Politics | Affäre

Hofers Dämmung

Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den ehemaligen Bürgermeister von St. Christina, Eugen Hofer, abgeschlossen. Die Vorwürfe: Bestechung und Amtsmissbrauch.

Die Ermittlungen laufen seit rund einem Jahr. In der vergangenen Woche hat Staatsanwalt Giancarlo Bramante dem ehemaligen Bürgermeister von St. Christina Eugen Hofer und dem Villanderer Bauunternehmer Alois Rabensteiner den Bescheid über den Abschluss der Ermittlungen zugestellt.
In dem mehrseitigen Schriftstück werden schwerwiegende Vorwürfe erhoben. Eugen Hofer wird Bestechung (Art. 319 Stgb) und schwerer Amtsmissbrauch (Art. 323 Stgb) vorgeworfen. Alois Rabensteiner aktive Bestechung.
Ausgangspunkt der Ermittlungen ist eine Bauaffäre, die salto.bz bereits im März 2015 in einer zweiteiligen Serie dokumentiert hat.

Das Smart-Hotel

Die Geschichte beginnt vor über zehn Jahren, lange bevor Eugen Hofer Bürgermeister von St. Christina wird. Am 14. Dezember 2004 stellt die Gemeinde St. Christina eine Baugenehmigung für den Abbruch und den Wiederaufbau des Hotel Sasslong aus. Das alte Traditionshotel mit 20 Betten soll qualitativ und quantitativ erweitert werden.
Alois Rabensteiner, Inhaber der gleichnamigen Villanderer Baufirma, hat das Hotel – über eine steuerschonende Quoteneinbringung - erworben und will auch den Neubau verwirklichen. Das eingereichte Projekt sieht vor, dass 46 Zimmer entstehen sollen.


Altes Hotel Saslong: 20 Betten.

Doch noch vor Baubeginn kommt es zu größeren Problemen. Weil die Abbruchverfügung bereits verfallen ist, Asbest zum Vorschein kommt und die Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden, beschlagnahmt die Staatsanwaltschaft nach einer Eingabe die Baustelle für ein Jahr.
Im Jänner 2010 stellt der damalige Bürgermeister von St. Christina, Bruno Senoner, eine neue Baugenehmigung aus, damit die Arbeiten beendet werden können. Im Dezember 2010 wird dann das inzwischen umgetaufte und in Holzbauweise errichtete „SmartHotel Saslong“ eröffnet.

Der Vorvertrag

Bauunternehmer Alois Rabensteiner will das Projekt umsetzen und das Hotel dann schlüsselfertig verkaufen. Bereits am 11. Dezember 2009 unterschreiben Alois Rabensteiner und Ezio Prinoth einen Kaufvorvertrag. Der Grödner Hotelier Prinoth, seit Herbst 2014 auch Präsident und Geschäftsführer des Tourismusvereins St. Christina, erwirbt das neue Hotel um rund 6,5 Millionen Euro.
Dieser Vorvertrag enthält aber mehrere Klauseln, die, gelinde gesagt, etwas unorthodox sind. So wird im Kaufvorvertrag festgehalten, dass das neue Hotel 50 Zimmer haben wird. Das Problem dabei: In dem von der Gemeinde genehmigten Projekt sind nur 46 Zimmer vorgesehen. Das weiß natürlich auch der Käufer. Deshalb wird eine Klausel in den Vertrag eingebaut. Für jedes Zimmer weniger als 50 werden vom Kaufpreis 125.000 Euro abgezogen.
Doch Alois Rabensteiner scheint sich von Anfang an relativ sicher zu sein, dass er die 50 Zimmer verwirklichen kann. Und genauso kommt es auch.
Nach den Gemeinderatswahlen im Mai 2010 übernimmt der SVP-Kandidat Eugen Hofer das Bürgermeisteramt. Am 27. Juli 2010 genehmigt die Gemeinde plötzlich ein Varianteprojekt, in dem der Bau von 50 Zimmern vorgesehen ist. Diese Erhöhung der Zimmeranzahl verstößt gegen alle Landesgesetze. Zudem werden insgesamt 56 Zimmer gebaut, weil der Bauunternehmer weitere sechs Zimmer völlig illegal in Flucht- und Hohlräumen verwirklicht.
Mit demselben Varianteprojekt wird aber auch der Bau von neun privaten Parkplätzen für das Hotel genehmigt. Das Problem dabei: Die privaten Parkplätze werden auf öffentlichem Gemeindegrund ausgewiesen und schließlich auch gebaut.

Einschüchterung

Mehrere Anrainer des SmartHotel Saslong reichen in dieser Zeit mehrere Rekurse bei der Gemeinde und beim Land ein. Darin werden detailliert mutmaßliche Bauvergehen dokumentiert. Vor allem die Tatsache, dass das Hotel viel größer gebaut wurde, als erlaubt.


Hofers Firma: Bäder im Smarthotel

In einer der Eingaben wird auch darauf hingewiesen. dass das Unternehmen, das die sanitären Anlagen und die Bäder geplant hatte, in der Bauphase gewechselt und die Arbeiten im Jahr 2010 an die „Hofer Group“, das Unternehmen des Bürgermeisters, übergeben wurden. Der SVP-Bürgermeister lässt darauf den Rekursstellern über seinen Anwalt Federico Fava eine Abmahnung zukommen und droht mit Klage.
Nach den Rekursen muss das Bauamt der Gemeinde aber eine Kontrolle im Hotel machen. Dabei sind die illegalen sechs Zimmer plötzlich mit Gipskarton verschlossen und nicht mehr zugänglich. Trotz dieses bereits 2011 protokollierten Gesetzesverstoßes erlässt Eugen Hofer als Bürgermeister im Jänner 2013 ohne Beanstandungen die Benutzungsgenehmigung für den neuen Besitzer Ezio Prinoth.

Der Amtsmissbrauch

Die Staatsanwaltschaft hat in ihren Ermittlungen jetzt lückenlos nachgewiesen, dass beim Bau des SmartHotel Saslong gleich in mehreren Punkten gegen die Raumordnungs- und Baugesetze verstoßen wurde.
Ein von Staatsanwalt Giancarlo Bramante beauftragter Sachverständigen, der alle Projekte nochmals überprüft und durchgerechnet hat, kommt zum Schluss, dass zwischen dem genehmigten Projekt und dem fertigen Hotel ein eklatanter Unterschied besteht. Konkret: 1021,62 Kubikmeter oder 790,16 Quadratmeter wurden zuviel, das heißt illegal, gebaut.


SmartHotel Salong: „Einen bedeutenden Vermögensvorteil verschafft“

Weil ein Fachmann diesen Unterschied sogar mit freiem Auge erkennt und zudem Rekurse bei der Gemeinde eingereicht wurden, in denen genau das angeführt wird, hätte die Gemeinde keine Benützungsgenehmigung für das Hotel ausstellen dürfen. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass man in der Gemeinde bewusst weggeschaut hat, um dem Bauunternehmer Alois Rabensteiner und dem Hotelbesitzer Ezio Prinoth „einen bedeutenden Vermögensvorteil zu verschaffen“.

1021,62 Kubikmeter oder 790,16 Quadratmeter wurden zuviel gebaut.

Die Bestechung

Besonders schwerwiegend ist aber die Tatsache, dass die Ermittler nachweisen können, dass Bürgermeister Eugen Hofer nicht aus Nachlässigkeit oder aus Unfähigkeit so gehandelt hat, sondern dass er sich einen finanziellen Vorteil verschaffte, indem er sich - so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft - bestechen ließ.


Ex-Bürgermeister Eugen Hofer: Arbeiten an seinem Haus im Wert von fast 25.000 Euro.

Eugen Hofer hat das Varianteprojekt für die Hotel von Alois Rabensteiner am 19. August 2010 unterschrieben. Im Dezember 2010 verkauft der Villanderer Bauunternehmer das Hotel dann an Ezio Prinoth, der es unmittelbar danach eröffnet.
Zwischen dem 30. November und dem 21. Dezember 2010 lässt Eugen Hofer sein Privathaus energetisch sanieren. Tätig wird dabei zufällig die Baufirma von Alois Rabensteiner. Am Hause des Bürgermeisters wird eine Ummantelung zur Wärmedämmung gemacht. Am Ende stellt das Unternehmen zwar pro forma eine Rechnung über 24.495,76 Euro, doch die Ermittler können nachweisen, dass Eugen Hofer diese Rechnung nie bezahlt hat.
Für die Staatsanwaltschaft ein klarer Fall von Bestechung. Deshalb will man Alois Rabensteiner der aktiven Bestechung und Eugen Hofer der „Bestechung durch eine der Amtspflicht zuwiderlaufenden Handlung“ anklagen.
Beide haben jetzt 20 Tage Zeit auf die Vorwürfe zu reagieren und eine Anhörung zu beantragen oder entlastendes Material vorzulegen.
Schaut man sich aber an, was die Ermittlungen bisher zu Tage gefördert haben, dürfte die Einleitung des Hauptverfahrens nur mehr eine Formsache sein.