Economy | Wirtschaftsförderung

Brauchen wir wirklich keine Gießkanne mehr, Herr Lanz?

Schluss mit der Gießkanne bei Förderungen für Betriebe: Das scheint bereits eine beschlossene Neuerung der Ära Kompatscher zu sein. Doch sind damit wirklich alle einverstanden?

Sie mutiert zunehmend zum Unwort der Südtiroler Wirtschaft: die Gießkanne. Lange galt die gleichmäßige Verteilung von Fördergeldern auf alle investierenden Betriebe als Voraussetzung für Frieden und Wachstum in Südtirols Unternehmerlandschaft – und natürlich auch für die Sicherung entsprechender Wählerstimmen . Doch mit dem Ende der Ära Durnwalder scheint auch dieses Kapitel der Südtiroler Wirtschaftsgeschichte zu Ende zu gehen. Das machte nicht nur der neue Landeshauptmann in seiner Regierungserklärung klar, in der Arno Kompatscher eine Umstellung des Fördersystems von der Gießkanne hin zu Schwerpunkten wie Forschung & und Entwicklung oder Export in Aussicht stellte. Auch die harten CGIL-Gewerkschafter begannen das neue Jahr mit der Forderung nach einem „Schluss mit der Gießkanne“ . Beim Unternehmerempfang appellierte Präsident Stefan Pan wiederum an die neue Landesregierung: „Senkt die Steuerlast und wir verzichten im Gegenzug auf all jene Beiträge, die nur Bürokratie und zusätzliche Arbeit schaffen.“

Ist die Sache also bereits geritzt – oder spricht der Unternehmerverbandspräsident hier nur für seine Klientel statt für alle Südtiroler Betriebe? „Ich würde mich halt nicht trauen, aus meiner Position zu bewerten, welcher Beitrag sinnvoll ist und welcher nicht“, gibt ihm der Präsident des Landesverbandes der Handwerker (LVH) Gert Lanz zumindest indirekt Contra. Prinzipiell ist man natürlich auch bei der Vertretung von rund 8000 der insgesamt 13.000 Südtiroler Handwerksbetriebe für eine Reduzierung der Steuerbelastung – und ist auch bereit, dafür auf der anderen Seite auf etwas zu verzichten. Dennoch warnt Lanz davor, das Kind gleich mit dem Bade auszuschütten. „Denn wir müssen uns auch bewusst sein, dass es dank Beiträgen in der Vergangenheit auch möglich war, gewisse Belastungen zu erleichtern.“ Als Beispiel nennt der LVH-Präsident die Anpassung der Bestimmungen für Schlachthöfe an EU-Normen im vergangenen Jahr, die für viele kleine Betriebe nur dank entsprechender Förderungen bewältigbar gewesen sei. Werde die Wirtschaftsförderung dagegen nur mehr an Konditionen wie Innovation, Export oder sonstige Exzellenz geknüpft, riskiere man, dass gewisse Betriebe unter die Räder kommen, warnt Lanz. Vor allem aber sei das Prinzip der Gießkanne in Südtirol nicht auf Beiträge für die Wirtschaft beschränkt. "Wenn, dann müsste man das Förderwesen generell überdenken." 

Klar ist auch für ihn, dass das Thema Wirtschaftsförderung nach jahrelangem Aufschub endlich reformiert werden muss. „Denn die Gelder werden immer weniger, und wir sind jetzt selbst im Handwerk bald bei Wartezeiten von zwei Jahren“, meint er. Dafür gelte es aber sich nun gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um nach Lösungen zu suchen, hinter denen alle Betriebe stehen können. Das bedeute auch, nicht zu urteilen, ob ein Beitrag von 2000 Euro Sinn macht oder nicht. „Denn für einen Betrieb mit 100.000 Euro Umsatz wird er wichtig sein, für einen größeren nicht“, so Lanz. Ähnlich differenziert betrachtet er auch die Bedingung bezogen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen: „Wenn ich heute Mitarbeiter entlasse und in drei Jahren wieder einstelle, verdiene ich dann einen Beitrag?“

Gute Fragen, die nach ausführlichen Diskussionen verlangen.  Ganz so einfach wird er vielleicht doch nicht, der Abschied von der Gießkanne.