Neuerwachter Widerstand
Es ist das alte Spiel, das auch Tirols Vorzeigetransitgegner nicht müde wird, den Südtirolern vorzuhalten. „Wir würde ja so gerne, aber wir können nicht wegen Rom“, sagt Südtirols Politik, wenn es um Maßnahmen zur Reduzierung der Luftbelastung entlang der A22 geht. „Eine reine Schutzbehauptung“, wirft Fritz Gurgiser den Südtirolern vor. „Für die Umsetzung der EU-Lufthaltrichtlinie sind die Länder verantwortlich.“ Was tatsächlich Sache ist, will nun der Dachverband für Natur und Umweltschutz ein für allemal wissen. Er hat einen Rechtanwalt damit beauftragt zu klären, wer tatsächlich rechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist, wenn Grenzwerte wie jene für Stickoxid kontinuierlich überschritten werden. In dem Zusammenhang will der Dachverband aber auch die Möglichkeit einer Klage prüfen. Auf der Hand liegt für die Umweltschützer auch vor der Klärung, dass die Landesregierung nicht ausreichend Druck auf Rom ausübt, um den vor Jahren vorgelegten Aktionsplan endlich umsetzen zu können.
„Die Statistiken des Sanitätsbetriebs zeigen, dass die Zahl der Tumorerkrankungen in den vergangenen Jahren in der Stadt Bozen zugenommen hat“
Eine neue Mitstreiterin scheint der Dachverband in Bozens Stadtregierung und insbesondere in der Grünen Stadträtin Maria Laura Lorenzini gefunden zu haben. Denn Bozens Stadtrat will sich nun ebenfalls in Rom einbringen, um die Belastung der BoznerInnen durch den Transitverkehr zu mindern. In einem Schreiben an Infrastruktur-Minister Graziano Delrio, das dieser Tage nach Rom geht, bringen Bürgermeister Renzo Caramaschi und Stadträtin Lorenzini die Forderung vor, entweder eine substantielle Mauterhöhung auf der A22 zuzulassen oder sonst eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 90 Stundenkilometer im Abschnitt um Bozen zuzulassen. Hintergrund für das Engagement der Stadtregierung ist eine offene Sorge um die Gesundheit der BürgerInnen. „Die Statistiken des Sanitätsbetriebs zeigen, dass die Zahl der Tumorerkrankungen in den vergangenen Jahren in der Stadt Bozen zugenommen hat“, wird Stadträtin Lorenzini am Mittwoch im Corriere dell’Alto Adige zitiert. Zwar gebe es bislang keinen wissenschaftlichen Beweis, dass diese Zunahme in direktem Zusammenhang mit der Abgasbelastung steht. „Doch es liegt auf der Hand, dass die Luftqualität in der Stadt durch die A22 wesentlich beeinträchtigt wird“, so die Umweltstadträtin. Deshalb habe sie von Gesundheitslandesrätin Martha Stocker bereits die Zusage erhalten, die Frage, wie stark der Verkehr zu Krebserkrankungen beitrage, in einer entsprechenden epidemiologischen Untersuchung zu vertiefen.
Kritisch zeigt sich in der Hinsicht der technische Direktor der A22 Carlo Costa, der sich in den kommenden Tagen gemeinsam mit Direktor Walter Pardatscher einer Diskussion zum Thema im Bozner Gemeinderat stellen wird. Er glaubt nicht daran, dass eine wissenschaftliche Studie den Verkehr auf der Autobahn in direkte Korrelation mit Krankheiten setzen kann. Auch für eine Geschwindigkeitsreduzierung im Stadtgebiet fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen, unterstreicht Costa einmal mehr gegenüber dem Corriere. Das einzige, das er derzeit konkret in Aussicht stellen kann, ist das Pilotprojekt BrennerLec, mit dem zwischen Bozen Nord und Rovereto Süd eine dynamische Geschwindigkeitskontrolle ausprobiert werden soll. Sprich: Bei Überlastung soll die Höchstgeschwindigkeit versuchsweise von 130 auf 100 Stundenkilometer gesenkt werden. Das allerdings wird den neu erwachten Widerstand gegen die Transitbelastung wohl kaum besänftigen.
Gehört nicht auch die
Gehört nicht auch die Autobahn mehrheitlich öffentlichen Institutionen? Diese wiederum gehören den Menschen und müssen FÜR die Menschen da sein, nicht GEGEN sie. Gesundheit geht in jedem Fall vor freiem Warenverkehr. Das sollten der oberste Handelskämmerer und der oberste Autobahnmeister doch wissen. Ansonsten sind beide komplett am falschen Platz und gehören schleunigst abgesetzt....