Chronicle | Covid-19

Mehr Corona-Fälle im Vinschgau

Im bisher wenig betroffenen Vinschgau sind mehr Menschen als offiziell bekannt in Kontakt mit dem Coronavirus gekommen. Und es gibt 124 Neuinfektionen.
Covid-19-Studie Vinschgau
Foto: Eurac Research/Annelie Bortolotti

Im Vinschgau sind mehr Menschen als bisher offiziell bekannt mit dem Coronavirus in Kontakt gekommen. Das geht aus Hochrechnungen eines Forscherteams der EURAC hervor. Die EURAC führt gemeinsam mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb seit dem Sommer eine Covid-19-Studie im Vinschgau durch – und meldet nun: “Mit einer Infektionsrate von einem Prozent ist das Coronavirus im Vinschgau bislang weniger stark verbreitet als im restlichen Südtirol – dort sind es im Schnitt drei Prozent –, jedoch ist die Rate zwanzig Mal höher im Vergleich zu den Zahlen, die im Vinschgau in den ersten Monaten der Pandemie gemeldet wurden.”

 

Noch nie so viele neue Fälle nachgewiesen

 

Die Nachricht kommt an jenem Tag, an dem die höchste Anzahl an Neuinfektionen seit Beginn der Pandemie in Südtirol gemeldet wird. 124 neue Corona-Fälle hat der Sanitätsbetrieb in den vergangenen 24 Stunden bei insgesamt 714 getesteten Personen festgestellt. Die Anzahl der Patienten im Krankenhaus (60, +6 zum Vortag) nimmt leicht zu, jene der auf den Intensivstation Betreuten (3) bleibt stabil. 3.061 Personen befinden sich in Quarantäne oder häuslicher Isolation.

Erst am Dienstag hatte Gesundheitslandesrat Thomas Widmann gemeint, dass die Infektionszahlen unter Kontrolle seien: “Die absoluten Zahlen sind zwar gestiegen, aber der Großteil ist eindeutig den bestehenden Herden in einzelnen Gemeinden (wie Sexten, Anm.d.Red.), Firmen oder Schulen zuzuordnen.” Daher habe es die Landesregierung, anders als die Regierung in Rom, derzeit nicht für notwendig befunden, die bestehenden Vorbeugemaßnahmen zu verschärfen. Sehr wohl aber sollen die Kontrollen zur Einhaltung der geltenden Regeln verschärft werden.

 

Vinschger Zahlen und Appelle

 

Zurück in den Vinschau. Dort hat sich Covid-19 zwar zeitlich parallel zu den anderen Bezirken in Südtirol und Nordtirol ausgebreitet, allerdings weniger stark. “Das könnte daran liegen, dass in Vinschgau weniger Touristen aus Risikogebieten urlaubten”, vermuten die Forscher der EURAC. Die ersten Forschungsergebnisse zeigten außerdem, dass das Virus ununterbrochen bis zum Sommer präsent war “und dass die neue Infektionswelle nicht der Ankunft von Saisonsarbeitern geschuldet sein kann, auch wenn dieses Phänomen zur Verbreitung beigetragen haben dürfte”.

Laut den Daten des Sanitätsbetriebs haben sich die Neuansteckungen im Vinschgau im Vergleich zu Juli mehr als vervierfacht. “Diese Zahlen machen uns deutlich, wie wichtig es in diesem Moment ist, die Forschung zu Covid-19 voranzutreiben”, meint Cristian Pattaro, der wissenschaftliche Leiter der Vinschger Studie. In deren Rahmen wurden rund 19.000 Vinschger Bürgerinnen und Bürger eingeladen, an einem Screening teilzunehmen, bei dem der eigene Gesundheitszustand alle vier Wochen aktualisiert wird. Werden Symptome angegeben, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus hinweisen, werden die Betroffenen direkt an ihren Hausarzt verwiesen.

 

“Wir empfehlen allen eingeladenen Personen, am Screening teilzunehmen und damit einen wertvollen Beitrag zur Covid-19-Forschung zu leisten. Das Screening eröffnet uns zudem die Möglichkeit, Infektionsfälle zu identifizieren und sie entsprechend zu begleiten”, erklärt Robert Rainer, der ärztliche Direktor am Krankenhaus Schlanders. Und Peter Pramstaller, Leiter des EURAC-Instituts für Biomedizin, fügt hinzu: “Wichtig aus Sicht der Teilnehmer ist, dass man keine Angst vor einem positiven Abstrich-Befund haben sollte – viel mehr geht es hier um Verantwortungsbewusstsein: Zu wissen, dass man ansteckend ist, ist der erste Schritt, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Dadurch kann jeder seine eigene Familie schützen, sowie die Gesundheit der Gemeinde und die Wirtschaft des ganzen Landes.”