Society | Flüchtlinge

"Europa braucht keine neuen Grenzen"

Südtirols Sozialpartner sprechen sich in einem gemeinsamen Dokument gegen einen Grenzzaun am Brenner und für ein "Europa ohne Innengrenzen" aus.

Eine Grenze, die vereint. Es mag paradox klingen, doch die zunehmend sichtbar werdende Brennergrenze sorgt nicht nur für (neue) Teilung. Sondern auch für neue Allianzen, zumindest auf dieser Seite des Brenners. Am Montag wurde bekannt, dass die österreichischen Behörden mit den ersten Vorbereitungsarbeiten für die Errichtung von Grenzbarrieren am Brenner begonnen haben. Heute (13. April), zwei Tage später haben sich die Südtiroler Sozialpartner* getroffen. Ausnahmslos alle Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen haben dabei eine gemeinsame Erklärung bezüglich der Grenzkontrollen an Südtirols Grenzübergängen – insbesondere am Brenner – vereinbart.

In dem zweisprachigen (deutsch-italienisch) Schreiben, das an den italienischen Regierungspräsidenten Matteo Renzi, den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann und an die drei Landeshauptleute der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino Arno Kompatscher, Ugo Rossi und Günther Platter gerichtet ist, sprechen sich die Sozialpartner klar gegen die Schaffung von Innengrenzen in Europa und folglich für ein “Nein zum Grenzzaun am Brenner” aus. “Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr ist eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union. Dies beizubehalten muss prioritäres Ziel der Europäischen Union und eines jeden Mitgliedsstaates sein. Europa braucht keine neuen Innengrenzen, sondern eine Stärkung des europäischen Leitgedankens, welcher in den letzten 70 Jahren unserem Kontinent Frieden und Wohlstand garantiert hat”, fasst Philipp Moser, Präsident des Südtiroler Wirtschaftsringes, die Grundhaltung der Sozialpartner Südtirols zusammen.

Um die Flüchtlingskrise zu überwinden, brauche es eine gemeinsame europäische Lösung, ist man sich mit zahlreichen lokalen, nationalen und europäischen Politikern einig. Diese Lösung müsse eine Sicherung der Außengrenzen der EU vorsehen, die Solidarität unter den Mitgliedsländern fördern und an die Ursachenbekämpfung in Form einer direkten Unterstützung der Krisenregionen anknüpfen, so die Sozialpartner.

Hilfe vor Ort, die hat sich das Land Südtirol in Sachen Entwicklungszusammenarbeit groß auf die Fahnen geschrieben. In den vergangenen Tagen wurde eine Lieferung Lebensmittelpakete an 1.090 Familien in und um die Stadt Binnish in der syrischen Region Idlib zugestellt – mit finanzieller Unterstützung aus Südtirol. Idlib wurde Ende März fünf Mal bombardiert. Das Notstandsprojekt für Familien, an dem sich das Land Südtirol mit 20.000 Euro beteiligt, wurde von der Bozner Hilfsorganisation Ai.Bi. und der syrischen Partnerorganisation Children Relief ins Leben gerufen.


* Autonomer Gewerkschaftsbund (AGB.CGIL), Autonomer Südtiroler Gewerkschaftsbund (ASGB), Confesercenti Alto Adige, Confprofessioni, Handels- und Dienstleistungsverband (hds), Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV), Legacoopbund, Raiffeisenverband Südtirol, Südtiroler Bauernbund, Südtiroler Gewerkschaftskammer (UIL-SGK), Südtiroler Gewerkschaftsbund (SGB-CISL), Südtiroler Vereinigung der Handwerker und Kleinunternehmer (SHV), Unternehmerverband Südtirol, Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister (lvh). Initiator ist Südtiroler Wirtschaftsring – Economia Alto Adige

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gorgias Thu, 04/14/2016 - 12:47

Diese Lösung müsse eine Sicherung der Außengrenzen der EU vorsehen, die Solidarität unter den Mitgliedsländern fördern und an die Ursachenbekämpfung in Form einer direkten Unterstützung der Krisenregionen anknüpfen, so die Sozialpartner.

Wer keine Innengrenzen will, muss für besser kontrollierte Außengrenzen sein.
Anscheinend hat das endlich jemand verstanden.

Thu, 04/14/2016 - 12:47 Permalink
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Benno Kusstatscher Thu, 04/14/2016 - 16:08

In reply to by gorgias

Und wie stellst Du Dir das konkret vor? Sollen wir das Mittelmeer noch etwas tiefer puddeln? Kanonensalven vor Lesbos? Sorry, ich halte das für eine seichte Floskel eines Binneneuropäers, die nur darauf abzielt, das Problem von der eigenen Haustür in die unbestimmte Ferne zu schieben, ohne ernsthaft an einer wirklichen Problemlösung arbeiten zu wollen.

Thu, 04/14/2016 - 16:08 Permalink
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gorgias Thu, 04/14/2016 - 17:24

In reply to by Benno Kusstatscher

Eine ständige europäische Eindwanderungs- und Grenzschutzbehörde zu gründen die natürlich durch EU-Gelder finanziert wird. Natürlich soll Deutschland und Österreich und andere günstig gelegerne Länder dafür Zahlen dass die Mittelmeerländer die Arbeit übernehmen. Die Behörde sollte direkt dem EU-Parlament und Kommision unterlegen und es sollen europäische Standards für die Aufenthaltslager gelten die Direkt von EU-Behörden kontrolliert werden. Die Flüchtlinge sollen sofort und einmal mit biometrischen Daten erfasst werden und in einer europäischen Datenbank eingespeisst, somit können sich diese sparen Papiere wegzuschmeissen oder sich mehrmals welche ausstellen zu lassen, wie es auch manche Attentäter getan haben.
Die Kontrollen im Mittelmeer müssen natürlich intensiviert werden.

Das Asylrecht muss sowieso in einer Gesellschaftsdebatte überdenkt werden. Es hat keinen Sinn Menschen reinzulassen aus Konfliktzonen, die kaum wo sich eingerichtet haben, ihre Konflikte bei uns weiter führen.

Die EU ist in erster Linie seinen Bürgern verpflichtet. Bei der Erfüllung von humanitären Einsetzen sollen wir uns unserer Grenzen bewußt sein und nicht überheblich werden.

Das ist auf alle Fälle billiger als mitten in Europa die Grenzen zu schließen.

Flüchtlinge die hier ankommen haben natürlich gewisse Regeln zu folgen. Wer sich außerhalb einer bestimmten Region bewegt verliert automatisch jede Form von Aufenthaltsrecht und wird bis zu seiner Abschiebung interniert.

Thu, 04/14/2016 - 17:24 Permalink
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gorgias Thu, 04/14/2016 - 18:23

In reply to by Mensch Ärgerdi…

Dass wenn jemand in Italien registriert wurde und als Auflage erhält nicht Italien oder eine bestimmte italienische Region zu verlassen und auf einmal in Deutschland auftaucht, sich nicht zu wundern braucht, wenn ihm das am Ende nichts gebracht hat, weil er dann festgehalten wird bis er ausreisen kann.

Thu, 04/14/2016 - 18:23 Permalink
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Benno Kusstatscher Fri, 04/15/2016 - 00:01

In reply to by gorgias

Gorgias, Deine Antwort ist leicht ambivalent. Erst präzisierst Du "besser kontrolliert" als "besser registrierend" wogegen ja kaum jemand einen Einwand erheben wird. Dann sprichst aber wieder davon, dass man ja nicht jeden hereinlassen kann usw. also im Sinne von "besser geschützt". Dabei übersiehst Du, dass sich eben wegen diesen Reisebeschränkungen ala Dublin zu den nichtregistrierten Migranten kommt, weil jeder weiß, er muss bleiben, wo er registriert wurde. Ergo: lass dich erst registrieren, sobald du im Wunschland angekommen bist und beibe bis dahin illegal.

Fri, 04/15/2016 - 00:01 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Thu, 04/14/2016 - 17:03

Überall bekommt man die gleiche Suppe serviert: Außengrenzen sichern, gemeinsam Flüchtlinge unterbringen und die Probleme an der Wurzel packen.
Diesen Appell hätten sich die Sozialpartner getrost sparen können, somit tun sie nichts anders als sich in der großen Familie der europäischen Schwätzer ein.

Thu, 04/14/2016 - 17:03 Permalink