Society | Moralische Grundlagen

Werte in Zeiten des Umbruchs - Teil 2

Der erste Teil beschreibt politische Visionen und die Praxis der Politik. Nun beschäftigt sich Kardinal Ratzinger mit den moralischen Grundlagen eines freiheitlichen Staates.
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Konkret ist es die Aufgabe der Politik, Macht unter das Maß des Rechtes zu stellen und so ihren sinnvollen Gebrauch zu ordnen. Nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechtes ist der Gegenpol zur Gewalt, der rechtlosen und rechtswidrigen Macht. Wenn Demokratie die angemessenste Form politischer Ordnung sein soll, dann muss die gemeinsame Mitwirkung an der Rechtsgestaltung und der gerechten Verwaltung der Macht gewährt sein. Die Neuzeit hat einen Bestand solcher normativen Elemente in den Menschenrechtserklärungen formuliert.

Nach dem zweiten Weltkrieg war es über eine lange Periode hin die Konkurrenz der Machtblöcke und die Furcht, mit der Zerstörung des anderen die eigene Zerstörung einzuleiten, die uns vor dem Schrecken des Atomkrieges bewahrt hat.

Die Botschaften von Bin Laden präsentieren den Terror als die Antwort der machtlosen und unterdrückten Völker auf den Hochmut der Mächtigen. Zum Teil wird terroristisches Verhalten als Verteidigung religiöser Tradition gegen die Gottlosigkeit der westlichen Gesellschaft dargestellt. Wenn Terrorismus auch durch religiösen Fanatismus gespeist wird, ist dann Religion eine heilende und rettende, oder nicht eher eine archaische und gefährliche Macht, die zu Intoleranz und Terror verleitet?

Inzwischen ist eine andere Form von Macht in den Vordergrund gerückt, die zu einer Art von Bedrohung des Menschen werden kann. Der Mensch ist nun imstande, Menschen zu machen, im Reagenzglas zu produzieren. Der Mensch wird zu seinem eigenen Produkt und ist nicht mehr ein Geschenk der Natur.

Angesichts der Notwenigkeit, Religion unter das Kuratel der Vernunft zu stellen, muss nun der Zweifel an der Verlässlichkeit der Vernunft aufsteigen. Müsste also jetzt nicht umgekehrt die Vernunft unter Aufsicht gestellt werden? Aber durch wen? Oder sollten vielleicht Religion und Vernunft sich gegenseitig in ihre Schranken weisen?

Vielleicht müsste heute die Lehre von den Menschenrechten um eine Lehre von den Menschenpflichten und von den Grenzen des Menschen ergänzt werden. Die Frage drängt sich auf, ob es nicht eine Vernunft der Natur und so ein Vernunftrecht für den Menschen und seine Existenz geben könnte. Die rationale, ethische oder religiöse Weltformel, auf die sich alle einigen, gibt es nicht. Jedenfalls ist sie gegenwärtig unerreichbar und das sogenannte Weltethos bleibt eine Abstraktion.

Auch die Vernunft muss a ihre Grenzen gemahnt werden und Hörbereitschaft gegenüber den großen religiösen Überlieferungen der Menschheit lernen. Wenn sie sich völlig emanzipiert und diese Lernbereitschaft ablegt, wird sie zerstörerisch.

wird fortgesetzt

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Oskar Egger Wed, 04/16/2014 - 16:11

Sehr interessante Überlegungen hat zum Thema Jacques Lacan, der Wege zu einem erfüllten Leben, durch einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Wunsch/Begehren, im Gegensatz zur kapriziösen, derzeit zu beobachtenden, Hingabe an das Lustprinzip, aufzeigt.

Wed, 04/16/2014 - 16:11 Permalink