Chronicle | Verwaltungsgericht

Keine schöne Optik

Andreas Pöder geht davon aus, dass die Ernennung eines Anwalt der Landesregierung zum Bozner Verwaltungsrichter dem geltenden EU-Recht widerspricht.
Verwaltungsgericht Bozen
Foto: Othmar Seehauser
Der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder, hält die jüngste Ernennung des bisherigen Vize-Direktors im Rechtsamt der Landesregierung Stefan Beikircher zum Bozner Verwaltungsrichter durch die Mehrheit des Landtages für EU-Rechts-widrig und als Verstoß gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Februar dieses Jahres. „Diese Ernennung durch die Mehrheit des Landtages ist ein Anschlag auf die Unabhängigkeit des Bozner Verwaltungsgerichtes“, so Pöder.
Die Mehrheit des Landtages hat am 27. Juli 2018 den bisherigen Vize-Amtsdirektor der Anwaltschaft der Landesregierung Stefan Beikircher zum Verwaltungsrichter gewählt. „Jenseits der sicherlich vorhandenen fachlichen Kompetenz des Gewählten, ist die Ernennung nach Ansicht des Landtagsabgeordneten kein gutes Signal an die Bürger“, meint Andeas Pöder. Denn der bisherige Vize-Chef der Anwaltschaft des Landes, Stephan Beikircher, war sozusagen der amtliche Anwalt des Landeshauptmannes bzw. der Landesregierung, auch bei Verfahren von Bürgern gegen die Landesverwaltung.  
Andreas Pöder geht davon aus, dass mit dieser Ernennung nicht nur die Prinzipien der Richterunabhängigkeit, der Gewaltenteilung und der Rechtsstaatlichkeit verletzt werden, sondern auch die EU-Grundrechtecharta.
Der Europäische Gerichtshof ermahnte in einem Urteil zur portugiesischen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Febuar 2018 der EuGH alle Mitgliedsstaaten, dass Richter ihre Funktionen „in völliger Autonomie“ ausüben können, „ohne mit irgendeiner Stelle hierarchisch verbunden oder ihr untergeordnet zu sein und ohne von irgendeiner Stelle Anordnungen oder Anweisungen zu erhalten.“
 
Diese Objektivität und Unparteilichkeit sowie Unabhängigkeit des neu ernannten Richters ist nicht im notwendigen Maße gegeben“, meint Pöder. Der neue Bozner Verwaltungsrichter war zum Zeitpunkt seiner Wahl durch den Landtag noch hoher Beamter der Landesverwaltung und somit Teil der Landesverwaltungshierarchie.
Der Abgeordnete unterstreicht, dass er diese Bedenken auch im Rahmen der Sitzung der Abgeordneten der deutschen Volksgruppe, welche der Wahl im Landtag vorschriftsmäßig vorausgegangen war, geäußert habe.
Das Verwaltungsgericht hat in Fällen zu urteilen, in denen in der Regel Private bzw. Bürger gegen Entscheidungen der Verwaltung klagen, weil sie sich von der öffentlichen Verwaltung nicht rechtmäßig behandelt fühlen“, sagt Andreas Pöder. Und weiter: „Wenn dann Landeshauptmann und Mehrheitskoalition ausgerechnet einen Bewerber zum Verwaltungsrichter wählen, der quasi sein Büro bislang neben dem des Landeshauptmannes hatte und diesem auch unterstand, dann wird die Optik zwangsläufig schwierig“.
Tatsache ist: In mehr als der Hälfte aller Verfahren am Bozner Verwaltungsgericht ist das Land direkt oder indirekt als Prozesspartei verwickelt. In allen diesen Verfahren wird Stefan Beikircher jetzt als Richter seinen langjährigen Vorgesetzen, Mitarbeitern und Untergebenen gegenübersitzen.
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Manfred Klotz Mon, 08/13/2018 - 18:44

Der Pöder wirft dem Richter - der ja dann nicht mehr Landesangestellter ist - also vor parteiisch zu sein. Würde mich nicht wundern wenn der Richter in spe kontert und ihm so richtig eine vor den Latz knallt.

Mon, 08/13/2018 - 18:44 Permalink