Culture | Salto Afternoon

Stress und die heiße Phase

Lana meets Jazz ist mit dem „Sweet Alps Orchestra“ und Helga Plankensteiners Musikklasse in die Festivalwoche gestartet. Die Stadtbibliothek Lana glich einer Schwitzhütte
Lana meets Jazz
Foto: Andreas Marini
Es traf sich gut, dass die werdenden und arrivierten Jazzmusiker am Dienstagabend in der Spiele-Ecke der Bibliothek zusammenkamen, zumindest ideell. Was die tatsächliche Eignung des Raumes anbelangte, so saß man bei wenig Luftaustausch und regem Andrang dicht an dicht. Dieses Umfeld sollte sich im weiteren Verlauf des Abends als nützlich erweisen. Es erleichterte die Fantasiereise, zu welcher die Bigband von Michael Lösch (aus dessen Feder die gespielten Stücke stammten) und Plankensteiner (Co-Organisatorin von Lana meets Jazz gemeinsam mit Lösch) einlud, welche vor allem in südlich gelegene ferne und nicht so ferne Länder führte.
Zuerst hatten aber die Schüler:innen von Plankensteiner Gelegenheit ihren Lernfortschritt unter Beweis zu stellen und die Lehrerin, die das Festival zuvor scherzeshalber als „Lana meets Stress“ bezeichnet hatte, rotierte zwischen den Rollen. Nach einer Anmoderation und Erklärungen zu den drei ausgewählten Stücken (Duke Ellingtons „C Jam Blues“ - allerdings in B - und „My Little Suede Shoes“ von Charlie Parker, wie auch „Mo’ Better Blues“ aus dem gleichnamigen Musical), dirigierte sie Einsätze und richtete Mikrofone auf die jeweiligen Solist:innen des Moments aus. Es trauten sich alle aus der alterstechnisch ausgesprochen heterogenen Gruppe „von acht aufwärts“ in diese Rolle und stießen beim Publikum auf regen Zuspruch. Gerade die kleinsten Teilnehmer schienen sich dabei noch weniger von der allgemeinen Nervosität anstecken zu lassen als die größeren Teilnehmer:innen.
 
Lana meets Jazz
Lana meets Jazz: Die Nachwuchstalente - alt und jung - bei ihrem Auftritt. Am Bild fehlen Klavier und Bass. | Foto: Andreas Marini
 
Um die geographischen Hintergründe des Main-Acts offen zu legen, nahm sich Ideator und E-Organist des Projekts Michael Lösch einen Moment Zeit, reichte sie doch von Taranto im Süden bis in den Allgäu. Gemeinsame Sprache? Ein globetrottender Gegenwartsjazz der das Beste aus vielen Erdteilen mitbringt und keine Scheu davor hat eingängige Kollektivmelodien mit schräg experimentellen Tönen abzuwechseln. Diesmal mit dabei waren: Matthias Schriefl (trumpet), Paolo Trettel (trumpet), Klaus Dickbauer (alto sax, clarinet), Achille Succi (alto sax, bass clarinet), Christian Maurer (i. V. Florian Bramböck am tenor sax), Helga Plankensteiner (baritone sax), Federico Pierantoni (trombone), Peter Cazzanelli (bass trombone), Michael Lösch (organ, composition), Glauco Benedetti (tuba) und Paolo Mappa (drums). Hier seien nur die Hauptinstrumente im Kürzel angeführt, sonst würde der Artikel sich in die Länge ziehen. Nachdem Kulturassessor Helmut Taber bereits die musikalische Vielfalt der Marktgemeinde („von sakraler Musik, Blasmusik bis hin zum Jazz“) gelobt und den Beitrag von „Lana meets Jazz“ zu dieser gewürdigt hatte, begann die Band mit Blasmusik im weitesten Sinne.
Der erste Song vermittelte, getragen durch gemeinsam wie in einem Atemzug sprechende Bläser, tatsächlich das Gefühl, dass man sich vom Alpenraum auf den Weg machte. Mix und Technik waren dabei stets ausgewogen, lediglich Michael Löschs Tasteninstrument fand sich meistens ganz unten in der Abmischung, was angesichts der hohen Zahl an Musiker:innen (Plankensteiner sorgte dafür, dass sie in der männlich besetzten Band nicht vergessen werden würde) ein guter Schnitt ist.
Auch, da man immer wieder zu großen Crescendi aufstieg, welche Löschs Instrument nur andeutungsweise, in gehaltenen Tönen hörbar werden ließ. Mit großem Nachdruck arbeitete man sich im Schweiße des eigenen Angesichts durch verschiedene Nationen. Besonders Glauco Benedetti bewies mit seiner Tuba, die in Abwesenheit eines Kontrabasses auch eine Fundament-Funktion ausübte, nicht nur künstlerisches Geschick (beim Solo gab es zeitweise an Kehlkopfgesang erinnernde Laute aus dem Instrument!) sondern auch athletische Lungenkapazitäten.
 
Lana meets Jazz
Lana meets Jazz: Die Bigband nahm ihr Publikum mit musikalischen Mitteln in den Schwitzkasten. | Foto: Andreas Marini
 
Im Spiel der Formation auch zu spüren war, wie sich der Vorbereitungsstress von Lösch und Plankensteiner scheinbar in kreativen Nachdruck umwandeln ließ. Die Anleihen aus aller Welt wurden effizient, aber auch einfach gehalten: Es reichte der Klang einer Klarinette für die Beschwörung einer Arabesque oder ein Wechsel beim Schlagwerk für den Sprung über den Atlantik nach Brasilien oder Kuba. Das Konzert überraschte immer wieder auch durch den großen Einfallsreichtum der Musiker, etwa als Matthias Schriefl sein Solo auf Piccolotrompete und Trompete gleichzeitig spielte. Er bekam den Mund einfach nicht voll.
Trotz großer Hitze und verbrauchter Luft war das Publikumsecho immer wieder groß und gerade gegen Ende noch einmal größer, so dass eine Zugabe eingefordert und gewährt wurde. Ein Wunder, dass an Drums und Schlagwerk, sowie an der Klarinette noch genügend Energie für zwei letzte solistische Aufbäumer vorhanden war. Das „Sweet Alps Orchestra“ schenkte sich nichts und dem Publikum damit einen ausgesprochen schönen Abend.