Entlassungen: was sollte man wissen?

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Arbeitsrechtsreform zwischen Traum und Wirklichkeit! Hat in den letzten zehn Jahren der Jobs Act, der von tiefgreifenden Veränderungen geprägt war, die vorgegebenen Ziele wirklich erreicht? Das 2014 von der Regierung Matteo Renzi eingeführte Gesetzhatte die Absicht, die Beschäftigung zu erhöhen. Dabei wurde den Unternehmen eine zentrale Rolle bei der Wiederbelebung der Wirtschaft eingeräumt – allerdings auf Kosten der Arbeitnehmerrechte. Die Europäische Kommission hatte damals die Schwächung der Gewerkschaften und die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes als zentrale Punkte ihres Programms hervorgehoben.
Die Ergebnisse blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die Gewerkschaft CGIL hat das Gesetz von Anfang an kritisiert und bereits 2016 Unterschriften für ein Referendum zur Abschaffung des Jobs Act gesammelt, das jedoch vom Verfassungsgericht für unzulässig erklärt wurde.
Der Jobs Act markierte einen Wendepunkt in der italienischen Arbeitspolitik: Er führte nicht nur zu mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt, sondern schwächte auch den Schutz von Festangestellten erheblich. Insgesamt haben diese Änderungen zu mehr Unsicherheit geführt und die Verbreitung von befristeten, prekären und Teilzeitverträgen gefördert. Die wichtigste Neuerung war die Einführung des unbefristeten Arbeitsvertrags, der Arbeitnehmern mit zunehmender Betriebszugehörigkeit mehr Rechte einräumt – in der Hoffnung, Unternehmen zur Einstellung neuer Mitarbeiter zu bewegen.
Am meisten kritisiert wurde die Änderung des Kündigungsschutzes. Nach dem Jobs Act erhalten Arbeitnehmer im Falle einer ungerechtfertigten Entlassung in der Regel nur noch eine finanzielle Entschädigung, ohne Anspruch auf Wiedereinstellung. Das Recht auf Wiedereinstellung war zuvor nicht nur eine Garantie für die Beschäftigungskontinuität, sondern hatte auch eine abschreckende Wirkung auf Unternehmen, da sie das Risiko eingingen, hohe Kosten zu tragen und den Arbeitnehmer wieder einstellen zu müssen. Das neue Gesetz erleichtert es Unternehmen, Arbeitnehmer zu entlassen, da die Kosten im Voraus kalkulierbar sind und die Entlassung definitiv ist, ausgenommen in besonders geschützten Fällen. Dadurch sind Arbeitnehmer heute gegenüber Unternehmen verwundbarer und zögern häufiger, ihre Rechte einzufordern, besonders wenn sie am Arbeitsplatz unter Druck stehen. Freiheit und Würde der Arbeit sind meist untrennbar mit einem effektiven Kündigungsschutz verbunden.
Es ist kein Zufall, dass zehn Jahre nach Einführung des Jobs Act fast 30% der italienischen Arbeitnehmer einen Teilzeit- oder befristeten Arbeitsvertrag haben. Besonders junge Menschen und Frauen arbeiten häufig in unsicheren und schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen. In wenig qualifizierten Dienstleistungssektoren sind die Löhne zudem in den letzten Jahren gesunken. Der Anstieg der Beschäftigung nach Einführung des Jobs Act war vor allem auf die Senkung der Sozialabgaben für Neueinstellungen zurückzuführen und weniger auf den Abbau des Arbeitnehmerschutzes. Der Staat gab dafür in drei Jahren mehr als 24 Milliarden Euro aus.
Seit Jahren wandern vor allem junge Menschen ab – nicht nur aus dem Süden, sondern auch aus wohlhabenderen Regionen wie Südtirol. Italien verliert viele kluge Köpfe, was angesichts einer sich schnell verändernden Wirtschaft ein großes Risiko darstellt. Die Entwicklung des Landes verläuft schleppend und gefährdet die Zukunft Italiens, da es an neuen Ideen und Kompetenzen mangelt. Es fehlen angemessene Arbeitsmöglichkeiten, die dem Ausbildungsniveau entsprechen und die Verwirklichung eigener Lebenspläne ermöglichen. Seit zwanzig Jahren versucht Italien, mit weniger entwickelten Ländern zu konkurrieren, indem Rechte und Löhne gekürzt werden. Die am weitesten entwickelten europäischen Volkswirtschaften hingegen bieten mehr Beschäftigungsmöglichkeiten in Forschung und Innovation und stellen die notwendigen finanziellen Mittel bereit. In Italien sind viele Unternehmen hingegen klein und haben Schwierigkeiten, innovativ zu sein. Diese Stagnation und das Ausbleiben nachhaltigen Wachstums verschärfen das Problem prekärer Arbeitsverhältnisse und niedriger Löhne und schaffen einen schwer zu durchbrechenden Teufelskreis.
Vor diesem Hintergrund finden am 8. und 9. Juni die von der Gewerkschaft CGIL initiierten Referenden statt. Im Falle eines Sieges des „Ja“-Lagers könnten diese die Art und Weise, wie Arbeit in Italien geregelt ist, grundlegend verändern. Viele Experten und Kritiker fordern seit geraumer Zeit Reformen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Löhne zu erhöhen und prekäre Arbeitsverhältnisse zu bekämpfen. Das Referendum soll einen Anstoß für die notwendigen Veränderungen geben. Es ist offensichtlich, dass Reformen notwendig sind, um italienischen Arbeitnehmern eine bessere Zukunft zu garantieren und die Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln. Ziel ist es, den Jobs Act abzuschaffen, der anstatt mehr Flexibilität und Beschäftigung vor allem zu unsicheren Arbeitsverhältnissen und niedrigen Löhnen geführt hat. Die künftige Politik muss diese Herausforderungen annehmen, um ein sichereres und besser bezahltes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Gehen wir wählen und motivieren wir andere, ebenfalls ihre Stimme abzugeben. Wenn das erforderliche Quorum erreicht wird und die Mehrheit mit „Ja“ stimmt, kann sich dieses Land zum Besseren verändern.
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