Eines ist sicher: Wenn auch nur jeder und jede Zweite, die in seinem legendären Keller versumpft sind, ihm die Stimme geben, dann muss sich selbst Gigi Spagnolli warm anziehen. Elmar Streitberger kann über solche Zahlenspiele nur lachen. Der Bozner Konditor und Gastwirt ist zu sehr Realist, als dass er sein politisches Gewicht nicht einordnen kann. „Ich will etwas für meine Stadt tun und denke, dass ich damit meinen Beitrag leisten kann“, sagt er mit seiner typisch rauchigen Stimme.

Der 65-jährige Elmar Streitberger ist ein Urgestein der Südtiroler Rockszene. Begonnen hat alles in den späten Fünfzigern und zu Beginn der sechziger Jahre. Zuerst als Fan der Beatgruppen und dann zusammen mit Toni Pizzecco als Tramp in den Staaten. Man hat mit der Gitarre geschrammelt und Elmar stand schnell vorne am Mikrophon. Rolling Stones, Monkeys, Beatles, Animals, das Repertoire ist bis heute mehr oder weniger dasselbe geblieben. Die Bands, mit denen Elmar Streitberger bis heute gespielt hat, würden wahrscheinlich eine ganze salto-Seite füllen.
Vor allem als Streitberger Mitte der siebziger Jahre den Keller unter dem elterlichen Café Streitberger in der Museumstraße ausbaute. Der „Streitberger-Keller“, der demnächst sein 40jähriges Jubiläum feiert, wurde schnell zu dem Treffpunkt für die Südtiroler Rockszene. Eng, verschwitzt, muffig – so wie es im Swingin London der Cavern oder der Marquee Club war. Wer hier nicht mindestens einmal aufgetreten ist, der hat weder den Blues noch den Rock wirklich gelebt. Elmar Streitberger schaffte es über die Jahre hinweg, nicht nur dieses Reich zu erhalten, er brachte auch einige seiner Idole zu Jam´s in den Keller: allen voran Joe Cocker.

Elmar Streitbergers Nächte waren immer kurz. Oft stand er bis drei im Keller auf der Bühne oder hinter dem Tresen und um 5 Uhr in der Früh zwei Stockwerke höher in der Backstube. Denn der Rocker war und ist von Beruf Konditor.

1919 wurde von seiner Familie in der Museumstraße das Café Streitberger eröffnet. Streitberger hat noch die Lizenz von damals. Ein Dokument aus der ausgelaufenen k. u k. Zeit, auf Deutsch geschrieben. 95 Jahre war das Cafè Streitberger in Familienbesitz. In den letzten vier Jahrzehnten führten Elmar und seine Ehefrau den Betrieb. Bis zum Jahreswechsel 2014/2015. Mit Wehmut schließt der Traditionsbetrieb seine Tore. Im Frühsommer soll in der ehemaligen Konditorei ein deutscher Brillenhändler sein Geschäft eröffnen.
Elmar Streitberger ist damit sozusagen in den Ruhestand getreten. Wer ihn aber kennt, kann darüber nur lachen. Seit Wochen bringt er eigenhändig seinen legendären Keller auf Vordermann.

Wenn ihm jeder Zweite, der in seinem legendären Keller versumpft ist, eine Stimme gibt, dann muss sich selbst Gigi Spagnolli warm anziehen.
 

Im Streitberger Keller hat mehr als nur ein SVP-Obmann und Landeshauptmann abgefeiert. Dass er jetzt für die Bozner SVP bei den Gemeindewahlen antritt, ist deshalb kein Zufall. Er, der eine Art Bürgermeister der Museumstraße ist und jeden Abend gegen 18 Uhr vor dem Café sitzend, seine unkonventionelle Sprechstunde abgehalten hat, wurde von Vizebürgermeister Klaus Ladinser angesprochen. „Ich habe zugesagt ohne zu wissen, was mich erwartet“, sagt Elmar Streitberger und setzt sein spitzbübisches Lachen auf.

Noch sollte seine Kandidatur nicht bekannt werden. Als salto.bz ihn darauf anspricht, sagt er nur: „Na loss des!“.
Echter Rocker sind eben bescheiden.