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Foto: salto
Society | #alsodann

Deckenfreie Reinheit

Die Redaktion wünscht sich was Leichtes. Als ob das so einfach wäre. Es ist nicht leicht wegzuschauen, wenn überall gezündelt, verdreht und gelogen wird.
Liebend gern würde ich das Leichte liefern, einen kurzen Text, damit die Lesenden rasch weitersurfen können, einen leichten Text, damit nicht alles so verkopft ist. Ich versuch's einmal mit Decken. Die gehen mir immer wieder durch den Kopf, und sie gehen mir aus.
Jetzt ist zwar so eine Decke nicht unbedingt leicht, aber es gibt auch Schwereres, Lkws zum Beispiel. In Bozen landen die leichten Decken in regelmäßigen Abständen auf den schweren Lastern der Müllabfuhr, werden in die thermische Verwertungsanlage gebracht und verwandeln sich dort in etwas ganz Leichtes, in Asche und Wärme. Letztere heizt ein paar Wohnungen. Weniger warm haben derweil jene Obdachlosen, denen die Decken weggenommen wurden. Sie müssen ohne auskommen, bis der Gutmenschenteil der Zivilgesellschaft wieder neue Decken organisiert hat. Das wird immer schwieriger, weil so langsam die Decken ausgehen, ausgerechnet jetzt, wo der Winter kommt.
Mein hausfraulicher Hausverstand schreit mich an und sagt, lasst denen, die ohne Obdach sind, doch ihre Decken. Ich schrei's weiter. Andere auch, aber niemand hört zu, weil in den Köpfen derer, die es hören sollten, der städtische Anstand hämmert, decoro urbano, die saubere Stadt, die es nur durch Säuberung gibt. Das bedeutet, so sagt mir Wikipedia „Herstellen von Reinheit“. Eine reine Stadt. Boahh. Gleich danach spricht Wikipedia von „ethnischer Säuberung“, dem Entfernen einer ethnischen Gruppe, „politischer Säuberung“, dem Entfernen politischer Kontrahenten. Entfernen des Unbequemen.
In Bozen werden die Decken entfernt, weil darin Menschen herumliegen. Wer das Entfernen anordnet, ist eines der ungelösten Rätsel dieser Stadt
In Bozen werden die Decken entfernt, weil darin Menschen herumliegen. Wer das Entfernen anordnet, ist eines der ungelösten Rätsel dieser Stadt. Jedes Mal wieder will's niemand gewesen sein. Pontius Pilatus.
Ein Depot, wo die Decken tagsüber untergebracht werden könnten, gibt es nach wie vor nicht.
Am kommenden Samstag findet in Firmian die vorwinterliche Deckensammlung gemeinnützüger Vereine statt. Vielleicht bringt die reine Stadt das eingesammelte Gut vorbei, dann kann es neu verteilt werden.
Alsodann...sollte noch irgendwer eine Decke übrig haben...
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alfred frei Sun, 10/15/2017 - 09:30

Vor einiger Zeit hat sich die Mehrheit der Bozner Bürger für die Säuberung des Bahnhofparks und seiner Umgebung ausgesprochen. Ein Kaufhaus wird demnächst den Gutmenschen die Arbeit abnehmen und die notwendigen Decken
zum Kauf anbieten. Alles nimmt wieder seinen geordneten Lauf. Investoren sind die modernen Interpreten der Heilsarmee.
Oder nicht Renate ?

Sun, 10/15/2017 - 09:30 Permalink
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gorgias Wed, 10/18/2017 - 13:26

Wenn man etwas nicht verlieren will muss man es halt mitnehmen und nicht herumliegen lassen. Auch wäre es schön wenn die Gutmenschen die unzivililisierten Penner soweit bekommen, dass sie unter Tagsedie öffentliche Toilette im Busbahnhof benutzen, anstatt auf die Blumenbeete zu urinieren und auf dem Rasen zu kacken.

Wed, 10/18/2017 - 13:26 Permalink