Theater im Winkel
Der Wettergott war gnädig am Premierenabend am 9. August auf Schloss Winkel. Auf der gekonnt minimalistisch angelegten Bühne im Schlosshof entfaltete sich unter der Regie von Gerhard Weber ein Erbschaftsstreit, wie er in jeder dritten Südtiroler Familie vorkommen könnte: Ein Landwirt hat zwei Töchter, die ältere hat ihre Lebensträume der Arbeit auf dem Hof zuliebe geopfert, die andere hat sich in ein Stadtleben voller Selbstzweifel und Exzesse geflüchtet.
Den Hof erbt Margret, die Ältere, das scheint klar. Jedoch sind sich Vater und Tochter irgendwann über die Führung des Betriebs nicht mehr einig und während Margret den Vater als geistig unzurechnungsfähig erklären und entmündigen will, überlegt dieser, ob nicht doch Kristl, die Jüngere, eine geeignetere Erbin wäre.
Ungewöhnlich und originell in Zaglers Konstellation ist jedoch, dass nicht die junge Generation erkennt, dass die gewaltsame Ausbeutung des Bodens und der exzessive Einsatz von Pestiziden das Land langfristig zerstören und ein Umdenken und Umkehren dringend nötig ist, sondern der Vater. Margret sieht ihrerseits nur den Profit und hält eine Umstellung des Betriebs für einen finanziellen Selbstmord.
Und so nimmt der Konflikt seinen Lauf, oder genauer gesagt, die Konflikte. In „Die Erbinnen“ scheint nämlich jeder mit jedem im Konflikt zu stehen: der Vater mit Margret, Margret mit ihrer Schwester – und das gleich doppelt (sie streiten um die Erbschaft und Margrets Freund Max), Kristl mit dem Vater und sich selbst, der Vater mit den Feldarbeiter*innen und mit Max, Max mit seinem Bruder etc. Das bringt eine Menge Zorn auf die Bühne, und gerade zu Beginn auch viel undifferenziertes Geschrei. Während die ersten Szenen hauptsächlich vom großartigen Spiel von Monika Pallua als Margret getragen werden, verleiht Erich Furrer der Figur des Vaters im Laufe des Stücks immer mehr Tiefe und brilliert im letzten Drittel.
Erwähnenswert ist auch Oswald Waldner als ruhiger und besonnener Vertrauter des Vaters, und nicht zuletzt die wunderbare Ines Maria Schmiedt als zerrüttete Kristl.
Fraglich ist hingegen, ob aus dramaturgischer Sicht die Feldarbeiter*innen und Max‘ Bruder als ihr Aufwiegler tatsächlich nötig sind. Gerade deren Gesangseinlagen sind trotz einiger hochmotivierter Laienschauspieler*innen eher unglücklich geraten und verzögern den Handlungsverlauf unnötig. In der zweiten Hälfte zieht der Regisseur Gerhard Weber das Tempo aber gekonnt an und inszeniert ein – denn das Beste kommt ja oft und gerne zum Schluss – packendes und unpathetisches Finale.