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Sozialarbeit geht online

Der Studiengang Sozialarbeit wurde in diesem Semester aufgrund der Coronamaßnahmen online abgehalten. Professorinnen und Studentinnen berichten positiv über die Erfahrung

Note: This article was written in collaboration with the partner and does not necessarily reflect the opinion of the salto.bz editorial team.
Studierende - UniBz
Foto: unibz

salto.bz: Frau Professor Loch, Sie unterrichten im Studiengang BA Sozialarbeit und im Doktorat. Was macht diesen Studiengang aus und warum ist er wichtig?

Ulrike Loch: Der BA Sozialarbeit gehört zu den kleineren Studiengängen der unibz, der jedoch für die Provinz wichtig ist, da die zukünftigen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter u.a. mindestens zwei Landessprachen sprechen. Diese fachlich fundierte Sprachkompetenz ist insbesondere in Krisensituationen wie der aktuellen bedeutsam, um Menschen auch beziehungsorientiert soziale Unterstützung zu ermöglichen, wenn ein großer Teil der Sozialen Arbeit über Online-Kommunikation und Telefon geschieht. Interaktionsqualität ist ein wesentlicher Faktor für Lernen, Empowerment und damit für individuelle und weitere gesellschaftliche Entwicklung.

 

Sie haben Ihre Lehre in diesem Semester trotz der restriktiven Maßnahmen abgehalten. Wie haben Sie das bewerkstelligt, welche alternativen Lernmethoden haben Sie eingesetzt?

Der Lockdown fand im Sommersemester statt, so dass wir in der Lehre an die Erfahrungen und die Interaktionsqualität anknüpfen konnten, die im Wintersemester aufgebaut wurden. In solchen Situationen sind Lehren und Lernen leichter, wenn die Veranstaltungen online stattfinden und damit die physische Präsenz fehlt. Wir konnten an dem bereits aufgebauten Vertrauen anknüpfen, um die neuen Themen zu bearbeiten. Die Lehre war etwas theoretischer und von mehr Wiederholungen geprägt, da die Möglichkeiten für interaktive Gruppenarbeiten online etwas begrenzter sind. Ich habe dies auszugleichen versucht, indem ich ausführlichere Einzeltermine vor Referaten angeboten habe. So konnte ich die Studierenden jeweils thematisch und bezogen auf die veränderten Anforderungen an eine Präsentation in einer Online-Lehrveranstaltung und die damit verbundenen Möglichkeiten beraten. 

 

Und wie hat die Umstellung auf den online-Unterricht funktioniert?

Technisch hatten wir eine sehr gute Unterstützung von unserem IT-Service. Im Laufe des Unterrichtens haben sich zwar Schwächen in der verwendeten Software gezeigt, an deren Verbesserung aber gearbeitet wurde. So waren anfangs nur wenige Studierende gleichzeitig während einer Sitzung zu sehen und auch das Einführen der Funktion, durch Handzeichen einen Diskussionsbeitrag zu signalisieren, erhöhte angesichts der verzögerten Übermittlung bei Online-Diskussionen, die Möglichkeit der Partizipation. Dennoch ist Teilhabe in Online-Veranstaltungen abhängig von der jeweiligen Infrastruktur (wie z.B. Internetempfang). Wir zeichnen die Lehrveranstaltungen auf, sodass es sie im Nachhinein gehört werden können, wenn es beispielsweise Probleme mit dem Empfang gab. Ebenso wurden Studierende und Lehrende bei einzelnen Anfragen unterstützt. Außerdem gab es einen guten Austausch unter den Lehrenden, sodass wir gegenseitig von unseren Lehrerfahrungen lernen konnten.

Inhaltlich war es mir ein Anliegen, einerseits einen Bezug zur Krise herzustellen und anderseits Kontinuität zur bisherigen Lehre zu ermöglichen. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Professioneller Umgang mit Ungewissheit ist eine wesentliche Anforderung an Sozialarbeit.

 

Frau Professor Cavrini, Sie haben Ihren Statistikunterricht ebenfalls online umgestellt. Wie war Ihre Erfahrung?

Giulia Cavrini: Ich habe meine Lehre bereits seit mehreren Jahren durch online Einheiten ergänzt, weil viele Studierenden nebenher arbeiten, und daher nicht immer anwesend sein können. Dadurch hatte ich im Gegensatz zu meinen Kolleginnen und Kollegen schon erfahrung mit E-Learning. Die Schwierigkeit lag eher in der Schnellen Umstellung und auch, die Übungen. Beim Präsenzunterricht kann ich die Studierenden direkt unterstützen und ihre Fehler eventuell direkt ausbessern. Online fällt es schwerer zu verstehen, ob alle die Konzepte verstanden haben. Daher habe ich viele Übungen auf eine Online Plattform gestellt, auf der wir viele der Übungen gemeinsam machen und verbessern konnten. Den Ergebnissen der Studierenden nach zu beurteilen, sehe ich, dass die alternative Didaktik gut geklappt hat und niemand zurückgeblieben ist. Ich habe auch das Gefühl, dass die Studierenden meine Bemühungen, Statistik auch online verständlich rüber zu bringen, und alle mit einzuschließen, sehr geschätzt haben, weil Mathematik oft ein schwer zu vermittelndes Fach ist. Das zeigt sich für mich auch darin, dass alle an den Ersatzstunden, welche die Laboreinheiten ersetzen sollten, aber freiwillig waren, teilgenommen haben.

 

Frau Kücking und Frau Gamper, sie studieren beide im Bachelor Sozialarbeit. Wie war es für Sie, online zur Uni zu gehen?

Melanie Kücking und Christina Gamper: Innerhalb kürzester Zeit nach dem Lock-Down wurden online-Lehrveranstaltungen organisiert. Es gab eine allgemeine Verunsicherung, dieser wurde von seitens der unibz bestmöglich gegengewirkt. Auf Grund der kurzen Organisationszeit hatten wir zunächst relativ wenig Informationen, wie diese Vorlesungen ablaufen werden. Aber als wir dann die ersten Lehrveranstaltungen hatten, legte sich diese Unsicherheit und gemeinsam mit den Professor/-innen fanden wir uns langsam im Programm und mit den online-Lehrveranstaltungen zurecht. Die unibz nutzt hierfür das Programm Teams.

Da wir ein kleiner Studiengang sind, haben wir bereits im Wintersemester eine WhatsApp-Gruppe gemacht, welche wir seit dem Sommersemester intensiver nutzen. Wir sind sehr froh, dass wir das Wintersemester „normal“ erleben durften, da wir dadurch schon die Möglichkeiten hatten, Kontakte zu knüpfen und diese uns die Zeit während des Lock-Downs erleichterten.

Auch wenn wir der Meinung sind, dass die digitalen Lehrveranstaltungen nicht die analogen ersetzen können, ist es dennoch in diesem Fall eine wertvolle Alternative gewesen. Wir freuen uns aber schon darauf, das kommende Wintersemester wieder „normal“ erleben zu dürfen. Vielleicht könnte man einige positive Aspekte, welche aus dieser Krise entstanden sind, mitnehmen für die künftige Lehrveranstaltungen (z.B. zu den analogen Vorlesungen auch digitale Lehre anzubieten, damit eine bessere Vereinbarkeit mit Job und Studium gewährleistet werden kann oder auch das Aufzeichnen der Lehrveranstaltungen).

 

Was waren Nachteile, was hingegen Vorteile gegenüber der herkömmlichen Lehre?

Es fehlten natürlich persönliche Interaktionen und das Zwischenmenschliche z.B. in der Pause ein gemeinsamer Kaffee etc. Online ist es ist auch etwas schwerer, die eigene Motivation zu finden, oder sich zu konzentrieren, weil die Lernatmosphäre der Uni fehlt. Einige Studierende können besser in der Bibliothek der Uni lernen. Zu Hause gibt es mehr Ablenkung. Online-Lehrveranstaltungen fordern mehr Konzentration und Aufmerksamkeit. Es kam zu Zeitverzögerungen bei der Kommunikation, welche manchmal die Konversationen etwas mühsamer gestalteten. Man musste allgemein mehr Geduld aufbringen, da es auch, zum Glück sehr selten, zu technischen Problemen kam. Allerdings wurden alle Vorlesungen unseres Studienganges aufgezeichnet, dadurch haben wir die Möglichkeit, jederzeit die Vorlesungen zu wiederholen. Dies ist sehr hilfreich für alle, die eine schlechte Internetverbindung haben, oder die Vorlesung im eigenen Tempo nochmal nacharbeiten möchten, z.B. auf Grund des sprachlichen Verständnisses. Die online Vorlesungen gaben einem eine Struktur für den Tag, während des Lock-Downs, wo man keine sozialen Kontakte mehr pflegen durfte und zu Hause bleiben musste. In einer ungewissen Zeit, wo man nur von Tag zu Tag gelebt hat, waren die online Vorlesungen die einzige Konstante, an der man sich gut orientierten konnte. Außerdem ersparten wir uns die Hin- und Rückfahrten zur Uni. Wir konnten alle vorgesehenen Lehrveranstaltungen besuchen, verlieren dadurch keine Zeit und können unser Studium planmäßig fortsetzen. Einzig das geplante Praktikum im Mai konnte in dieser Form nicht mehr stattfinden.

 

Nicht nur Vorlesungen, auch Seminare oder praktische Unterrichtseinheiten, mussten natürlich physisch abgesagt werden. Wie wurden diese Erfahrungen, Diskussionen und interaktiven Methoden ersetzt?

Melanie Kücking und Christina Gamper: Da in online-Lehrveranstaltungen nicht dieselbe Qualität gewährleistet werden kann, wie in der analogen Lehre, baten uns die Professor/-innen zusätzliche Unterstützung an. Wir Studierenden erhielten vermehrt das Angebot, bei Unklarheiten die Professor/-innen per Mail oder in online-Foren zu kontaktieren.

Unsere Statistik Professorin Giulia Cavrini bot uns zusätzliche Tutorien an. An verschiedenen Terminen erhielten wir die Möglichkeit, zusätzlich zu den planmäßigen Lehrveranstaltungen mit Prof. Cavrini gemeinsam den Lerninhalt mittels Übungen zu festigen. Dies war eine sehr wertvolle Unterstützung und wir sind sehr dankbar dafür.

Allgemein, alle Professor/-innen unseres Studienganges haben sich sehr bemüht, uns bestmöglich zu unterstützen.
Wir hatten außerdem noch ein zusätzliches Tutorium mit Professorin Loch, bei dem auch Themen außerhalb des Vorlesungsstoffes be- und angesprochen werden konnten. Dieses Tutorium fand zuvor auch psychisch statt, aber während des Online–Lernens hat diese Möglichkeit nochmal an Wichtigkeit gewonnen.