Politics | Aus dem Blog von Thomas Bauer

Reichtum für wen? Der Fluch der natürlichen Ressourcen

Von vielen werden die Mineralienfunde als großes Potenzial angepriesen, sie sind das Motiv für stolze Auftritte der Politiker und Minenbesitzer. So auch im Bundestaat Bahia, im Nordosten Brasiliens, denn dort befinden sich große Mineralienvorhaben. Viele sprechen sogar von der größten Vielfalt in ganz Brasilien. Laut den nationalen Statistiken handelt es sich um den viertgrößten Produzenten, was die Förderung des Mineralienabbaus betrifft. Wenn man allerdings auf neue Reserven stößt, bedeutet das für einen Großteil der vielfach ländlichen Bevölkerung nicht immer nur Gutes. Viele von ihnen wissen mittlerweile nur allzu gut, was es mit dem „Fluch der natürlichen Ressourcen” auf sich hat.
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Im Bezirk Caetité, im Hinterland von Bahia, 750km von der Bundeshauptstadt Salvador entfernt, bekommen der- zeit Hunderte von traditionell lebenden Kleinbauernfamilien die Auswirkungen sehr deutlich zu spüren. Es ist noch nicht lange her, dass der Bergbaukonzern Bahia Mineração (BAMIN), seit 2008 unter der Hand des kasachischen Aktionärs Eurasian Natural Resources Corporation (ENRC) mit seinen Forschungen und den ersten Probebohrungen begann. Seitdem hat sich die Realität schlagartig verändert. Heute haben viele der dort ansässigen Familien Angst, ihre Wasserquellen und ihr Land zu verlieren.

Im Jahr 2009 wurden sie von den zuständigen Behörden eingeladen, um während einer öffentlichen Anhörung mehr über die Zukunftspläne der BAMIN zu erfahren. Bei dieser Gelegenheit versuchten die Verantwortlichen des Bergbaukonzerns den Familien zu vermitteln, dass sich ihre Situation in keiner Weise verändern werde. Schon damals stieß dieser Versuch auf große Skepsis von Seiten der Bevölkerung.

Nun, nach gut vier Jahren, zeigt sich, dass all die Besorgnis keineswegs unbegründet war. Der Bergbaukonzern zäunte bereits den Großteil des umliegenden Gebietes ein, sodass den Kleinbauern und Kleinbäuerinnen immer weniger Platz in ihren Dörfern bleibt, um sich ihren Lebensunterhalt abzusichern.

„Früher haben wir unsere Tiere auf die offenen Weideflächen hinausgetrieben. Dort hatten sie immer genug zum Fressen und Wasser vorgefunden”, schildert Edson Fernandes Rocha die heutige Lage. „Außerdem sammelten wir dort Früchte, Naturheilkräuter und Holz. Seit der Zeit unserer Urgroßeltern nützen und schützen wir diese Flächen und Wasserquellen, doch nun hat die Firma (BAMIN) sie eingezäunt und uns verboten sie zu betreten”, erzählt er weiter. Der Kleinbauer Edson ist aus dem direkt betroffenen Dorf João Barroca, er lebt dort seit seiner Geburt.

Die neu errichteten Stacheldrahtzäune mit Zutrittsverbotstafeln alle paar Meter sprechen eine klare Sprache. In diesem bereits eingezäunten Gebiet, von dem Edson Fernandes Rocha spricht, entspringt eine der wichtigsten Wasserquellen der Region, der Bach Pedra de Ferro. Ein wahres Paradies, mit intakter Vegetation, meterhohen Bäumen und undurchdringbarem Wald, inmitten der von der langanhaltenden Trockenzeit gepeinigten Vegetation. In diesem Tal sind die Wasserquellen, die für die Bevölkerung den größten Reichtum darstellen und sie tagtäglich mit dem kühlen Nass versorgen.

Genau hier verschärfte sich vor einigen Wochen der Konflikt zwischen den Kleinbauernfamilien und den Verantwortlichen des Bergbaukonzerns. Denn ausgerechnet hier will die BAMIN eine riesige Staumauer aufziehen und seine Abwässer und Bohrschlämme hineinleiten. Zu diesem Zweck wollten über 50 Männer, ausgerüstet mit potenten Motorsägen, diese Vegetation zerstören. Zum Glück konnte dies vorerst durch die lokal ansässigen Familien verhindert werden. Als sie von diesem Unterfangen erfuhren, versperrten sie den Bauarbeitern und ihren Maschinen die Zufahrt und zwangen sie wieder abzumarschieren. „Wasser bedeutet Leben. Wenn sie diesen Wald roden, werden sie uns um unseren größten Reichtum bringen, sie werden nämlich das Wasser und unsere Existenz zerstören”, schilderte uns Jânio Cotrim aus dem Dorf Baixa Preto die dramatische Situation.

In der Folgezeit sprachen die Familien beim verantwortlichen Staatsanwalt vor, schilderten die Sachlage und reichten Beschwerde gegen dieses Vorhaben ein. Im Gegensatz zu der fahrlässig durchgeführten Umweltverträglichkeits-prüfung, in der es heißt, dass nur drei Familien von diesen Wasserressourcen abhängig sind, handelt es sich laut Studie der CPT Bahia um insgesamt 3.500 Familien in den Bezirken Caetité und Pindaí.

All diese Familien erwarten sich nun Unterstützung der Staatsanwaltschaft gegen dieses irrsinnige Bauvorhaben. Für sie ist es schlichtweg unvorstellbar, dass ihre Wasserquellen mit Abwässern und Schlämmen der BAMIN verdreckt und zugeschüttet werden sollen. „Wir hoffen, dass wir weiterhin dieselben Rechte und den Zugang zu unserem Territorium ha- ben werden. Wir waren schon hier, bevor die Firma gekommen ist. Aber niemand weiß was die Zukunft bringen wird und ob die nächste Generation noch wissen wird, wo unsere Rinder weideten,” so Edson Fernandes Rocha. Eines ist sicher. Sollte dieses Gebiet gerodet werden, verlieren viele Bauernfamilien ihre Lebensgrundlage und für sie gibt es keine Alternativen.