Politics | Strombonus

Vier Jahre altes Zuckerl

Noch ist keine einzige Kilowattstunde an Gratisstrom bei den Haushalten angekommen. Wie es weitergehen soll – und was die Bürger nicht erhalten werden.
Strommasten
Foto: Pixabay

“Das Thema eignet sich vorzüglich als Wahlkampfzuckerl...” Den Satz sagte der Grüne Riccardo Dello Sbarba vor mittlerweile fast vier Jahren. Damals, im Sommer 2017, wurden die Weichen für den so genannten “Gratisstrom” gelegt. Bis heute ist davon keine einzige Kilowattstunde bei den Bürgern angekommen.

 

Aus 2018 wird 2022

 

Laut Art. 13 des Autonomiestatuts müssen die Konzessionäre von großen und mittleren Wasserkraftwerken dem Land jährlich ein bestimmtes Stromkontingent kostenlos zukommen lassen. Während in der Ära Durnwalder großzügig darauf verzichtet wurde, diesen so genannten Landesstrom zu beziehen und sich lieber die entsprechende Entschädigung auszahlen ließ, wurde unter der Regierung Kompatscher I, ab 1. Jänner 2018 Stücke von seinem Gratisstromkuchen abzugeben. Die Einführung des Strombonus verzögerte sich. Erst im Dezember 2018 beschloss die Landesregierung schließlich, Strom im Wert von insgesamt “elf bis zwölf Millionen Euro” ab 2019 allen Erstwohnsitzen in Südtirol zukommen zu lassen. “Stand heute gehen wir davon aus, dass pro Haushalt 50 bis 60 Euro weniger auf der Stromrechnung anfallen werden” – pro Jahr, meinte Landeshauptmann Arno Kompatscher damals. Doch davon ist bislang keine Spur. Wo ist der Gratisstrom geblieben?

Der zuständige Landesrat für Energie ist inzwischen nicht mehr Richard Theiner, sondern Giuliano Vettorato. Der berichtet von technisch-organistorischen sowie “informatischen Herausforderungen”. So muss etwa eine Datenbank geschaffen werden, um die Datensätze von über 250.000 berechtigten Stromkunden jährlich zu verwalten. In Zusammenarbeit mit der Regulierungsbehörde für Energie, Netze und Umwelt ARERA sei aber “eine umsetzbare Lösung” für den Strombonus gefunden worden, so Vettorato: “so unbürokratisch wie möglich und mit annehmbaren Kosten”. So weit die Theorie. In der Praxis sei geplant, “die Einführung des Strombonus in der ersten Jahreshälfte 2021 in die Landesregierung zu bringen”, teilt der Landesrat mit. “Dadurch könnten die, dem Land 2021 zustehenden Beträge aus der elektrischen Energie zweckgebunden werden und Anfang 2022 den berechtigten Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen.”

 

24 Millionen Euro bleiben beim Land

 

Vier Jahre später als anfänglich angekündigt soll der Gratisstrom also ab 2022 in den Südtiroler Haushalten landen. Doch was passiert mit den Geldern aus der Stromproduktion, die die Konzessionäre in den vergangenen Jahren an das Land überwiesen haben? 2019 waren es knapp 13 Millionen, 2020 waren es 11,5 Millionen Euro. Von denen werden die Bürger nichts sehen. Das bestätigte Landesrat Vettorato am Donnerstag Vormittag im Landtag.

Die Freiheitlichen hatten einen Beschlussantrag vorgelegt, um von der Landesregierung die Einhaltung der “versprochenen Entlastung der Haushalte” einzufordern. Bereits vorab hatte der Energielandesrat klargestellt, dass die gut 24 Millionen Euro aus 2019 und 2020 in den jeweiligen Landeshaushalt eingeflossen sind und bereits genutzt worden seien, “um öffentliche Projekte zugunsten der Bürger zu finanzieren”. Insofern könne, so Vettorato, der Betrag “Bürgerinnen und Bürgern nicht rückwirkend als Strombonus zugewiesen werden”.

Die Freiheitlichen forderten, “sämtliche verwaltungstechnischen Maßnahmen zu ergreifen, um die in den Jahren 2019 und 2020 von den Konzessionären der mittleren und großen Wasserkraftwerke an das Land überwiesenen Geldsummen in derselben Höhe über die künftige Auszahlung/Verrechnung des ‘Strombonus’ an die Südtiroler Haushalte weiterzugeben” und “die ab dem Jahr 2021 erhaltenen Gelder aus der Stromproduktion für die Auszahlung/Verrechnung des ‘Strombonus’ an die Südtiroler Haushalte zweckzubinden”.

Damit wolle man die Landesregierung an ihr (Wahl-)Versprechen erinnern, und daran, es einzuhalten, betonten die Freiheitlichen Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber und Ulli Mair im Plenum. Die gesamte Opposition kündigte Zustimmung an. Doch die Mehrheit lehnte den Antrag ab, er wurde mit 16 Ja und 18 Nein versenkt.

 

“Landesregierung der leeren Versprechen”

 

“Es bleibt bei gebrochenen Versprechen und Ankündigungen”, reagiert Leiter Reber. “Unsere Forderung, diese den Bürgern entgangene Geldsumme ab der künftigen Auszahlung rückwirkend und auch ratenweise wieder zurückzugeben, wurde heute abgelehnt. SVP und Lega stimmten heute noch nicht mal dafür, zumindest die diesjährigen Einkünfte aus der Stromproduktion bis zur effektiven Auszahlung des Strombonus zweckzubinden. Die Heimholung der Wasserkraft wurde als historischer autonomiepolitischer Erfolg gefeiert und zugleich allen Südtirolern eine Teilhabe am Stromkuchen versprochen. Wir fordern die Landesregierung dazu auf, Südtirols Bevölkerung nicht länger mit leeren Versprechungen hinzuhalten und die Bürger endlich an der im Lande gewonnenen Energie teilhaben zu lassen.”

 

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Gianguido Piani Thu, 04/15/2021 - 17:17

Chi erano i commissari europei che negli anni 1990-2000 avevano promesso che con le liberalizzazioni e e le privatizzazioni l'energia sarebbe costata meno?

Thu, 04/15/2021 - 17:17 Permalink
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Johann Georg B… Thu, 04/15/2021 - 17:46

Alles leere Versprechen, die Regierende Parteien haben kein Problem sich den Lohn anzupassen,da sind sich alle einig, nur wenn es um Versprechen geht haben alle keine Eier, eine Schande wie das Volk behandelt wird.
Das einfachste wäre den Stompreis zu senken, unbürokratisch und schnell, es braucht keine neue Datenbank angelegt werden, alles Ausreden.

Thu, 04/15/2021 - 17:46 Permalink
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G. P. Thu, 04/15/2021 - 19:53

Also wenn das bei den Gehalts- und Spesenerhöhungen der Politiker auch immer so schleppend vor sich ginge, wären sie komplett auf die Almosen vom Volke angewiesen.

Thu, 04/15/2021 - 19:53 Permalink