach ersten Umfragen liegt Gualtieri mit 15 Prozent vor Carlo Calenda und Guido Bertolaso mit je 12 und Virginia Raggi mit 8 Prozent. Der Wert dieser Umfragen ist relativ, da es noch keine endgültigen Kandidatenlisten gibt. Das Rechtsbündnis hat Berlusconis ewigem Vertrauensmann Guido Bertolaso die Kandidatur angeboten. Gewählt wird voraussichtlich in der ersten Oktoberhälfte.
Der Titel müsste heißen: Abstürzender Chaos