Chronicle | Justiz

Die Schwergeburt

Ein halbes Jahr nach der Verurteilung von Katia Tenti und Antonio Dalle Nogare liegt immer noch keine Urteilbegründung vor. Dabei naht die Verjährung.
tenti_dalle_nogare.jpg
Foto: upi
Nicht nur im Gerichtspalast ist man verwundert.
Am 13. Juni 2019 verurteilte das Richterkollegium, Carlo Busato, Stefan Tappeiner und Ivan Perathoner im  Schwurgerichtssaal Katiusca Tenti und Antonio Dalle Nogare werden wegen Offenbarung und Nutzung von Amtsgeheimnissen oder Beihilfe dazu (Art. 326/3) und wegen Beeinflussung der Wahlfreiheit in einem Auswahlverfahren (Art. 353 bis Strafgesetzbuch) zu zwei Jahre (Tenti) und zu 2 Jahre und drei Monate Haft (Dalle Nogare).
Es war das vorläufige Ende eines langwierigen Justizfalles, der vor fast genau sieben Jahren mit einer Eingabe des damaligen Bozner M5S-Gemeinderates Alberto Fillippi bei der Staatsanwaltschaft Bozen begonnen hatte. Nach Ermittlungen der Carabinierisondereinheit ROS und dem Einsatz modernster Abhörtechnik gelang es dem heute amtierenden Chefstaatsanwalt Giancarlo Bramante den Richtersenat von der unlauteren Vorgangsweise der langjährigen Ressortdirektorin Katia Tenti und deren damalige Partner, dem Unternehmer Antonio Dalle Nogare zu überzeugen. Das Gericht folgte der Anklage und sprach beide Angeklagte schuldig.
Wir müssen die Urteilbegründung abwartet“, erklärte Tentis Anwalt Carlo Bertacchi nach der Urteilverkündigung, „wahrscheinlich werden wir aber Berufung gegen das Urteil einlegen“.
Das Problem dabei: Diese Urteilsbegründung liegt auch heute, genau ein halbes Jahr nach der Verurteilung immer noch nicht vor.
Dabei sehen das Strafgesetz und das Prozessrecht vor, dass das schriftliche Urteil spätestens 90 Tage nach dem Urteilsspruch vorliegen muss. Weil die Gerichtsferien im August bei dieser Zeitrechnung abgezogen werden müssen, wäre das im Fall Tenti-Dalle-Nogare im Oktober der Fall gewesen.
 
 
Inzwischen aber sind genau 180 Tage vergangenen und der Vorsitzende Richter Carlo Busato hat die Urteilbegründung immer noch nicht hinterlegt.
Bei den 90 Tagen handelt sich um eine Ordnungsfrist“, erklärt ein renommierter Strafrechtler gegenüber salto.bz, „deshalb passiert auch nichts, wenn man diese Fristen nicht einhält“. Es passiert öfters, dass Urteile später hinterlegt werden. Meistens aus einem einfachen Grund: Die Richter und Richterinnen am Bozner Landesgericht sind chronisch mit Arbeit überlastet.
Dabei kommt im Fall Tenti/Dalle Nogare aber ein anderes brisantes Problem dazu: Durch diese Verzögerung rückt eine mögliche Verjährungsfrist immer näher.
Katiusca Tenti und Antonio Dalle Nogare haben die Straftaten für die sie beschuldigt wurden 2012/2013 begannen. Ein Teil der Straftaten dürfte bereits im nächsten Jahr verjähren. 
Das heißt jede Woche in der die Urteilbegründung ausbliebt, können Tenti, Dalle Nogare und ihre Verteidiger aufatmen.
Denn es wird immer realistischer, dass die Straftaten verjähren, bevor das Urteil in letzter Instanz durchgefochten und damit rechtskräftig wird.
Bild
Profile picture for user Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler Fri, 12/13/2019 - 22:56

""Am 13. Juni 2019 verurteilte das Richterkollegium, Carlo Busato, Stefan Tappeiner und Ivan Perathoner den Schwurgerichtssaal..." um die Justiz ist es wirklich schlecht bestellt, wenn jetzt schon Schwurgerichtssäle verurteilt werden, während man Kriminelle laufen lässt.

Fri, 12/13/2019 - 22:56 Permalink