Unter dem Motto: Alles Familie!
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In Padua wurde vor genau einem Monat, am 14. November, das Zivilverfahren in Gang gesetzt, mit dem die nicht-biologischen Elternteile von insgesamt 37 Kindern mit gleichgeschlechtlichen Eltern rückwirkend aus der Geburtsurkunde annulliert werden sollen. Um 20.00 Uhr am morgigen Freitag organisieren die Meraner Grünen einen Informationsabend im Kulturzentrum Meran. Es wird über die rechtliche Lage von Regenbogenfamilien in Italien aufgeklärt. An der Organisation der Veranstaltung beteiligt sind außerdem die queere Aktivistin Miriam Fiumefreddo sowie Laura Marocchi und Johanna Mitterhofer, Referentinnen des Verbands „Famiglie Arcobaleno“.
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Aktuelle Lage in Italien
Das Innenministerium gab im Frühling in einem Rundschreiben die Entscheidung bekannt, dass die Standesämter nicht mehr befugt sind, zwei Mütter oder zwei Väter auf Geburtsurkunden anzuerkennen. Auch nicht bei Kindern, die in Italien geboren wurden. Derzeit werden nur die gebärende Mutter oder der zeugende Vater amtlich in die Geburtsurkunde eingetragen. Weiters wurden die Beamten aufgefordert, auch rückwirkend den nicht leiblichen Elternteil aus dem Geburtszertifikat zu entfernen. Bei Kindern, die in Padua, Mailand oder Turin geboren wurden, konnten bis vor kurzem wegen einer gesetzlichen Lücke offiziell die Namen beider Mütter oder Väter in die Geburtsurkunde bei den Standesämtern der lokalen Verwaltung eingetragen werden. Aktuell gelten Kinder gleichgeschlechtlicher Paare nach italienischem Recht somit nur als Kind eines Elternteils.
Ein Bürokratischer HürdenlaufDie eingetragene Lebenspartnerschaft, die im Jahr 2016 in Italien eingeführt wurde, ist einer Eheschließung rechtlich nicht gleichgestellt. Die einzige Option, die dem nicht leiblichen Elternteil bleibt, ist die Stiefkindadoption. Dieser Prozess ist mitunter äußerst langwierig und sehr kostspielig. Zwischen 3.000 und 5.000 Euro betragen die Kosten einer Adoption. Dieselben Rechte wie heterosexuelle Paare haben gleichgeschlechtliche Eltern damit trotzdem nicht. Wenn die austragende Frau bei der Geburt stirbt und vorher keine Bewilligung zur Stiefkindadoption gibt, hat der/die Partner:in keinerlei Rechte in Bezug auf das Kind. Auch im Alltag haben Regenbogenfamilien mit zahlreichen bürokratischen Problemen zu kämpfen. In Vater- oder Mutterschaft darf nur der leibliche Elternteil des Kindes gehen und auf der Sozialversicherung sind nur Eltern zwei verschiedener Geschlechter erlaubt.
Schwierige Zeiten für Regenbogenfamilien„Es ist eine schwierige Zeit für den Schutz der Bürgerrechte von Regenbogenfamilien“, so Claudia Bellasi, Gemeinderätin der Meraner Grünen. Die Idee für das Treffen wurde dem Meraner Gemeinderat vorgestellt. Der ursprüngliche Plan war, eine öffentliche Veranstaltung abzuhalten, auf der von Seiten der Gemeinde Signale der Unterstützung für die betroffenen Familien geäußert werden. Trotz der Verpflichtung der Stadtverwaltung, über Fragen im Zusammenhang mit den Menschenrechten und der Diskriminierung von LGBTQIA+ Personen zu informieren, wurde der Antrag allerdings abgelehnt, weshalb der Informationsabend ohne Unterstützung der Gemeinde abgehalten wird.
„Hier werden menschliche Grundrechte verletzt und gegen die Verfassung verstoßen“.
„Es sind Rechte, die uns alle etwas angehen, auch wenn wir uns in einigen Fällen nicht direkt betroffen fühlen. Hier werden menschliche Grundrechte verletzt und gegen die Verfassung verstoßen. Das Wohl und die Familienrechte der Kinder rücken in den Hintergrund. Diese Bürger:innen werden gezielt diskriminiert“, kritisiert Bellasi. Auch das EU-Parlament verurteilte das Vorhaben der italienischen Regierung heftig und forderte sie im März 2023 auf, die Entscheidung zu widerrufen. Ein Gesetz, das den Sachverhalt regelt, gibt es noch nicht. Bellasi äußert Ihre Bedenken im Gespräch. Es sei inakzeptabel, dass Familien nur aufgrund der ideologischen Haltung der Regierung, die ausschließlich ein traditionelles Familienbild vorsieht, im täglichen Leben mit solchen Hürden konfrontiert werden. „Wenn das Kind krank ist, bekommt nur ein Elternteil die Erlaubnis, zu Hause zu bleiben. Im Krankenhaus darf der nicht anerkannte Elternteil das eigene Kind nicht besuchen.“ Wie die Gemeinderätin der Meraner Grünen erklärt, wolle man mit der Veranstaltung zeigen, dass die Betroffenen in schwierigen Zeiten nicht alleine gelassen werden.