Culture | Klassische Musik

Der beliebteste Klassiker nach Beethoven

Von 15. bis 29. Juli 2023 finden in Toblach wieder die Gustav Mahler Musikwochen statt.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Von 1908 bis 1910 verbrachte der österreichische Komponist Gustav Mahler seinen Sommerurlaub in Toblach und komponierte hier seine letzten drei Orchesterwerke. Zu Ehren des großen Künstlers finden seit 1981 jedes Jahr die Gustav Mahler Musikwochen statt, die seit 1999 im Kulturzentrum Grand Hotel ihren festen Platz haben. Das zweiwöchige Festival, das unter der Schirmherrschaft des italienischen Staatspräsidenten steht, umfasst Orchester- und Kammerkonzerte, Filmvorführungen und Vorträge über Mahlers Werk und Welt.

 

Eine Bühne für junge Musiker:innen

Auch heuer ist das von dem Südtiroler Josef Lanz kuratierte Programm wieder äußerst abwechslungsreich. So eröffnen die Münchner Symphoniker mit dem türkischen Baritonsolisten Kartal Karagedik, Ensemblemitglied der Hamburgischen Staatsoper, das Festival mit Mahlers „Kindertotenlieder“, Richard Wagners „Siegfried-Idyll“ und Franz Schrekers Romantischer Suite.

 

15.07._msy-22-23-orchesterfoto2-print-c-peter-von-felbert.jpg
Die Münchner Symphoniker werden die Gustav Mahler Wochen heuer eröffnen. © Peter von Felbert

 

Am 18. Juli gibt es einen Solo-Celloabend mit Narek Hakhnazaryan, der bereits im Alter von 22 Jahren den ersten Preis und die Goldene Medaille des renommierten Internationalen Tschaikowsky Wettbewerbs gewann. Das ist einer der Abende, auf die sich auch Josef Lanz besonders freut. „Narek Hakhnazaryan ist ein außergewöhnlicher junger Cellist. Er wird eine Suite von Bach spielen, dann ‚Song of the birds‘ von Pau Casals, die ‚Lamentatio‘ von Giovanni Sollima sowie Stücke von Komponisten aus seinem Heimatland Armenien. Das Motto des Programms ist sehr aktuell: Es geht um Unterdrückung, Krieg und die Sehnsucht nach Frieden.“

Auch auf den 23. Juli freut sich Lanz. Da steht ein großes Orchesterkonzert auf dem Programm: Das deutsche Bundesjugendorchester unter Clemens Schuldt spielt Don Juan von Richard Strauss, eine Uraufführung von Daniel Nelsons Konzert für Akkordeon und Orchester, die 7. Symphonie von Jean Sibelius und „Helix“ von Esa-Pekka Salonen. „Es freut mich besonders, dass wir heuer so viel Neues im Programm haben“, erzählt Lanz. „Das zeigt auch, wie aktuell Gustav Mahler und seine Musik heute noch sind. Vor 50 Jahren galt Mahlers Musik als dekadent, als überholte Romantik. Doch seitdem hat Mahler einen Aufschwung erlebt. Heute spielen alle Mahler, mittlerweile ist er der meistgespielte klassische Komponist nach Beethoven. Auch die Jugend spielt ihn gerne. Ich denke, es ist die Zerrissenheit und die Sehnsucht in Mahlers Werk, die viele Menschen anspricht.“

 

josef_lanz_mahler_toblach.jpg
Künstlerischer Leiter Josef Lanz © privat
 

 

In der Tat ist die Jugend heuer stark im Programm vertreten. Neben dem Bundesjugendorchester ist auch das preisgekrönte Asia Youth Orchestra in Toblach zu Gast. Am 28. Juli wird es unter der Leitung von Joseph Bastian, dem designierten Chefdirigenten der Münchner Symphoniker, Mahlers 4. Symphonie aufführen, sowie Werke von Glinka und Strawinsky. Den Abschluss der diesjährigen Gustav Mahler Musikwochen wird am 29. Juli das Konzert des Euregio-Jugendblasorchesters bilden, mit talentierten Nachwuchsmusiker:innen aus Tirol, Südtirol und dem Trentino, die eine Woche in Toblach zusammen geprobt haben.

 

Nicht nur Konzerte

Zuvor gibt es in Toblach aber noch einiges zu erleben. Nicht nur Konzerte stehen auf dem Programm, sondern auch die Konferenz „Nature in Musical Modernism since Mahler“, die am 23. und 24. Juli unter Teilnahme international bedeutender Musikolog:innen stattfindet.

„Wunderbar“ findet Josef Lanz die Baumpflanzung am Gustav-Mahler-Komponierhäuschen in Altschluderbach am Vormittag des 16. Juli. „Sie wird musikalisch von sieben jungen Frauen begleitet werden, die sich Divinerinnen, also die Göttlichen, nennen. Mit dabei ist auch die Meraner Klarinettistin Andrea Götsch, Mitglied der Wiener Philharmoniker.“

Andrea Götsch verrät noch etwas mehr über die geplanten Auftritte in Toblach. „Gustav Mahlers Musik überwältigt mich immer wieder, sie hat eine ganz besondere Kraft und Wirkung auf mich. Durch seinen Einsatz musikalischer Motive und Wendungen aus der Volksmusik wurde auch unser Ensemble Divinerinnen aufmerksam auf seine Kompositionen; so haben wir vor, in Zukunft mit unserer Schrammelband Stücke aus seinem Repertoire, wie etwa Lieder, für unsere Besetzung zu arrangieren. Wir können es kaum erwarten, am 16. Juli am Komponierhäuschen, im Mahler Saal sowie auch im neuen Alma Café aufzuspielen und somit Teil der Mahler Musikwochen 2023 zu sein! Ich persönlich freu mich auch darauf, wieder ins geliebte Südtirol zu kommen, die Wiener Musik in meine Heimat zu bringen und heuer auf diese Art meinen Geburtstag zu feiern.“

 

andrea_by_theresa_pewal-scaled.jpg
Die Meraner Klarinettistin Andrea Götsch von den Divinerinnen © Theresa Pewal
 

 

Kritische Töne

Inmitten der Vorfreude stimmt Josef Lanz auch kritische Töne an. So sei die Vorführung des Films „Wohin ich auch geh‘ – Eine Reise mit Gustav Mahler“, der die Zusammenarbeit der Musicbanda Franui mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks zeigt, eher eine Notlösung gewesen. „Das ist ein sehr interessantes und besonderes Projekt, ich hätte es gerne live gezeigt. Aber dazu fehlten mir die Gelder. Überhaupt bräuchten wir viel mehr Geld, um besondere Projekte umzusetzen. Und es wäre auch den Musiker:innen gegenüber fairer. Ich musste bei der Zusammenstellung des Programmes oft verhandeln und vieles, was im Programm steht, habe ich billiger bekommen. Ein Beispiel sind die zwei Jugendorchester. Jugendorchester sind günstig, weil sie häufig von den betreffenden Ländern gefördert werden. Das tut der Qualität der Darbietungen natürlich keinen Abbruch, aber trotzdem haben bei den Einladungen auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle gespielt. Das finde ich schade, denn so sollte Kultur nicht denken müssen.“

 

Beitrag von Jenny Cazzola