Culture | Nachruf

Auf gelegten Fährten

Der Schriftsteller Konrad Rabensteiner ist vorgestern im Alter von 83 Jahren verstorben. Schreiben gehörte zu seinem Leben, in seinen Gedichten und Romanen lebt er weiter.
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Foto: Privat
  • Vor vier Jahren im November feierte Konrad Rabensteiner seinen 80. Geburtstag. Mit leichter Verzögerung erschien zum runden Anlass ein Buch im Laurin Verlag – kein wuchtiger Roman, sondern der Gedichtband Auf gelegten Fährten. „Das meint ja, dass da was voraus geht, dass da bestimmte Spuren oder Fährten gelegt wurden und man diesen Spuren folgt“, meinte Rabensteiner damals. Und trotzdem, plädierte er dafür „den Fokus immer wieder neu auszurichten, auf die Natur, die Liebe, das Wort.“ 
    Konrad Rabensteiner wurde 1940 geboren, wuchs mitten im Krieg in Villanders auf, im Gasthaus der Eltern. Ausgebildet wurde er in der Knabenschule Johanneum. Zur Literatur kam Rabensteiner erst als Student in Innsbruck und später in Padua. Es war anfangs die Lyrik, die in fesselte, alte Balladen und neue Zugänge, bis er sich entschloss eigene Texte vorzulegen. Das war erstmals Mitte der 1960er Jahre im Skolast, der Zeitschrift der Südtiroler Hochschülerschaft. Das Italienerlebnis in der Dichtung von Ingeborg Bachmann lautete Rabensteiners Doktorarbeit, die er Mitte der 1970er Jahre fertigstellte, beinahe zeitgleich erschien mit Zwischen den Rädern, der erste Gedichtband des Eisacktalers. Eine frühe Förderung seines literarischen Schaffens erhielt er beim Südtiroler "Literaturapostel" Alfred Gruber. Im Lauf der Jahre erschienen weitere Gedichtbände, es folgten Lesungen und es fand viel literarischer Austausch im In- und Ausland statt. Bis zum Gedichtband von Von Fall zu Fall. Ab diesem Buch, kam es in seinem literarischen Schaffen zu einer Wende – genau während der Arbeit am Dorfbuch der Gemeinde Villanders. „Dann bin ich eigentlich so richtig ins Schreiben hineingekommen“, erzählte er einmal, „und zwar ins Schreiben, das regional bezogen ist. Und ab diesem Moment habe ich mich eigentlich in der Prosa sehr wohl gefühlt.“ 

  • Foto: Edition Raetia

    Rabensteiner machte sich an seinen ersten Roman Der Befall (2007), in welchem er unter anderem auch das Dorf seiner Kindheit beschreibt. Der Roman Aldo Ricci folgte 2010. Beide sind in der Edition Raetia erschienen. „In den beiden Romanen widmete sich Rabenseiner in seinem ruhigen, aber ungeschönten Erzählton der Südtiroler Zeitgeschichte den gesellschaftlichen Zwängen, denen die Hauptfigur Daniel in Der Befall ausgesetzt ist und die ihn vom Knaben- ins Priesterseminar und in die Psychiatrie bringen, oder dem ständigen Versteckspiel, zu dem das schwule Paar Theo und Aldo im Roman Aldo Ricci gezwungen ist“, schreibt der Verlag in einer Aussendung zum Ableben des Schriftstellers, der außerdem einer der wenigen Autoren war, „die Homosexualität in der Südtiroler Literatur zum Thema machten.“ 1981 erhielt Rabensteiner den Mölle-Literaturpreis für Lyrik und 1986 den Förderpreis Walther von der Vogelweide. Er war Lehrer und Autor – beides mit Leib und Seele. 
    „Ein Resümee meines Lebens“, sei sein letzter Gedichtband Auf gelegten Fährten, meinte er noch zum Achtziger. Auf solchen ist er nun vorausgegangen. 


    Buchstaben-Los 

    Buchstaben, zu Tode gekommen, 
    aus alten und neuen Büchern gerutscht, 
    liegen zuhauf herum. 

    Wer begräbt sie in Ehren 
    und stiftet zwischen den Zeilen 
    einen keimfähigen Nachruf? 

    So fragt jemand in Trauer. 
    Aber kein Hahn fühlt sich 
    zum Krähen verpflichtet. 

    Und alles scheint wieder 
    seine Ordnung zu haben 
    im Land der Buchstabenbetriebe, 

    wo die Züchter und Anreißer 
    nur mehr virtuell anstoßen 
    möchten auf Zukunft und Zunft. 

    [aus: Auf gelegten Fährten, von Konrad Rabensteiner]