Chronicle | Justiz

Cunos Sager

Cuno Tarfusser wagt bei einer Buchvorstellung einen provokanten Satz: Das größte Problem der italienische Justiz? „Il fatto che ci sono alcuni magistrati a piede libero“
Tarfusser
Foto: Radio Radicale
  • Es war ein unerwarteter Auftritt und eine Äußerung, die in den kommenden Tagen italienweit für eine heftige Polemik sorgen wird.
    Der Mann, der diese Diskussion auslöst, ist der einer der bekanntesten Südtiroler Juristen: Cuno Tarfusser, früherer Bozner Oberstaatsanwalt, ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag und inzwischen stellvertretender Generalstaatsanwalt in Mailand.
    In der lombardischen Metropole wird am Dienstagabend ein Buch vorgestellt. „Ho difeso la Repubblica. Come il processo trattativa non ha cambiato la storia d’Italia“ von Basilio Milio. Milio ist der Anwalt des Carabinieri-Generals Mario Mori. Mori, der jahrelang die Carabinierisondereinheit ROS angeführt hat und auch Chef des italienischen Inlandsgeheimdienst AISI war, hat einen langen und wirklich absurd anmutenden Kreuzweg vor Gericht hinter sich. 
    Mori und seine rechte Hand beim ROS in Palermo, Giuseppe De Donno, waren im sogenannten Prozess „Trattativa Stato-Mafia“ angeklagt. Das Duo Mori/De Donno hatte zuerst mit Giovanni Falcone und dann kurzfristig mit Paolo Borsellino erfolgreich zusammengearbeitet und vor allem durch Ermittlungen rund um die Vergabe öffentlicher Aufträge der Mafia vernichtende Schläge versetzt.
    Nachdem die Mafia die beiden Staatsanwälte ermordet hatte und der ROS Salvatore „Totò“ Riina verhaften konnte, begann die Staatsanwaltschaft Palermo gegen die beiden erfolgreichen ROS-Beamten zu ermitteln. Es kam zu einem Prozess gegen Mario Mori und Giuseppe De Donno, der über zehn Jahre gedauert hat und heuer mit einem vollen Freispruch für beide Angeklagten endete. Mori/De Donna haben vor wenigen Monate in ihrem Buch „La Verità sul Dossier Mafia-Appalti“ die ganze Geschichte rekonstruiert. Es ist eine beklemmende Analyse, wie erfolgreiche Kämpfer gegen die Mafia aus den eigenen Reihen und vor allem von manchen Staatsanwälten zuerst Prügel in den Weg gelegt werden und dann im wahrsten Sinne des Wortes der Prozess gemacht wird. Wer das Buch liest, muss wirklich am Rechtsstaat zweifeln.
    Am Dienstag in Mailand stellte Moris Anwalt Basilio Milio jetzt ein weiteres Buch zu dieser Geschichte vor. Anwesend im Publikum ist an diesem Abend auch Cuno Tarfusser. Wie der Bozner Oberstaatsanwalt erklärt, kennt er Mori und De Donno seit über 30 Jahren. Auch deshalb sei er von Anfang an von der Unhaltbarkeit der schweren Vorwürfe gegen beide überzeugt gewesen.

  • Mario Mori und Cuno Tarfusser (bei der Buchvorstellung am Dienstag in Mailand): Entfesselnde Ehrlichkeit wird zu einem Sturm führen Foto: Radio Radicale
  • Bei der Buchvorstellung wird Cuno Tarfusser gebeten, am Podium ein paar Grußworte zu sprechen. In seinem kurzen Statement erklärt Tarfusser eingangs, dass er nichts über Sizilien und die Mafia wisse. Dann aber legt der Bozner Staatsanwalt - ganz nach seiner Art - ordentlich los:

    „Io non ho bisogno di conoscere gli atti dei processi, il generale lo sa benissimo. Io sin dal primo momento ho detto che il problema del malfunzionamento della giustizia è il fatto che ci sono alcuni magistrati a piede libero“.

    Von zwei Journalisten des „Il fatto quotitiando“ am nächsten Tag auf seine Äußerungen angesprochen, wen er mit dieser Aussage gemeint habe, erklärt Cuno Tarfusser:

    „Ma no, mi riferivo in generale al funzionamento della giustizia che spesso dipende dai magistrati. La mia era un' iperbole per dire che conosco bene Mori e sapevo benissimo che l'indagine su di lui era una bufala".

    Auf die Frage, ob es für einen Staatsanwalt nicht deplatziert sei, sich so über die Kollegen in der Justiz zu äußern, antwortet Tarfusser mit entfesselnder Ehrlichkeit:

    „Sì, certamente è inopportuno. Era un momento in cui mi è scappata questa cosa, cos'altro devo dirle?". 

    Viele werden Cuno Tarfusser bei seinen Aussagen Recht geben. 
    Vor allem aber werden diese Aussagen zu einem Sturm führen, der noch einige Zeit anhalten dürfte.

     

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kurt duschek Thu, 12/14/2023 - 14:02

...mi è scappata questa cosa... Es ist ein eine Fähigkeit, besonders wer so hohe Positionen in der Justiz bekleidet und bekleidet hat, dass solche Aussagen nicht passieren. Man könnte ansonsten ja auch den Eindruck einer Person erhalten, dessn Selbstgespräche aus Frustation aus dem Ruder gelaufen sind.

Thu, 12/14/2023 - 14:02 Permalink
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Josef Ruffa Thu, 12/14/2023 - 15:08

„Io non ho bisogno di conoscere gli atti dei processi, il generale lo sa benissimo. Io sin dal primo momento ho detto che il problema del malfunzionamento della giustizia è il fatto che ci sono alcuni magistrati a piede libero“.

... es gibt keine Zufälle ...

Thu, 12/14/2023 - 15:08 Permalink
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Salto User
nobody Thu, 12/14/2023 - 20:55

Justitia ist blind. Fragt sich nur, in welche Richtung. Jeder, der die Grundschule hinter sich hat, kann sich seinen Reim darauf machen.

Thu, 12/14/2023 - 20:55 Permalink
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Günther Stocker Fri, 12/15/2023 - 10:06

„Io non ho bisogno di conoscere gli atti dei processi, il generale lo sa benissimo. Io sin dal primo momento ho detto che il problema del malfunzionamento della giustizia è il fatto che ci sono alcuni magistrati a piede libero“.

Ich würde dies auf viele Politiker ausweiten. Der heilige oder mindestens scheinheilige Berlusconi ist ja auch nie in den Bau gegangen.
Aber auch noch viele lebende Politiker,
in Südtirol angefangen.

Nur eins ist in Italien klar: VOR GERICHT SIND WIR NICHT GLEICH!!!!

Fri, 12/15/2023 - 10:06 Permalink