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Der Ausbau

Das Mittewalder Kleinkraftwerk Stein an Stein wird jetzt erweitert. Weil die Eigentümer alle Rekurse gewonnen haben, will man mit dem Neubau beginnen.

Petra Windt ist eine vielbeschäftigte Frau. Die Wiener Unternehmerin kann der Vorladung des Landesgerichtes Bozen im laufenden Prozess um die Änderung des Wassernutzungsplanes nicht nachkommen. Windt soll deshalb per Videokonferenz angehört werden.
Vor wenigen Tagen wurden Emissäre von Petra Windt in der Gemeinde Franzensfeste vorstellig. Im Namen der „Stein an Stein Italia GmbH“ wollten sie um die Baugenehmigung für das neue Kraftwerk in Mittewald ansuchen. Die Reaktion der Gemeindeämter auf die Anfrage: Nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen braucht es für Kraftwerkserweiterungen keine Baugenehmigung der Gemeinde mehr. Diese wird gleichzeitig mit der Projektgenehmigung und der Ausstellung der Konzession durch das Land erteilt.
Im Umkehrschluss: Den Bau des neuen Stein-an-Stein-Kraftwerks in Mittewald steht nichts mehr im Wege. „Wir gehen davon aus, dass man in der nächsten Zeit mit den Arbeiten beginnt“, heißt es in der Gemeinde Franzensfeste.

Das Skandal-Kraftwerk

Der Skandal um den Kauf des Kleinkraftwerks durch Petra Windt, eine Wiener Studienfreundin des ehemaligen SEL-Direktors Maximilian Rainer, die Bürgschaften und Verwicklungen des Brunecker Wirtschaftsberaters Franz Pircher und des Auer Rudolf Stocker ist seit Jahren in mehreren Gerichtsverfahren aufgerollt worden.
Der ehemalige SEL-Präsident Klaus Stocker und Ex-Aufsichtsratspräsident Franz Pircher sind in zwei Instanzen für schuldig befunden worden. Die letzte Entscheidung fällt noch diese Woche. Das Kassationsgericht wird das letztinstanzliche Urteil veröffentlichen. Aber auch der ehemalige SEL-Direktor Maximilian Rainer wurde im selben Verfahren in erster Instanz verurteilt.

Das Kassationsgericht wird das letztinstanzliche Urteil veröffentlichen.

Auch im derzeit vor dem Bozner Landesgericht laufenden „Stein-an-Stein 2“-Verfahren, in dem Michl Laimer, Maximilian Rainer, Klaus Stocker und Franz Pircher angeklagt sind, geht um die zentrale Frage, wer die wirklichen Besitzer des Mittewalder Kleinkraftwerkes sind.
Aus den bisherigen Verfahren geht eindeutig hervor, dass die Besitzerin Petra Windt ihr angebliches Kraftwerk nie gesehen hat und auch den Geldgeber, Rudi Stocker. Bruder des ehemaligen SEL-Präsidenten nicht gekannt hat. Die Staatsanwaltschaft ist deshalb der Meinung, dass Windt nur eine Strohfrau sei. Die Gerichte sind ihren Urteilen dieser These bisher gefolgt.
Petra Windt hingegen hat im Laufe des Verfahrens ihre Taktik geändert. Während sie in der Ermittlungsphase recht offen zu verstehen gab, dass die verdeckten Besitzer des Kraftwerks in Südtirol sitzen, erklärte sie vor Gericht, dass sie allein die Besitzerin der Stein an Stein Italia GmbH und damit des Mittewalder Kleinkraftwerks sei.
Der Grund für diese Wendung ist das Geschäft mit dem Strom.

Der Konzessionsentzug

Denn außerhalb des Gerichtssaales tut sich in diesen Jahren einiges. Im Sommer 2011 erlässt der Landtag ein neues Gesetz nach dem alle Betreiber von Wasserkraftwerken ihre Besitzverhältnisse und mögliche Treugeber offen legen müssen. Wer das nicht innerhalb von 60 Tagen tut, dem droht laut Gesetz der Konzessionsentzug.
Im September 2011 legte der damalige Landesrat Michl Laimer die Ergebnisse der Untersuchung vor. Dabei kamen zwei Fälle von möglichen Treuhand-Beteiligungen zum Vorschein. Eine davon war das Kraftwerk der „Stein an Stein GmbH“.
Bereits am 10. Oktober 2011 geht beim Amt für Stromversorgung eine schriftliche Eingabe mit der Forderung ein, der Stein an Stein GmbH wegen eindeutigem Verstoß gegen das Landesgesetz die Konzession zu entziehen. Amtsdirektor Hans Unterholzer übermittelte die Eingabe mit allen Angaben zum Mittewalder Kleinkraftwerk daraufhin der Anwaltschaft des Landes.
Doch ein dreiviertel Jahr tut sich überhaupt nichts. Erst als Oberstaatsanwalt Guido Rispoli am 5. Juni 2012 seine Ermittlungsergebnisse schriftlich mitteilt und erklärt, „dass Petra Windt und Martin Kofler, die Gesellschafter des Unternehmens Stein an Stein in Wirklichkeit nur Treuhänder für Maximilian Rainer, Franz Pircher, Klaus und Rudolf Stocker sind“, kommt das Land unter Zugzwang.
Schön langsam leitet man das Verfahren ein. Am 19. November 2012 informiert der damals zuständige Landesrat Florian Mussner die Landesregierung dass die Wasserkonzession zur Stromproduktion der Gesellschaft Stein an Stein nun widerrufen worden sei.

Die Aussetzung

Trotz Prozessen läuft das Geschäft mit dem Mittewalder Kleinkraftwerk aber lukrativ weiter, so als wäre nichts gewesen. Die Stein an Stein-Kraftwerk produziert jährlich in Mittewald rund 2,2 Millionen Kilowattstunden Strom. Der Strom wird an die Stadtwerke Brixen verkauft. Die Stromproduktion und der Verkauf bringen im Jahr zwischen 150.000 und 170.000 Euro ein.
Auch nach dem Konzessionsentzug produziert man in Mittewald ungehindert weiter. Denn unmittelbar nach dem Beschluss der Landesregierung rekurriert die Stein an Stein Italia GmbH beim obersten Wassergericht in Rom, gegen den Konzessionsentzug.
Der römische Wassermagistrat setzte den Entzug am 22. Mai 2013 durch eine Dringlichkeitsverfügung vorläufig aus.

Zulauf zum Kraftwerk in Mittewald: Stromproduktion ohne Unterbrechung.

Das Verwaltungsgericht

Bereits im Sommer 2008 reicht die Stein an Stein GmbH das Projekt für die Erweiterung des Kraftwerk beim Land ein. Das vom heutigen Präsidenten der Brennerautobahn AG, Walter Pardatscher, vorgelegte Projekt sieht den Bau eines neues Kraftwerk auf der gegenüberliegenden Flussseite zum heutigen Standpunkt vor.
Im Frühjahr 2009 lehnt die Dienststellenkonferenz den Antrag ab. Nach einem Rekurs der Betreiber genehmigt die Landesregierung aber im August 2009 das Erweiterungsprojekt. Am 22. März 2010 stellt das Amt für Stromversorgung die neue Konzession GD 6101 für die Stein an Stein GmbH aus.
Die Stein an Stein GmbH hat damit eine gültige Konzession mit der sie das Werk auf eine mittlere Nennleistung 1.230,26 KW potenzieren kann. Das Ergebnis ist eine Verdreifachung der Produktionsmenge.
Durch die gerichtlichen Ermittlungen und durch den Konzessionsentzug vonseiten des Landes verzögert sich aber der geplante Bau des neuen Kraftwerks. Laut Konzession und Beschluss müssen die Betreiber aber innerhalb von zwei Jahren mit den Bau beginnen.
Kurz vor dem Entzug der Konzession und ein zweites Mal im Sommer 2013 suchen die Betreiber beim Land um einen Aufschub für den Baubeginn an. Beide Male erhält die Stein an Stein GmbH aber keinerlei Antwort. Deshalb zieht Rechtsanwalt Alfred Mulser für seine Klienten vor das Bozner Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht nimmt am 9. April 2014, den Rekurs an und verfügt, dass das Land den Aufschub gewähren muss.

Die Niederlage

Später folgt dann das Urteil des obersten Wassergerichtes. Es gibt der Stein an Stein Italia GmbH Recht und annulliert den Konzessionsentzug durch das Land. Vor einigen Wochen musste die Landesverwaltung – still und leise - den Konzessionsentzug rückgängig machen.

Vor einigen Wochen musste die Landesverwaltung – still und leise - den Konzessionsentzug rückgängig machen. 

Damit ist auch das von Walter Pardatscher vorgelegt Projekt genehmigt. Durch eine zwischenzeitliche Gesetzesänderung braucht es auch keine Baugenehmigung vonseiten der Gemeinde mehr. Das Unternehmen hat schon vor Jahren den Grund erworben, auf dem das neue Werk entstehen soll. In Franzensfeste erwartet man deshalb einen baldigen Baubeginn.
Die Situation wird immer absurder.
Während derzeit in der großen Aula Bozner Landesgerichts noch einmal der gesamte Fall um das Mittewalder Kleinkraftwerk und seine eigentlichen Hintermänner und die verdeckten Besitzer aufgerollt wird, geht das Business einfach weiter.
So als wäre nichts gewesen.
Vielleicht sieht man am Ende, wer das Geld aus dem Stromverkauf kassieren wird.