Handstreich der Rechtsparteien
Der erste, der sich öffentlich vom offiziellen Kurs seiner Partei distanzierte, war der stellvertretende Lega-Chef Giancarlo Giorgetti: "Voterò convintamente No al referendum." Als nächster meldete sich der Präsident der Lombardei zu Wort: "Quello di Giancarlo è un ragionamento logico. Non si può dare un semplice taglio al parlamento senza altre riforme", so Attilio Fontana. Der Lega-Senator Gian Marco Centinao signalisierte ebenfalls Zustimmung. Parteichef Matteo Salvini fühlte sich umgehend bemüssigt, ein Machtwort zu sprechen und untersagte strikt weitere öffentliche Stellungnahmen: "La posizione ufficiale del partito resta il sì. Ulteriori prese di posizione a favore del No vanno evitate."
Doch das Erdbeben in der Lega ist schwer aufzuhalten. Gut möglich, dass Salvini die Wende insgeheim begrüsst. Doch die Schizophrenie, gegen ein Referendum zu stimmen, das man eigenhändig mit doppeltem Votum in Kammer und Senat beantragt hatte, ist der Partei wohl kaum förderlich. Auch die mit Salvini verbündete, ultrarechte Giorgia Meloni propagiert plötzlich ungeniert ein Ausstiegsszenario, das verlockender kaum sein könnte: "Se vince il No cade il governo."
Ihre Widersprüche sind makroskopisch: "Sono per il sì. Abbiamo sostenuto la legge e penso che il 99 per cento degli italiani sia favorevole al taglio. Ma c'è un importante aspetto politico: la probabile caduta del governo." Die von Salvini auferlegte Schweigepflicht haben mittlerweile weitere Lega-Parlamentarier wie Claudio Borghi gebrochen Sie alle wollen das Nein zur Reduzierung des Parlaments in ein Nein zur Regierung Conte umfunktionieren – unabhängig davon, dass sie das Referendum selbst gefordert hatten – als sie noch Verbündete der Fünf-Sterne-Bewegung waren, die heute in der gegnerischen Koalition sitzt. Denn mit einem Nein könnten sie jene treffen, die mittlerweile ihre Gegner sind – die Fünf-Sterne-Bewegung und den mit ihnen regierenden Partito Democratico.
Ein groteskes Spiel, das einmal mehr die Schizophrenie der italienischen Politik beleuchtet.
Bei Neuwahlen hat das Rechtsbündnis eindeutig die Nase vorn. Bei dem in wenigen Tagen fälligen Urnengang in sechs Regionen riskiert Contes Regierungskoalition ein Debakel – vor allem wegen der trotzigen Weigerung des M5S, ein Wahlbündnis mit dem Partito Democratico einzugehen.