Economy | Milch
Zu Mantua in Kannen
Foto: Bergmilch
Architektonisch und landschaftlich ist es eher ein trauriger Anblick. Keine 200 Meter von der Autobahnausfahrt Mantua Süd steht eine trostlose und in die Jahre gekommene Industriehalle. Nichts deutet darauf hin, dass an diesem Ort „Vollmundige Mozzarella - Fior di Latte“ aus „100% Heumilch aus Südtirol“ hergestellt wird.
Ebenso wenig ersichtlich ist, dass die Produktionshalle Teil einer Südtiroler Sennereigenossenschaft ist und damit 2.300 Südtiroler Bergbauern gehört. Allerdings hat der Großteil dieser Bergbauern keine Ahnung von ihrem Besitz im Süden.
So kommt diese Halle weder in der offiziellen Eigendarstellung der Genossenschaft Bergmilch vor, noch findet sie Erwähnung in den offiziellen Bilanzen des Südtiroler Milchriesen. Auch das kein Zufall, sondern eine bewusste, taktische Geschäftsentscheidung der Genossenschaftsführung.
Wobei man vorausschicken muss: All das ist völlig legal. Aber auch ein besonderer Auswuchs des Systems Milch in Südtirol.
Die Milchschachteln
1997 schließen sich die beiden Sennereigenossenschaften Mila (Bozen) und Senni (Bruneck) zusammen. Es entsteht der Südtiroler Milchriese „Milkon“. Weil beide Sennereihöfe vorher jahrzehntelang sich einen eigenen Kundenstock aufgebaut haben, fällt die Entscheidung am Markt die alten Bezeichnungen beizubehalten. So werden bis heute die Produkte unter den Namen „Mila“ und „Senni“ vermarktet. Die Milkon hat von Anfang an so zwei Standorte. Das Mila-Werk in Bozen Kampill und das Senni-Werk in Bruneck.
Die Milkon ist eine sogenannte Genossenschaft zweiten Grades. Das heißt eine Art Holding, die zwei Genossenschaften verbindet. Erst 2013 erfolgt die formale Fusion der beiden Genossenschaften. Jetzt ändert man auch den Namen in „Bergmilch Südtirol“.
Weil die Handelsaktivitäten des größten Südtiroler Milchhofes immer umfangreicher werden und man sowohl im Bozen wie auch in Bruneck neben den Stammwerken beginnt, Verkaufsshops und später Gastronomiebetriebe zu eröffnen, gründet man eine Handels- und Produktionsgesellschaft.
Am 24. September 2007 wird so in Bozen die „Südtirolmilch GmbH“ gegründet. Das Unternehmen mit 800.000 Euro Gesellschaftskapital gehört zu 100 Prozent der Milkon bzw. heute Bergmilch Südtirol. Auch die Unternehmensspitze ist identisch. Sowohl in der Genossenschaft als auch in der GmbH heißen der Präsident Joachim Reinalter und der Geschäftsführer bzw. Generalbevollmächtigte Robert Zampieri.
Die Milkon bzw. die Bergmilch Südtirol hat dabei schon bald ein Problem. Man hat zu viel Milch. Weil man es nicht schafft, die gesamte von den Südtiroler Bauern angelieferte Milch zur verarbeiten oder wie es heißt zu „veredeln“ , muss man anfänglich über 30 Millionen Kilogramm Milch jährlich als Tankmilch unterpreisig verkaufen.
Vor diesem Hintergrund sucht die „Milkon“ jahrelang einen Milchverarbeitungsbetrieb außerhalb Südtirols, den man übernehmen kann oder in den man einsteigen kann. 2008 wird man dann in Lodi bei Brescia fündig. Die Milkon plant die Übernahme der „Stella Bianca“. Das lombardische Unternehmen ist einer der führenden Betriebe in Italien in der Produktion von Frischkäse der Sorten „Crescenza“ und „Stracchino“. Das Unternehmen mit 75 Angestellten verarbeitet damals rund 20 Millionen Kilo Milch im Jahr und erwirtschaftet einen Umsatz von 20 Millionen Euro. Zudem ist die „Stella Bianca“ schuldenfrei.
Nach Turbulenzen mit einem möglichen privaten Partner geht der Kauf schließlich im April 2010 über die Bühne.
Formal übernimmt die „Südtirolmilch GmbH“ um rund 20 Millionen Euro die „Stella Bianca Srl“. So kommt der Betrieb auch in der offiziellen Bilanz oder im Geschäftsbericht der Genossenschaft Bergmilch bis heute auch nicht vor. Es wird nur erwähnt, dass man über die Südtirolmilch Gmbh eine 100-Prozent-Beteiligung an dem Unternehmen im Lodi hält. Mehr nicht.
Formal übernimmt die „Südtirolmilch GmbH“ um rund 20 Millionen Euro die „Stella Bianca Srl“. So kommt der Betrieb auch in der offiziellen Bilanz oder im Geschäftsbericht der Genossenschaft Bergmilch bis heute auch nicht vor. Es wird nur erwähnt, dass man über die Südtirolmilch Gmbh eine 100-Prozent-Beteiligung an dem Unternehmen im Lodi hält. Mehr nicht.
Schwankender Stern
Auch das ist kein Zufall. Denn der „weiße Stern“, der als großes Geschäft angekündigt wurde, entwickelt sich keineswegs so wie geplant. Ursprünglich wollte die Bergmilch 20 Millionen Kilo Milch jährlich im Stella-Bianca-Werk zu Stracchino-Verarbeitung anliefern. Doch daraus wurde lange nichts.
Denn es stellte sich heraus, dass der Stracchino aus rein Südtiroler Milch statt weiß, gelb wurde. Dieser gelbe Frischkäse war am italienischen Markt aber nicht absetzbar. So musste man bei der Herstellung lombardische Milch beigeben. Das heißt die geplante Milchmenge konnte in Lodi lange nicht verarbeitet werden. Es dauerte bis man schließlich durch die Umstellung der Futtermittel dieses Farbproblem in den Griff bekam.
Denn es stellte sich heraus, dass der Stracchino aus rein Südtiroler Milch statt weiß, gelb wurde. Dieser gelbe Frischkäse war am italienischen Markt aber nicht absetzbar. So musste man bei der Herstellung lombardische Milch beigeben. Das heißt die geplante Milchmenge konnte in Lodi lange nicht verarbeitet werden. Es dauerte bis man schließlich durch die Umstellung der Futtermittel dieses Farbproblem in den Griff bekam.
Obwohl die Produktion in den Jahren darauf auf Hochtouren lief, entwickelte sich der Geschäftsgang der „Stelle Bianca“ aber alles andere als großartig.
Das geht aus der Bilanz der „Südtirolmilch GmbH“ hervor. 2019 musste der Bilanzwert der „Stella Bianca“-Beteiligung um 3,4 Millionen Euro abgewertet werden. Der Grund: Die Performance des Unternehmens lag weit unter den für die Jahre 2016 bis 2020 prognostizierten Geschäftszahlen. „Es handelt sich nach dem heutigen Kenntnisstand um eine dauerhafte Wertminderung“, heißt es im Bilanzbericht. Der heutige Wert der Stella-Bianca-Beteiligung liegt bei 13,6 Millionen Euro.
Diese Abwertung führe auch dazu, dass die Bergmilch-Tochter Südtirolmilch 2019 einen Verlust von 2.885.413 Euro macht.
Stiller Ankauf
Dass die „Stella Bianca“ nicht gerade ein leuchtender Stern ist, geht auch aus der Bilanz 2020 hervor. Dort schreibt das Unternehmen einen mageren Gewinn von 58.208 Euro.
Gleichzeitig tritt die Bergmilch-Führung aber anscheinend die Flucht nach vorne an. Denn am 15. Juni 2020 kauft die „Stella Bianca“ den Hauptbetriebszweig der „Bustaffa Emilio & Figli S.p.A.“.
Es handelt sich um Familienunternehmen aus Mantua, das seit 1921 in der Milchverarbeitung tätig ist, aber in den vergangenen Jahren arg ins Schleudern geraten ist. So geht vor dem Landesgericht Mantua derzeit ein Strafverfahren gegen zehn Bustaffa-Manager wegen Betruges über die Bühne. Dabei geht es um Milchprodukte, die als Bio deklariert wurden, aber es in Wirklichkeit nicht waren.
„Diese Akquisition wird es der Stella Bianca ermöglichen, in den kommenden Jahren den Umsatz zu verdoppeln, so dass dieser auf über 50 Mio. Euro ansteigen wird“, steht im Bilanzbericht der „Südtirolmilch GmbH“ zu lesen.
Auffallend: In der Bilanz der Bergmilch kommt weder der Ankauf noch die „Bustaffa“ vor. Ebenso finden sich in den Bilanzen der „Südtirolmilch GmbH“ kein Hinweis über den Kaufpreis der Bustaffa. Diesen findet man ausschließlich in der Bilanz der „Stella Bianca GmbH“. 10,8 Millionen Euro hat die Bergmilch vor 15 Monaten für die „Bustaffa“ hingeblättert.
Heumilch in der Poebene
Dass man innerhalb die Genossenschaft Bergmilch selbst vor den eigenen Mitgliedern diesen Ankauf bis heute äußerst diskret behandelt, hat einen klaren Hintergrund.
Am 6. Oktober 2021 verschickt die Bergmilch eine Pressemitteilung mit der die Sennereigenossenschaft die „neue Mila Heumilch-Mozzarella“ ankündigt.
„Wir als Mila – Bergmilch Südtirol sind seit jeher darum bemüht, die von den Bauern gestellte Milch zu genussvollen und hochwertigen Milchspezialitäten zu veredeln. Da uns der Mozzarella als Produkt in unserer vielfältigen Palette noch gefehlt hat, hat er sich nun in unser Sortiment eingereiht und wir freuen uns sehr darüber“, wird Bergmilch-Geschäftsführer Robert Zampieri in der Aussendung zitiert.
Es ist eine offene Kriegserklärung. Denn damit durchbricht die Bergmilch eine seit Jahren unter den Südtiroler Milchhöfen ausgehandelte Vereinbarung. Dort hatte man die Mozzarella-Herstellung dem Brixner Milchhof „Brimi“ zugestanden, der seit Jahren in diesem Bereich erfolgreicher Markenführer ist. Überraschend bringt jetzt aber Mila ein Konkurrenzprodukt auf den Mark. „Der Südtiroler Mozzarella-Krieg“ titelte die Tageszeitung deshalb vergangene Woche.
Was in der Bergmilch-Aussendung aber nicht steht: Die neue Heumilch-Mozzarella wird nicht in Südtirol hergestellt, sondern in der tristen Industriehalle nahe der Autobahn-Ausfahrt Mantua Süd. Diese Halle war ursprünglich die Betriebsstätte der „Bustaffa“, die die Bergmilch über ihre Tochter vor 15 Monaten erworben hat. Inzwischen wurde das „Bustaffa“-Schild durch das Logo der Stella Bianca ausgetauscht.
Täglich wird die Bergmilch jetzt die Südtiroler Heumilch nach Mantua karren und dort zu „Mila Mozzarella - Fior di Latte - aus 100 Prozent Südtiroler Heumilch“ verarbeitet.
Weil das Südtiroler Qualitätszeichen vorschreibt, dass die Verarbeitung in Südtirol erfolgen muss, fehlt diese Bezeichnung auf der Packung der neuen Bergmilch-Mozzarella. Damit ist allen Bestimmungen Rechnung getragen.
Geworben wird für die neue Mozzarella mit einem blauen Schurz und einer Schüssel Heu. Oder mit einem wunderbaren Foto eines Milchsammelwagens, den sie als Aufmacher-Bild in diesem Artikel sehen.
Auch das gehört zum Markenprodukt: Milch aus Südtirol.
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Gähn....und in China ist ein
....und in China ist ein Sack Reis umgefallen......
In reply to Gähn....und in China ist ein by simon tinkhauser
Made in China?
Made in China?
Echt klasse! ".., dass der
Echt klasse! ".., dass der Stracchino aus rein Südtiroler Milch statt weiß, gelb wurde" ... da müssen echte Kompetenz-Profis und Fachleute am Werk gewesen sein?!
Und dann "...lombardische Milch beigeben"
Und dann noch "...Umstellung der Futtermittel"
Am Ende kommt dann wohl "Südtiroler HEUmilch-Mozzarella" heraus-:)