Culture | Salto Afternoon

Verborgenes Menschenbild

Georg Thuille hat einen besonderen Werdegang zum freien Künstler hinter sich, der ihn am Ende sogar in die Innsbrucker Hofburg führte. Zu seiner eigenen Ausstellung.
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Foto: Salto.bz

„Georg Thuille ist der ganz andere Künstler“, schreibt der Kunsthistoriker Leo Andergassen in der von Schloss Tirol herausgegebenen Publikation Menschenbilder aus dem Jahr 2022, die gegenwärtig in den Räumen der Hofburg in Innsbruck aufliegt. Sie zeigt, wie auch die dortige Ausstellung, Arbeiten des in Algund wohnhaften Künstlers. Tatsächlich ist Georg Thuille der etwas andere Künstler, denn sein Selbstverständnis vom Künstlersein steht zu dem vieler anderer Künstler und Künstlerinnen vollkommen konträr. Thuille gestaltet seine Bilder, nicht etwa um sie verkaufen zu wollen, oder um sich in Sammlungen oder in den Wohnstuben von Gönnerinnen oder Gönnern zu verewigen, nein: Thuille macht(e) die Kunst vor allem für sich, aus Freude am Schaffen. Und er hat sich dadurch eine ursprüngliche und unbedarfte Lebensart erhalten. Seine Arbeiten waren (durch sein Eigenverschulden?) im gängigen Kunst- und Kulturbetrieb des Landes über Jahrzehnte so gut wie unbekannt geblieben. Bis zu seiner Entdeckung.
 


Thuille sei einer „der sich immer versteckt hielt“, betont Leo Andergassen, der an der Entdeckung des Künstlers nicht ganz unbeteiligt ist, auch wenn der Direktor von Schloss Tirol beschwichtigt: „Ich würde nicht sagen, dass ich ihn entdeckt habe, vielmehr hat mich der Filmemacher Gottfried Deghenghi, mal mit ihm bekannt gemacht, so dass ich Einblick ins Atelier bekam.“ 
 


Georg Thuille kam 1946 in Hohenweiler, der nördlichsten Gemeinde des österreichischen Bundeslands Vorarlberg, zur Welt. Im Zuge der Option in Südtirol hatten seine Eltern das heimatliche Taufers im Münstertal 1939 verlassen und kehrten erst wieder im Jahr 1950 zurück. Schon früh zeigte sich sein Talent für das Zeichnen und Malen. In den 1960er Jahren absolvierte Thuille seine Ausbildung an der Gewerbefachschule für Malerei und Grafik in Innsbruck und unmittelbar danach unterstütze der junge Student den Künstler Karl Plattner bei der Ausmalung der Europakapelle an der Europabrücke. „Freie Pinselführung, Exaktheit im Strich, die Schnelle in der Ausführung“, schreibt Andergassen in seinen Ausführungen, das habe „Thuille nicht in der Fachschule, sondern bei Plattner gelernt.“ 
 


„Da war ich 18 Jahre“, erinnert sich Georg Thuille an die "malerischen" Monate mit Karl Plattner. Diese Zeit habe ihm „schon einiges mit auf den Weg gegeben“, erzählt er, beispielsweise: das Beobachten, „wie ein freier Künstler arbeitet. Als er sah, „wie der Herr Plattner den Pinsel laufen ließ und das freie Übertragen von der Vorzeichnung auf die Mauer, mit nur zwei, drei Punkte ansetzend, fertigbrachte“, sei er richtig begeistert gewesen. Es ist eine Begeisterung, die bis heute anhält. 
Die beiden „Obervinschger“ arbeiteten nicht nur für einige Monate gut zusammen, Plattner – er bezeichnete Thuille als seinen „Schüler" – wollte den jungen Kunstliebhaber auch weiter fördern und ihn nach Mailand an die Kunstakademie verweisen. Doch der junge Thuille hatte anderes vor. „Ich musste Geld verdienen, machte im Anschluss meine Meisterprüfung in Innsbruck und startete mit einem selbstständigen Betrieb“, erzählt er rückblickend. Im Bereich Kirchenmalerei, Kirchenrestauration arbeitete Thuille dann bis zu seiner Pensionierung. Und was machte er künstlerisch im Verborgenen?
 


„Die Kunst war immer in mir drinnen“ sagt er leicht spitzbübisch, „in der Freizeit, da malte ich meine Sachen.“ Zunächst auf Leinwand, dann aber, weil es ein Zufall so wollte, auf Metall. Bei „einem Vorfall im Betrieb“, erinnert er sich, passten „die gelieferten Metallplatten nicht für das vorgesehene Projekt“ und so versuchte „ich zum ersten Mal mit den Platten zu arbeiten.“ 
 


Noch bis zum 26. März sind Thuilles Metallarbeiten und Malereien auf Leinwand in der Innsbrucker Hofburg zu sehen. „Das war ein Traum von mir, der in Erfüllung ging“, freut sich der zurückhaltende Künstler und schließt damit „seinen Kreis“, der ihn nach seiner Ausbildung in Innsbruck nun wieder in die Alpenstadt führte.