Society | Fall Kuhn
Gestutzter Adler

Foto: Haydn Orchester
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Genau das hat Markus Wilhelm getan. Der Ötztaler Blogger hat nicht nur die Affäre um den ehemaligen Leiter der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, aufgedeckt, er bleibt auch weiterhin am Ball.
Nachdem die Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramtes in ihrem Abschlussbericht die Vorwürfe von mehreren Künstlerinnen gegen Kuhn wegen sexueller Belästigung als berechtigt angesehen und die Innsbrucker Staatsanwaltschaft die Ermittlungen in der Causa abgeschlossen hat, forderte Wilhelm auch klare politische Konsequenzen.
Gustav Kuhn war sowohl diesseits wie auch jenseits des Brenners jahrzehntelang ein Liebling der Landespolitik. Der langjährige Leiter des Bozner Haydnorchesters verstand es direkten, persönlichen Kontakt zu den Landeshauptleuten von Nord- und Südtirol zu halten.
Diese politische Kumpanei hat Gustav Kuhn nicht nur Lobeshymen und besondere finanzielle Zuwendungen eingebracht, sondern auch höchste offizielle Auszeichnungen. So hat der damalige Tiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner 1999 dem gebürtigen Steirer den Tiroler Adlerorden verliehen. Es ist die höchste Auszeichnung der Landesregierung für Nicht-Tiroler, deren Beziehungen zum Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind.
Nach Bekanntwerden der möglicherweise auch strafrechtlich relevanten Übergriffe Kuhns, hat Markus Wilhelm mehrmals darauf hingewiesen, dass die Tiroler Landesregierung die Ehrung widerrufen müsse. Wochenlang schwieg die Politik, bis vergangene Woche plötzlich Bewegung in die Sache kam.
Die Nordtiroler Grünen drängten innerhalb der Landesregierung auf ein Aberkennungsverfahren. Und auch die ÖVP musste plötzlich einlenken. Kulturlandesrätin Beate Palfrader erklärte gegenüber der Tiroler Tageszeitung (TT) unmissverständlich, dass mit dem heutigen Wissen für sie eine Ordensverleihung nicht infrage gekommen wäre. Am vergangenen Freitag dann der Paukenschlag.
Laut einem TT-Bericht informierte Gustav Kuhn in einem Schreiben das Land Tirol, dass er den Tiroler Adler-Orden zurückgeben möchte. Der Dirigent dürfte so dem Verfahren auf Aberkennung zuvorkommen.
Markus Wilhelm kommentiert diese Entwicklung mir kritischer Genugtuung: „Obschon die fünf vorgelegten Gutachten der Gleichbehandlungskommission mindestens fünfmal hätten ausreichen müssen, damit die Landespolitik in die Gänge kommt, hat es noch jede Menge - sagen wir - Nachbearbeitung gebraucht, um diesen Erfolg einfahren zu können.“
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Solche Typen aus der Kunst-
Solche Typen aus der Kunst- und Kulturwelt genießen leider oft eine Art Immunität.