Politics | Im Gespräch

Waltraud Deeg: „Meine Mutter ist ein großes Vorbild für mich“

Waltraud Deeg ist die Tochter der großen Waltraud Gebert Deeg, die vor 25 Jahren verstarb. Nun hat sich die junge Rechtsanwältin aus Bruneck auf den Weg in die Landtagspolitik gemacht. „Wir haben eine Quote von 20 Prozent Schulabgängern, da muss etwas unternommen werden“, sagt sie im salto.bz Interview.
  • Frau Deeg, an der Seite einer so bekannten Mutter ist der Weg in die Politik fast selbstverständlich?

Waltraud Deeg: (lacht) Ich glaube, ich würde nicht kandidieren, wenn ich diese Erfahrung mit meiner Mutter nicht gemacht hätte. Jeder hat sie positiv in Erinnerung, das ist etwas sehr Schönes für mich. Sie hat den Menschen immer in den Mittelpunkt gestellt. Hat zu einer Zeit das Gesundheitswesen übernommen, wo keiner das haben wollte. Und sie hat als erste Frau bewiesen, dass sie das kann. Sie ist ein großes Beispiel für mich.

  • Was fasziniert Sie an der Politik?

Die Möglichkeit mitgestalten zu können. Der Kontakt mit den Menschen. Das gibt mir unwahrscheinlich viel. Meine Mutter sagte immer: „Leih denen deine Stimme, die keine haben.“

  • Es geht Ihnen ums Soziale. Sie sind ja auch Arbeitnehmer-Kanidatin.

Im Vordergrund steht für mich die Bildung, sie ist mein Herzensanliegen. Bildung ist nicht nur für den Einzelnen wichtig, Bildung ist für die Wirtschaft insgesamt wesentlich.

  • Was muss anders werden im Südtiroler Bildungsbereich?

Das Positive im Land ist, dass Bildung für jeden zugänglich ist. Was zu tun ist: die Berufsmatura ist endlich umzusetzen, ich möchte, dass Fachhochschulen angedacht werden. Außerdem sollen junge begabte Menschen gefördert und andererseits Menschen, die Hilfe brauchen, besser unterstützt werden.

  • Wo fehlt Unterstützung?

Wir haben eine hohe Schulabbrecherquote in Südtirol. Das muss anders werden. Österreich steht bei 18 Prozent, wir weiter über 20 Prozent. Jugendliche, die im Laufe ihrer schulischen Karriere ins Berufsleben eintreten - die Schule verlassen. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Gerade bei der steigenden Arbeitslosigkeit sehen wir, wo keine gute Ausbildung vorhanden ist. Diese Jugendlichen haben es umso schwerer einen Arbeitsplatz zu finden.

Wir haben eine hohe Schulabbrecherquote in Südtirol. Das muss anders werden.

  • Unterstützung für Schüler – und die Lehrer?

Wir haben gut ausgebildete Lehrer, aber da ist einiges zu tun. Die Kurse für die Sonderlehrbefähigung etwa. Seit 2008 ist keine Ausbildung mehr möglich, das sind ja keine Zustände. In Deutschland oder Österreich ist die Lehrerausbildung garantiert, unabhängig davon, ob Stellen frei sind. Hier ist es wichtig mit den Parlamentariern in Rom tätig zu werden. Wir müssen für eine Lehrerausbildung sorgen.

  • Sind unsere Lehrer fit für die steigenden Anforderungen, die an sie gestellt werden?

Vor allem für ältere Lehrpersonen seh ich schon Schwierigkeiten, weil es immer komplexer wird, ein „guter Lehrer“ zu sein. Das Fachwissen allein reicht nicht. Es braucht pädagogisches Feingefühl und eine starke persönliche Motivation. Auch hier muss die Ausbildung der Lehrer verbessert werden.

  • Und die zweite Sprache?

Die Förderung des Sprachenunterrichtes ist entscheidend. Mit Sprachunterricht meine ich die Muttersprache, die Zweitsprache und Fremdsprache. Die Qualität des Sprachenunterrichts muss eindeutig verbessert werden. Durch Teamunterricht, bessere Lehrerausbildung und einer Kontinuität. Wenn Kinder alle Jahre eine andere Person im Italienisch Unterricht haben, das funktioniert einfach nicht.

Wenn Kinder alle Jahre eine andere Person im Italienisch Unterricht haben, das funktioniert einfach nicht.

  • Stundenanzahl erhöhen? Gemischtsprachige Schulen?

Nein, eine Erhöhung der Stunden absolut nicht. Wir haben genug Stunden, die Qualität muss verbessert werden. Eine gemischtsprachige Schule kommt für mich nicht in Frage.

  • Sie treten ja auch dafür ein, dass Jugendliche früher praktische Erfahrungen im Berufsleben sammeln können.

Wenn ich mit Menschen spreche, dann höre ich, dass das ein großes Thema ist. Jugendliche möchten Erfahrungen sammeln. Dürfen aber erst mit 15 Jahren ein Praktikum machen und sind sozusagen zur Untätigkeit verdammt. Das ist sehr schade. Ein Alter von 14 Jahren wäre viel besser, um in die Arbeitswelt hineinzuschnuppern. Jugendliche können sich so ein Bild machen und leichter eine Berufsentscheidung treffen.
 

  • Politik muss praktischer werden?

Es muss ein neues Miteinander zwischen Bürgern und Politik geben. Viele Gesetze gehen an der Realität vorbei. Der Ausgleich der Interessen ist entscheidend. Dafür setze ich mich ein.